Gute Nachrichten bei den Staatsfinanzen
Besser als bei der Konjunktur steht es um die Staatsfinanzen. Das deutsche Staatsdefizit ist leicht zurückgegangen. Nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes gab es im ersten Halbjahr 38,1 Milliarden mehr Ausgaben als Einnahmen. Die Ende 2023 ausgelaufenen Energiepreisbremsen dämpften den Anstieg der Staatsausgaben. Zugleich stiegen die Steuereinnahmen des Staates im ersten Halbjahr um 3,6 Prozent zum Vorjahreszeitraum.
Mit 24,6 Milliarden Euro hatte der Bund den größten Anteil am Staatsdefizit, indes sank die Finanzlücke dort kräftig um 17,9 Milliarden Euro. Dagegen stieg das Defizit von Ländern und Gemeinden stark.. Die Sozialversicherung verzeichnete einen Finanzierungsüberschuss von 0,2 Milliarden Euro, deutlich weniger als ein Jahr zuvor (9,6 Milliarden Euro).
Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) ergibt sich für das erste Halbjahr eine Defizitquote von 1,8 Prozent. Das ist viel weniger, als die Haushaltsregeln der EU nach dem Stabilitäts- und Wachstumspakt (Maastricht-Kriterien) erlauben. Demnach darf das öffentliche Defizit nicht mehr als drei Prozent des BIP betragen. Allerdings handelt es sich bei den aktuellen Zahlen lediglich um Halbjahreszahlen, die sich nicht auf das Jahr hochrechnen lassen. Dafür schwanken Einnahmen und Ausgaben im Jahresverlauf zu stark.
Debatte um Schuldenbremse
Die EU-Regeln für Haushaltsdefizite und Staatsschulden sollen für eine solide Haushaltsführung sorgen. Überwacht werden sie von der EU-Kommission, die Verfahren wegen übermäßiger Defizite unter anderem gegen Frankreich und Italien einleitete.
Deutschland steht im Vergleich zu diesen Ländern aktuell fast als Musterknabe da - was Finanzminister Lindner in den Verhandlungen zum Bundeshaushalt als Motivation zur Einhaltung der Schuldenbremse anführt. Seine Argumentation: Wenn nun auch Deutschland die europäischen Regeln brechen würde, wäre das eine Einladung an andere europäische Staaten, mehr Schulden zu machen, als tragfähig ist.
Spart Deutschland unnötig streng?
Anders als Lindner wollen die Koalitionspartner SPD und Grüne alle Möglichkeiten für neue Kredite im Etat für 2025 nutzen und zum Beispiel wegen des Ukraine-Kriegs eine Notlage erklären. SPD und Grüne setzen auf eine Reform der Schuldenbremse nach der nächsten Bundestagswahl.
Auch die "Wirtschaftsweisen" halten die deutsche Regelung für unnötig streng. Werde sie weiter eingehalten, sinke die deutsche Schuldenquote in den nächsten Jahrzehnten viel stärker als nötig - perspektivisch deutlich unter das Maastricht-Kriterium von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Deutschland hätte dann womöglich gespart, obwohl man das Geld gut hätte einsetzen können.