Qualzucht bei Hunden Der Dackel soll ein Dackel bleiben

Sandra Markert

Qualzucht ist in Deutschland seit einem Vierteljahrhundert verboten. Doch die Behörden haben Probleme, Verstöße auch zu verfolgen. Das soll sich ändern. Doch ausgerechnet der Verband für das Deutsche Hundewesen macht gegen Teile des geplanten Gesetzes mobil.

 
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Der Dackel ist als Hunderasse sehr beliebt. Sein Körperbau kann dem Tier jedoch Schmerzen bereiten. Foto: IMAGO/Panthermedia/Panthermedia/leungchopan

Bei Dackeln ist es der sehr lange Rücken, bei Möpsen die extreme Stupsnase und bei Chihuahuas die Miniaturstatur: Viele Hunderassen sind wegen ihrer besonderen äußeren Merkmalen bei Hundefreunden beliebt. Doch die Tiere leiden häufig unter dem angezüchteten Aussehen. Beim Mops beispielsweise kann es aufgrund der Umformung des Hundeschädels zu schwerer Atemnot kommen.

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Eine solche so genannte Qualzucht ist in der Bundesrepublik Deutschland durch das Tierschutzgesetz im so genannten Qualzuchtparagrafen eigentlich seit 26 Jahren verboten. Demnach dürfen bei der Tierzucht keine Merkmale gefördert werden, die Schmerzen, Leiden, Schäden oder Verhaltensstörungen bei den Tieren hervorrufen.

Zusätzlich gibt es einen Katalog, der einige konkrete Merkmale der Qualzucht auflistet sowie Rassen von Haus- und Heimtieren, bei denen diese häufig auftreten. Diese Formulierungen sind aber so schwammig, dass die Behörden Schwierigkeiten haben, die Qualzuchten rechtlich zu verfolgen.

„Es muss bislang individuell in einzelnen Gerichtsurteilen abgewogen werden, was als Qualzucht gilt. Verbote gelten dann nur für einen einzelnen Züchter, halten andere jedoch nicht von der Zucht ab“, sagt Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutzbund. Deshalb hat der Bundeslandwirtschaftsminister Cem Ödzemir (Grüne) vor einiger Zeit angekündigt, den Qualzuchtparagrafen verschärfen zu wollen. Im Gespräch ist, das Tierschutzgesetz durch eine Rechtsverordnung zu erweitern, in welcher ausführlich dargelegt wird, welche Merkmale und daraus resultierenden Symptome als Qualzucht gelten – etwa Atemnot, Lahmheit, Haarlosigkeit. „Eine solche Verordnung würde kontrollierenden Veterinärbehörden Sicherheit beim Vollzug des Qualzuchtverbots geben“, sagt Tierschützerin Schmitz.

Skeletterkrankung bei Dackeln

Vom Grundsatz her unterstützen das auch die Hundezuchtvereine. „Es will schließlich keiner einen Hund, der nicht richtig laufen kann oder unter Atemnot leidet“, sagt Jan-Peter Bach, Tierarzt und Referent für Tierschutz und Tiergesundheit beim Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH). Dennoch macht der VDH, die Dachorganisation von 183 Hundezucht- und Hundesportvereinen in Deutschland, gegen einige der Formulierungen im geplanten Gesetz mobil.

Darin steht derzeit zum Beispiel, dass eine Anomalie des Skelettsystems ein Qualzuchtmerkmal ist. „Dackel haben zwar sicherlich einen nicht normalen Körperbau. Aber nicht jeder Dackel bekommt automatisch eine Skeletterkrankung“, sagt Bach. Das Landwirtschaftsministerium hat inzwischen klar gemacht, dass es nicht darum gehen soll, pauschal einzelne Rassen zu verbieten. Vielmehr soll die „nicht-abschließende Liste an Symptomen“ Behörden helfen festzustellen, ob ein Tier Qualzuchtmerkmale aufweist.

Warnung vor Hundekauf über Kleinanzeigenportale

„Letztlich ist der Rassestandard, also das Ideal, das ein Tier einer bestimmten Rasse erfüllen soll, aber menschengemacht“, sagt Schmitz. In Deutschland legt der Verband der Deutschen Hundezüchter die Rassestandards fest. „Wenn man Qualzucht wirklich verhindern und zukünftig gesunde Hunde züchten will, müsste man sich also von den Rasseidealen verabschieden und akzeptieren, dass sich einige Rassen in ihrem Erscheinungsbild ändern“, sagt Schmitz.

Beim Hundezüchterverband ist man der Meinung, dass die dem Verband angeschlossenen Züchter auch bislang keine Qualzuchtmerkmale fördern. „Vor der Zucht werden beispielsweise Belastungstests und Gesundheitsuntersuchungen bei den Eltern gemacht“, sagt Verbandssprecher Bach. Er sieht das größte Problem ganz woanders: „90 Prozent der Hunde in Deutschland kommen nicht aus einer kontrollierten Zucht.“ Darunter seien verstärkt Hunderassen wie zum Beispiel die Bulldogge, bei denen Qualzuchtmerkmale ein Thema seien. „Hier gehen wir davon aus, dass 98 Prozent der Tiere eben nicht aus einer kontrollierten Zucht stammen“, sagt Bach.

Auch der Deutsche Tierschutzbund warnt davor, Hunde über Kleinanzeigenportale im Internet zu kaufen. Das Risiko, so ein Tier aus dem illegalen Handel zu erwerben, sei enorm. „Es werden hohe Summen im vierstelligen Bereich für Trendrassen mit Qualzucht-Merkmalen gezahlt, bei denen sich die Tiere nach ein paar Tagen oder auch Stunden als extrem krank erweisen“, sagt Tierschützerin Schmitz. Damit ein schärferes Gesetz mehr bewirken kann als bislang, braucht es Verbandssprecher Bach zufolge vor allem eins: eine verpflichtende Kennzeichnung und Registrierung von Hunden in Deutschland, wie es sie in vielen anderen Ländern schon gebe.