Regionalsport "Ich erwarte 110 Prozent Leidenschaft"

Der VER Selb zittert um die Playoffs, die Stimmung im Fanblock war schon mal besser, die Auswärtsfahrer werden weniger: Daniel Grönke vom Fanclub Fanatics spricht über die verzwickte Situation.

 
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Was ist los mit dem VER Selb? Daniel Grönke, der Vorsitzende des Fanclubs Fanatics, hätte nicht damit gerechnet, dass es für für Wölfe so eng werden könnte mit dem Kampf um einen Playoff-Platz. Der 33-Jährige fordert am Freitag im Derby gegen Weiden 110 Prozent Leidenschaft und Einsatz. Foto: Mario Wiedel

Herr Grönke, der VER Selb kämpft acht Spieltage vor Ende der Meisterrunde noch um einen Playoff-Platz. Hatten Sie vor der Saison damit gerechnet, dass es so eng werden könnte?

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Zur Person

Daniel Grönke wohnt in Rehau und arbeitet bei der BHS tabletop AG/Schönwald Porzellan. Der 33-Jährige ist verheiratet, hat zwei Kinder (die Tochter ist neun Jahre, der Sohn vier Monate). Er ist beim Fanclub Fanatics 2003 Selb seit einigen Jahren Vorsitzender "wider Willen" sowie beim Fanprojekt Selb zweiter Kassier ("Was kein sehr anspruchsvoller Job ist"). Grönke ist auch Mitglied beim Fanclub Sektion Edelherb ("Und das als bekennender Astra-Trinker").

Ehrlich gesagt nicht. Auch wenn nur die Playoffs als Ziel ausgegeben waren - wir liegen also voll im Plan -, hatte ich uns schon Chancen hinter den Topteams Rosenheim und Deggendorf ausgerechnet. Dass wir so extrem weit weg sind von den ersten vier, und sogar Platz fünf bis sieben nicht mehr in direkter Reichweite ist, hätte ich nie erwartet.

Wie sehr geht Ihnen so eine Saison an die Nieren?

Es gibt im Fanleben ja häufiger mal schlechte Phasen, in denen man sich aufregt, schimpft, als Fanclub offene Briefe schreibt oder was auch immer. Aber in dieser Saison hatte ich das erste Mal das Gefühl, dass es mir zwischenzeitlich fast egal war - das fand ich besonders schlimm. Mittlerweile habe ich mich mit einem frühen Saisonende abgefunden.

Was hätte der Verein im Sommer oder während der Saison aus Ihrer Sicht anders machen können oder müssen?

Wir haben vor der Saison vor allem auf Neuzugänge gesetzt, die in der DEL 2 keine extrem große Rolle hatten und in der Oberliga mehr Verantwortung liefern sollten. Ehrlich gesagt, sehe ich die Neuzugänge auch nicht als das große Problem. Richard Gelke und Christoph Kabitzky sind die großen Hoffnungsschimmer, Steven Bär spielt solide und Marvin Schmidt hat seine Rolle auch gefunden. Leider ist bei einigen Leistungsträgern der vergangenen Jahre die Leistungskurve auf dem Weg in die falsche Richtung, was uns extrem zu schaffen macht. Ob der Verein oder der Trainer das hätten ahnen müssen, will ich nicht beurteilen.

Welchen Vorwurf machen Sie der Mannschaft?

Vorwürfe machen ist mir zu einfach, da bin ich selbst zu wenig Sportler und zu weit weg. Ich würde mir einfach wünschen, dass jeder Spieler in jeder Sekunde jedes Spiels zumindest bereit ist, alles für den Verein zu geben. Und sollte man als Spieler mit dem Gedanken spielen, die Karriere zu beenden, sollte man dies vielleicht auch konsequent tun und sich nicht überreden lassen.

Auch in der Fankurve klappt es nicht optimal. Viele kochen ihr eigenes Süppchen, die Stimmung hat sich in den vergangenen ein, zwei Jahren doch arg verschlechtert. Wie sehen Sie das als Sprachrohr in den sozialen Medien und Vorsitzender der Fanatics?

Ich finde das Miteinander im Fanblock in diesem Jahr nicht so schlecht, da gab es schon schwierigere Phasen. Die Stimmung leidet einfach auch unter der Leistung am Eis und Situationen, die im Drumherum passieren. Grundsätzlich würde ich mir aber natürlich wünschen, dass die wirklich supportwilligen Fans im Fanblock näher zusammenrücken, damit - wie beim ersten Spiel des 1b-Teams gegen Bayreuth - noch mehr Emotion aus diesem Zentrum ins ganze Stadion überschwappen kann.

Am Freitag geht es gegen Weiden. Selten war ein Derby wichtiger, was die Platzierung anbelangt. Was erwarten Sie vom Team, und was von den Selber Fans?

Ich erwarte vom Team einfach 110 Prozent Leidenschaft und Einsatz und natürlich einen Sieg. Der Fanblock wird hoffentlich wieder gut mitziehen, sodass wir zusammen mit der Sektion Edelherb und den neuen Supporters Selb dem Spiel einen würdigen Rahmen geben können. Wir müssen in der jetzigen Phase lernen, uns nicht nur auf die Jungs der Grenzbande zu verlassen, sondern müssen selbst anpacken und für Stimmung sorgen.

