Samaria-Schlucht: Lebensgefahr auf Kreta - Student tot
Tod auf KretaWarum die Samaria-Schlucht so gefährlich ist
Markus Brauer/dpa05.03.2025 - 14:49 Uhr , aktualisiert am 14.03.2025 - 12:19 Uhr
Die Samaria-Schlucht ist im Sommer ein Höhepunkt für Kreta-Reisende. Mit rund 17 Kilometern ist sie eine der längsten Schluchten Europas - doch im Winter ist der Zutritt verboten. Ein Student aus Baden-Württemberg wurde dort vermisst und ist im März 2025 tot aufgefunden worden.
Der Weg führt von der Omals-Hochebene über 1200 Höhenmeter durch die 12,8 Kilometer lange Samaria-Schlucht bis zu dem kleinen Fischerdorf Agia Roumeli. Foto: Imago/NurPhoto
Was der Grand Canyon für Amerika ist, ist die Samaria-Schlucht unterhalb des zerklüfteten Mount Gigilos für Europa. Das extreme Gelände auf Kreta wurde im Februar 2025 dem jungen Studenten Johann W. aus Heidelberg zum Verhängnis. Diese Schlucht wollen dennoch viele entdecken, auch wenn das durch Gelände und Klimabedingungen zwischen Meer und Bergen wahrlich kein Spaziergang ist. Gerade im Winterhalbjahr lauert dort Lebensgefahr.
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Die Samaria-Schlucht ist einer der touristischen Höhepunkte Kretas; bis zu 4000 Menschen durchwandern sie während der sommerlichen Hochsaison täglich. Foto: Imago/NurPhoto
Lefka Ori, Samaria-Schlucht und Agia Roumeli
Mit dieser Warnung im Kopf sollte man als Wandere mit dem Bus oder dem Auto durch die Landschaft der Lefka Ori, der Weißen Berge, zum Eingang der Schlucht fahren. Die Straße schlängelt sich bis zur Omalos-Hochebene und zum Informationscenter, das über die Artenvielfalt im Nationalpark Samaria Auskunft gibt.
Die Samaria-Schlucht im Südwesten der griechischen Insel Kreta ist mit 17 Kilometern Länge eine der längsten Schluchten Europas. Foto: Imago/NurPhoto
Der Weg führt von der Hochebene über 1200 Höhenmeter durch die 12,8 Kilometer lange Schlucht. Nach weiteren 3,2 Kilometern erreichen Wanderer das Fischerdorf Agia Roumeli, wo die Fähre zur Rückfahrt wartet.
Sie führt aus über 1200 m Höhe fast von der Mitte der Insel bis zum Libyschen Meer. Foto: Imago/Joko
Einstieg in die Samaria-Schlucht bei Xyloskalo
Das Abenteuer beginnt bei Xyloskalo, dem nördlichen Einstieg in die Schlucht. Die ersten 7 Kilometer der Tour bedeuten Abstieg. 900 Höhenmeter geht es über viele Stufen hinab ins Innere des Gebirges, das sich vor 13 Millionen Jahren erhob.
An Länge wird die Samaria-Schlucht durch die Verdon-Schlucht in Frankreich mit über 20 Kilometern Länge und die Tara-Schlucht in Montenegro mit 78 Kilometern übertroffen. Foto: Imago/Robert Harding
Der Wald mit seinen Pinien und uralten Zypressen, der erste Teil des Weges, bildet ein besonderes Ökosystem. Auch deshalb wurde das Gebiet 1962 zum Nationalpark erklärt. Inzwischen umfasst der Park eine Fläche von 4850 Hektar. Die Samaria-Schlucht ist sein lebendiges Herz.
Die Schlucht liegt an der Südküste Westkretas und zieht sich von der Omalos-Hochebene westlich der weißen Berge (Lefka Ori) bis hinunter zum Libyschen Meer. Foto: ImagoRobert Harding
Verlassenes Dorf Samaria
Kiefernduft liegt in der Luft, nur Vogelgezwitscher ist zu hören. Viele Zugvögel machen hier Station. Mit etwas Glück könne man Steinadler oder Bartgeier sehen. Bei Kilometer 7,5 ist das verlassene Dorf Samaria erreicht, das heute Station der Parkranger dient. Früher lebten in den Steinhäusern Familien. 1965 wurden sie umgesiedelt.
Am Ausgang der Schlucht liegt der kleine Hafenort Agia Roumeli. Foto: Imago/NurPhoto
Hinter Samaria beginnt der spektakulärste Teil der Wanderung, die enge und tiefe Schlucht. Bis zu 100 Meter hoch türmen sich die Felswände auf beiden Seiten des Weges. Sie leuchten orange in der Sonne. Manche sind gemustert wie Tiger, mit schwarzen Streifen im Gestein.
Der Weg, soweit überhaupt zu erkennen, führt nun durch das ausgetrocknete Flussbett. Es geht über riesige Steine, von Millionen von Litern Wasser glatt geschliffen, über Sand und Kiesel.
Die Samaria-Schlucht wurde 1962 per königlichem Dekret zum Nationalpark erklärt und ist seit 1965 unbewohnt. Foto: Imago/NurPhoto
Eiserne Pforte
Dann ist sie endlich erreicht, die Eiserne Pforte, der berühmteste Punkt der Schlucht. Schon auf alten Stichen wurde die mit drei Metern engste Stelle verewigt. Es scheint, als würden sich die Felswände in der Höhe berühren.
Auf dem letzten Teil der Wanderung führt das Flussbett stellenweise Wasser. Über einfache Holzleitern kreuzen die Wanderer den Fluss Tarraios mehrere Male.
