Denn klar: Es geht in Ostdeutschland um Ostdeutschland. Es geht um Missverständnisse und Missmut, um die aufgewühlte Gemütslage, die Wut und den Verdruss vor den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im September.
Aber nicht nur. Diskutieren werden auch im Westen geborene Kulturleute, darunter Juli Zeh oder Michel Friedman, Pina Atalay oder Harald Martenstein. Ziel sei nicht Parteipolitik, sondern das "echte, auch harte Gespräch", sagt Pen-Berlin-Sprecherin Eva Menasse.
In Zeiten der Empörungsbereitschaft
Die Macher sorgen sich wegen Umfragewerten, wonach immer weniger Menschen den Eindruck haben, ihre Meinung in Deutschland frei äußern zu können. 1990 sagten dies nach Angaben von Pen Berlin noch 78 Prozent der Befragten, 16 Prozent hielten Vorsicht für geboten. 2023 gaben dann in einer Allensbach-Umfrage nur noch 40 Prozent an, Meinungsfreiheit sei gegeben, 44 Prozent fanden sie eingeschränkt. Wie kann das sein in einer Zeit, wo scheinbar jeder jederzeit alles sagen kann in sozialen Netzwerken?
Ist "Cancel Culture" - das Mundtotmachen abweichender Meinungen - Realität in Deutschland oder nur ein Kampfbegriff? "Ich glaube beides", antwortet Yücel. Oft werde Meinungsfreiheit mit "Widerspruchsfreiheit" verwechselt nach dem Motto: Kritik bedeutet canceln. "Zum anderen sitzt die Empörungsbereitschaft hoch, verbunden mit der Tendenz, die Grenzen dessen, was man als zulässige Meinungsäußerung erachtet, immer enger zu ziehen."
Yücel merkt auch an, er hätte sich gewünscht, dass bei der Gesprächsreihe noch mehr von den Schriftstellern und Journalisten mitmachen, die selbst eine Beschränkung der Meinungsfreiheit beklagen. "Aber mehr als einladen können wir nicht", sagt der Organisator. Nun wünscht er sich, dass diese Position vom Publikum besetzt wird, dort "wo die gefühlte Einschränkung der Meinungsfreiheit zu einer Abkehr von der Demokratie führt". Deshalb treffe man sich nicht in Berlin-Mitte, sondern in Sonneberg, Pirna oder Schwedt.