Raunächte Glaube und Aberglaube zum Jahreswechsel

Um die Raunächte zwischen dem 25. Dezember und 6. Januar ranken sich Mythen und Volkssagen. Auch in der Region gaben Generationen über Generationen altes Wissen weiter. Von den Seelen Verstorbener, Dämonen in getrockneter Wäsche und der „Wilden Jagd“.

 
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Osseck brannte im frühen 19. Jahrhundert nieder. Hatte die Bäuerin es vorhergesehen? Foto: Frank Wunderatsch

Um die Raunächte (nach alter Rechtschreibung: Rauhnächte) ranken sich viele Geschichten und Mythen. Bekannt sind diese Nächte in vielen Regionen der Welt – auch wenn sie in der heutigen Zeit viel von ihrer traditionellen Bedeutung verloren haben , wie Stadt Rehau in einer Mitteilung schreibt. Die Raunächte beginnen am 25. Dezember und dauern bis zum 6. Januar. Diese zwölf Nächte haben im Volksmund unterschiedliche Namen: Sie werden auch Zwölf-, Los-, Unter-, Weihe- oder Zwischennächte genannt – nach einer Niederschrift des Schülers Erich Robisch in den Sagen und Geschichten von Ottmar Brey.

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Während der zwölf Raunächte war es besonders wichtig, alles in der Wohnung sowie den Körper sauber zu halten. Aber es durfte keine Wäsche gewaschen oder aufgehängt werden, denn in der besagten Zeit sollen die Seelen Verstorbener und Dämonen umherschwirren. In der im Wind wehenden Wäsche, so die Sage, verfangen sie sich und bringen mit den Laken Unheil ins Haus. Und man sollte nicht verreisen, nicht backen, nicht schwer arbeiten und keinesfalls fegen.

Die verlorenen Seelen

Essensreste sollte man ins Feuer geben, um es so den verlorenen Seelen zu überreichen. Man durfte nicht fluchen, schimpfen oder mit den Türen schlagen – stattdessen sollte man von Herzen geben, anderen Menschen gut zuhören, Ordnung halten und offene Rechnungen begleichen. Liebespaare sollten viel Zeit miteinander verbringen, da die Zeit der zauberhaften Raunächte menschliche Beziehungen stärker wachsen ließ.

Woher der Begriff „Raunächte“ kommt, lässt sich nicht eindeutig identifizieren. Möglich ist, dass es von „rau(h)“ kommt, was „wild“ bedeutet. Tatsächlich lassen sich auch Bezeichnungen finden, die die zwölf Nächte als „Wilde Jagd“ der verlorenen Seelen, Geister und sagenhaften Wesen beschreiben. Die „Wilde Jagd“ ist eine Volkssage, die in vielen Teilen Europas verbreitet ist. „Rauh“ könnte aber auch von „Rauch“ beziehungsweise „räuchern“ kommen. Das Räuchern war ein festes Ritual in der Zeit zwischen den Jahren. Dem Glauben nach konnte man Geister in Haus und Stall ausräuchern und sich so vor der Heimsuchung des Bösen schützen.

Die zwölf Raunächte sollen das gesamte kommende Jahr in sich bergen – jede Rau-nacht kann für einen Monat des neuen Jahres stehen. In alten Tagen wurden die Nächte zwischen den Jahren genutzt, um einen Blick in die Zukunft zu werfen und das Wetter zu beobachten. Ein altes Raunächte-Ritual ist auch das „Horchen“. So sollte man seinen Tieren im Stall eine Extraportion Futter geben – dann konnte man sie angeblich ab Mitternacht miteinander sprechen hören. An Kreuzwegen konnte man ebenfalls hören, was die Zukunft bringt.

Im „Heimatfreund“, der Beilage im Rehauer Tagblatt aus dem Dezember 1950, ist ein Artikel „Vom Horchengehen“ zu Weihnachten niedergeschrieben: „Meine Urgroßmutter, die frühere Bäuerin auf dem jetzigen Schleicher’schen Haus Nr. 43, ging immer an den Weihnachtsabenden um Mitternacht auf den Acker oberhalb des Jakob’schen Anwesens beim sogenannten Brendel ins Horchen. Das Schicksal des ganzen Jahres, Monat für Monat, Freud und Leid, ging an ihrem Auge vorüber. Beim ersten Horchengehen 1806 erzählte sie, daß über die Mühlbrücke im kommenden Jahr Soldaten marschieren. Tatsächlich kamen im Jahre 1806 die Franzosen. Im nächsten Jahre sah sie einen Leichenzug aus dem Schloßhof zu Nentschau fahren und in Posseck läuteten die Kirchenglocken. In diesem Jahr starb auch ein achtjähriger Knabe des Freiherrn von Feilitzsch. 1822 sagte sie, daß sie in der Richtung von Regnitzlosau einen großen Feuerschein gesehen hätte, der zwar auf eine gute Ernte hindeute, aber auch Feuer bedeute. Auch dieses Ereignis trat tatsächlich ein. Ganz Osseck brannte bis auf ein Haus nieder.“