Die wenigen Bewohner des namensgebenden Dorfes Samariá, einer kleinen Holzfällersiedlung in der Mitte der Schlucht, wurden enteignet und umgesiedelt. Foto: Imago/NurPhoto Der Name des Dorfes ist abgeleitet vom griechischen Wort Samári („Sattel(gestell) für Tragtiere“), was darauf hindeutet, dass früher im Dorf die Tiere üblicherweise umgesattelt, also ausgetauscht wurden. Foto: Imago/NurPhoto Den Traditionen der griechisch-orthodoxen Kirche entsprechend existieren entlang der Samaria-Schlucht circa zehn Kapellen in verschiedenem Erhaltungszustand. Foto: Imago/NurPhoto Die Samaria-Schlucht weist einen auffällig hohen Baumbestand auf, u. a. wachsen hier Kiefern, Platanen und Zypressen. An den Hängen der Schlucht finden sich Kretischer Ahorn und Kermeseichen. Foto: Imago/NurPhoto Die Schlucht wird gesäumt von bis zu 600 m hohen senkrechten Felswänden, die an der engsten Stelle der Schlucht, an der sogenannten „eisernen Pforte“, einen Durchlass von lediglich drei bis vier Metern gewähren. Foto: Imago/NurPhoto Die Samaria-Schlucht ist das letzte natürliche Rückzugsgebiet der Kretischen Wildziege (Kri-Kri). In der Nähe brüten Bartgeier; häufig sieht man Gänsegeier über der Schlucht kreisen. Foto: Imago/Panthermedia Brücke vor Agia Roumeli: Wegen ihrer Naturschönheiten ist die Samaria-Schlucht ein besonderer Anziehungspunkt für Bergwanderer aus aller Welt. Für den Abstieg von der Omalos-Hochebene bis zum Libyschen Meer sind je nach Kondition 5 bis 7 Stunden einzuplanen. Foto: Imago/NurPhoto
Agia Roumeli
Wie gefährlich ist Samaria-Schlucht?
Dann tut sich am Ende der Schlucht der überraschende Blick aufs Libysche Meer auf. Erschöpft und zufrieden schaut man in einer der Tavernen im Dorf Agia Roumeli hinaus aufs tief blaue Mittelmeer. Es hat sich gelohnt. Mehr als das.
Sicherheit ist beim Wandern in der Samaria-Schlucht wichtigstes Gebot. Der Weg ist gut gepflegt, aber das Gelände kann an manchen Stellen anspruchsvoll sein. Entlang der Route gibt es mehrere Rastplätze, darunter eine Krankenstation für Notfälle. Wanderer sollten sich jedoch bewusst sein, dass der Handyempfang in der Schlucht begrenzt ist.
Bei gefährlichen Verhältnissen wie Schneefall, Steinschlaggefahr wegen Regen oder zu viel Wasser im Fluss bleibt die Schlucht geschlossen, damit sich keine Wanderer in Gefahr begeben. Gute körperliche Verfassung, ausreichend Verpflegung und Trinken sowie stabile und griffige Schuhe sind unabdingbare Voraussetzungen für eine Wandertour. Und natürlich sollte man nie allein, sondern immer in Begleitung von einer weiteren Person gehen.
Der Aufstieg zum 2080 Meter hohen Gigilos ist im Winter vor allem bei Schneefall nicht ratsam. Foto: Prrivat/Spendenaufruf „gofundme“ Der Zugang zur Schlucht ist außerdem zu dieser Jahreszeit verboten. Foto: Privat/Spendenaufruf „gofundme“
Wie anstrengend ist die Samaria-Schlucht?
Die Wanderung ist mit 17 Kilometern relativ lang. Es geht zwar viel bergab, aber auch das erfordert beim Gehen Aufmerksamkeit. Wer so gar keine Kondition hat, sollte sich daher gut überlegen, ob er sich die Wanderung zumuten kann.
Wie lange wandert man durch die Samaria-Schlucht?
Die Wanderzeit wird mit 4 bis 7 Stunden angegeben. Sie hängt stark davon ab, wie geübt man als Wanderer ist und wie viele Pausen man unterwegs einlegt.
Info: Verschollen in der Samaria-Schlucht
Mannheimer Student Johann W. Mehr als zwei Wochen hat die Familie von Johann W. alles Erdenkliche unternommen, um den 20-jährigen Vermissten auf der griechischen Ferieninsel Kreta zu finden. Doch trotz der aufwendigen Maßnahmen fehlt von dem Mannheimer Studenten, der im Bereich der Samaria-Schlucht vermutet wird, weiter jede Spur.
Vermisst Johann W. wird seit Mitte Februar vermisst. Der Informatikstudent war alleine in den Urlaub auf der griechischen Insel aufgebrochen. Am 13. Februar soll er sich noch im Bereich der Samaria-Schlucht aufgehalten haben. Doch seitdem gibt es vom gebürtigen Heidelberger kein Lebenszeichen mehr. Bis zu jenem Tag hielt der 20-Jährige seine Familie in Deutschland über seine Reise auf dem Laufenden, gegen Abend folgten keine weiteren Nachrichten mehr.
Gefährliches „Trailrunning“ Der 20-Jährige wollte auf Kreta seinem Hobby, dem „Trailrunning“, nachgehen – auch an jenem Tag in der bei Touristen beliebten Samaria-Schlucht. Im Winter ist die Gegend gefährlich, der Zugang zur Schlucht eigentlich verboten. Bei den niedrigen Temperaturen sind die Chancen gering, Johann W. noch lebend zu finden (Florian Dürr).