Saxofon und viel mehr Hofer Symphoniker holen sich Jubel ab

Da haben zwei Spaß: Jess Gillam und Dirigent Martijn Dendievel. Foto: H. Dietz Fotografie

Ein Abend, der leider vorbei ist: Saxofonistin Jess Gillam rockt vielleicht nicht die Hofer Symphoniker, aber sie ist nah dran.

 
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Ihr Saxofonspiel verändert die Luft im Raum. Die britische Musikerin Jess Gillam hat auf einem Quadratmeter so viel Präsenz, dass im gut gefüllten Festsaal der Freiheitshalle mancher mit dem Kopf wippt. Ein seltener Move hier. In Glitzerstiefeln steht sie da, gekleidet in Wow!-Blau, ihr Saxofon schimmert rötlich matt. Und wenn sie spielt, ist das warm bis rotzig. Sie ist eine Plaudertasche am Instrument, die Grenzen auslotet. Und den Jubel gerne mitnimmt.

Die Freude an John Adams’ Saxofonkonzert teilen mit ihr die extrem geforderten Hofer Symphoniker und Dirigent Martijn Dendievel. Adams kommt ursprünglich aus der Minimal Music, lässt es aber später komplexer werden. Gillam und das Orchester haben das scheinbar mühelos im Griff. Gillam unterhält sich musikalisch mit den anderen auf umarmende Weise und lässt Töne bis zur Perfektion ausgleiten, wobei man als Zuhörer die Luft anhält. Wenn jemand den Beleg sucht, dass dieses jazzlastige Instrument mit Orchester kann – bitteschön.

Neuer Sound tut manchmal gut, die Symphoniker überdrehen aber nicht. Wobei Jacques Iberts „Bostoniana“ auf Adams gut vorbereitet. Die versöhnliche Welt trifft dort auf die wilde. Das Stück spricht in Noten und demonstriert die Macht eines Orchesters. Dendievel hat offenbar Spaß an der Sache, er weiß, was er will, und die Symphoniker liefern Spiellust. Wenngleich der Belgier dem närrischen 11.11. nach dem Finale Trauer entgegensetzt und als Zugabe musikalisch an den Feiertag in seinem Land erinnert, der an das Ende des jahrelangen Mordens im Ersten Weltkrieg erinnert.

Die zweite Hälfte ist die ruhigere, das Programm ist ausgewogen und dimmt das Aufgewühltsein mit der Symphonie in d-Moll von César Franck. Die verlangt von den Musikern keine Stunts, hat aber Kraft. Gütige Wärme, Melancholie und auch ordentlich Schalldruck sind zu hören. Francks unverkennbare Romantik ist nicht überstrukturiert. Eingängig ist das, aber nie simpel.

Nach dem letzten Takt endet ein Konzert, das große Lust macht und sich nicht in zu viel, aber angemessener Schönheit verliert. Jess Gillams Auftritt wird haften bleiben. Ein neuer Name auf der Liste der Solisten, die sich in Hof unbedingt wieder blicken lassen sollten.

Das nächste Konzert der Spielzeit der Hofer Symphoniker: am Freitag, 2. Dezember, um 19.30 Uhr im Festsaal der Hofer Freiheitshalle. Zu hören sind die siebte und achte Symphonie von Beethoven sowie dessen Klavierkonzert in G-Dur. Solistin ist die Pianistin Yumeka Nakagawa, es dirigiert Christian Zacharias.

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