Podiumsdiskussion Was kann man von der Homöopathie lernen

Werner Ludwig

Bei einer Podiumsdiskussion aus der Reihe „Mittendrin“ kommen sich Verfechter und Kritiker der Homöopathie teilweise recht nahe.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Lebhafte Diskussion: Gesundheitsexperte Florian Wahl (SPD), Moderatorin Regine Warth, Jürgen de Laporte (Arzt und Homöopath) und RBK-Geschäftsführer Mark Dominik Alscher (von links) Foto: Lichtgut/Leif Piechowski/Leif Piechowski

Beruht die Wirkung der Homöopathie allein auf dem Placebo-Effekt? Für den Esslinger Hausarzt Jürgen De Laporte lautet die Antwort eindeutig Nein. Neuere Studien zeigten Wirkungen der hochverdünnten Präparate, die klar über die Wirkung von Scheinmedikamenten hinausgingen und zudem reproduzierbar seien. „Doch das ist bei vielen noch nicht angekommen“, sagte der Mediziner am Montagabend bei einer Podiumsdiskussion der Reihe „Mittendrin“ der Stuttgarter Zeitung und der Stuttgarter Nachrichten in der Architektenkammer Baden-Württemberg. De Laporte steht dem Bezirk Nordwürttemberg des Hausärzteverbands Baden-Württemberg vor und setzt in seiner eigenen Praxis sowohl auf klassische Schulmedizin als auch auf homöopathische Behandlungsmethoden.

Nach der Werbung weiter lesen

Schwieriger Nachweis der Wirksamkeit

Weniger eindeutig fällt die Antwort von Mark Dominik Alscher aus, dem Medizinischen Geschäftsführer der Kliniken des Robert-Bosch-Krankenhauses in Stuttgart. Wenn man die vorhandenen Studien nach harten naturwissenschaftlichen Maßstäben durchgehe, sei es schwierig, eine klare Evidenz für die Wirksamkeit von Homöopathika zu finden. Es gebe aber auch Beobachtungen, „die mich nachdenklich stimmen“.

Im Übrigen habe auch die Schulmedizin viele Bereiche, in denen man wenig über die Wirksamkeit von Therapien wisse. „Gerade mal für zehn Prozent von dem, was wir tun, gibt es eine richtig gute Evidenzlage“, sagt der Klinikchef. Im RBK werden komplementärmedizinische Methoden wie Akupunktur oder Pflanzenpräparate eingesetzt, aber keine homöopathischen Mittel. Das könne sich ändern, wenn es eine solide wissenschaftliche Evidenz für die Homöopathie gebe.

Diese vermisst auch Florian Wahl, SPD-Landespolitiker und Vorsitzender des Ausschusses für Soziales, Gesundheit und Integration im Landtag von Baden-Württemberg. Wenn man sich die großen Metastudien ansehe, gebe es keine wissenschaftlich belastbaren Belege für die Wirksamkeit insbesondere hochpotenzierter Präparate, in denen rein rechnerisch kaum noch ein Wirkstoffmolekül vorhanden ist. „Wenn der Nachweis einfacher wäre, hätte sich das doch schon längst überall durchgesetzt.“

Skepsis bei der Landesärztekammer

Auch die Mitglieder der Landesärztekammer seien mehrheitlich nicht von der Wirkung der Homöopathie überzeugt und hätten die Methode daher zu Recht aus ihrer Weiterbildungsordnung gestrichen. Wahl ist zudem der Ansicht, dass die Homöopathie nicht in den Leistungskatalog der gesetzlichen Kassen gehört. Die Kosten seien im Vergleich zu den Gesamtausgaben zwar sehr gering, aber die Kassen müssten eben strenge wissenschaftliche Maßstäbe anlegen. „Sonst müssten sie am Ende auch noch für Pilgerfahrten nach Lourdes zahlen“ – auch wenn es vielen kranken Menschen danach vielleicht besser gehe.

De Laporte verweist dagegen auf positive Erfahrungen, die er und viele Fachkollegen mit homöopathischen Behandlungen erzielt hätten. Dass solche Therapien für die Ärzte lukrativ seien, weist er von sich. Dafür sei der Zeitaufwand viel zu hoch – allein die Erstanamnese dauere bis zu 90 Minuten, die nicht angemessen vergütet würden, aber wichtig für den Erfolg der Behandlung seien.

Diese Art von „sprechender Medizin“ erfahre in unserem Gesundheitswesen zu wenig Wertschätzung, meinen auch die anderen Diskussionsteilnehmer. Hier könne die Schulmedizin durchaus etwas von der Homöopathie lernen.