Hätten Sie auch einen Tipp für das Derby?

Mein Tipp ist ein optimistisches 6:3 für die Wölfe.

Wie ist eigentlich der Draht eures Fanclubs zu Spielern, Trainern und VER-Verantwortlichen?

Wir als Fanatics kennen unsere Rolle auf den Rängen und wissen gut einzuschätzen, wie unser Einfluss ist. Wenn jemand vom Team oder Vorstand den Kontakt zu uns sucht, sind sicher überall irgendwelche Nummern bekannt. Wir selbst werden dies aber nicht zu sehr forcieren, da zu viel Nähe vielleicht auch nicht immer gewollt ist von den Jungs auf dem Eis.

Die Fanatics sind - wie andere Fanclubs auch - viel unterwegs, besuchen jedes Heimspiel und viele Auswärtsspiele. Was treibt euch eigentlich an, weder Zeit noch Kosten zu scheuen?

Naja, in den vergangenen Jahren ging die Reisefreudigkeit leider zum Teil schon etwas zurück. Die Fanatics werden älter, vermehren sich wie die Karnickel (lacht) und sind dadurch zum Teil auch weniger flexibel. Überhaupt ist die Reisefreudigkeit unter den Fans - auch durch die Liveübertragungen in vielen Stadien durch SpradeTV - merklich zurückgegangen. Fanbusse sind dadurch schwieriger zu realisieren. Trotzdem macht jede Auswärtsfahrt Spaß.

Was waren Ihre schönsten Erlebnisse bei Auswärtsfahrten?

Da möchte ich gar nicht eine Sache speziell rauspicken. Jede Auswärtsfahrt hat ihre absoluten Highlights und auch ihre kleineren Mängel. Egal ob man da in Grafing die Meisterschaft feiert oder in Frankfurt eine Klatsche bekommt. Da geht es oft auch weniger um das Ergebnis als vielmehr um das Erlebnis an sich.

Gab es denn ein schlimmstes Erlebnis?

Ähnlich wie bei den schönsten, gibt es auch immer wieder negative Erlebnisse. Sei es mit eigenen Fans, Heimfans, wenig deeskalierendem Ordnungspersonal oder auch der Polizei - wie zuletzt in Bayreuth. Aber es überwiegt meist das Positive.

Die Fanatics haben im Stadion auch schon einige Spendenaktionen für soziale Zwecke gestartet.

Da will ich nun wirklich nicht großartig über unseren Fanclub alleine reden. Nahezu alle Spendenaktionen, bei denen wir aktiv waren, wurden durch die ganze Selber Eishockeygemeinde zu solch tollen Aktionen.

Können Sie uns das ein oder andere Beispiel nennen?

Wir haben zum Beispiel 2000 Euro für die Delfintherapie der kleinen Marina aus Landshut gesammelt, 200 Euro für die Angehörigen des verstorbenen Spielers der Kickers Selb, oder auch 444 Euro für den verunglückten Spieler aus Hamburg. Alle Spenden wurden - wie erwähnt - durch Sammelaktionen im Stadion und drumherum verwirklicht und sind von uns jeweils nur aufgestockt worden.

Kommt da auch mal ein Dank an euch zurück?

Ja, ein Danke bekommt man da schon zurück, wobei dies nichts wäre, auf das wir bestehen. Übrigens sammeln wir ja auch ganz eigensinnig bei jedem Heimspiel Becher zur Finanzierung von Choreografien, wofür wir hier mal allen Fans danken möchten.

Bleibt Ihnen neben dem Eishockey auch noch Zeit für irgendwelche anderen Hobbys?

Mein größtes Hobby ist neben dem Eishockey meine Familie. Meine große Tochter spielt Handball, geht Klettern und hat viele Interessen, bei denen ich sie gerne unterstütze. Dazu ist im Oktober noch unser Sohn zur Welt gekommen, der nach der Arbeit auch immer viel Aufmerksamkeit einfordert. Da bleibt dann wenig Zeit für großartige Hobbys, auch wenn ich schon sehr mit dem Fußball-Zweitligisten FC St. Pauli mitfiebere und allgemein - leider nur als Zuschauer - sehr sportbegeistert bin.

Haben Sie eigentlich selbst mal Eishockey gespielt?

Ja, vor allem in der Jugend ziemlich erfolgreich. Mit der Familiengründung blieb dann leider immer weniger Zeit für Eishockey. Deshalb habe ich meine PlayStation verkauft.

Wie lange sind Sie schon Fan des VER Selb. Und wie sind Sie - abgesehen von der PlayStation - zum Eishockey gekommen?

Fan wurde ich damals durch Freikarten für Schüler. Regelmäßig gehe ich wohl seit meinem 13. Lebensjahr, also seit 20 Jahren.

Nochmals zurück zum VER und den Playoffs. Freuen Sie sich schon wieder auf Tilburg?

Ich werde aus beruflichen Gründen die erste Auswärtsfahrt verpassen, sollte es zu dieser Begegnung kommen. Aber da wir bis dahin voll angekommen sind mit dem neuen Trainer Herbert Hohenberger, erleben wir ja bestimmt zwei Heim- und drei Auswärtsspiele gegen Tilburg. Natürlich mit dem besseren Ende für uns.