Schau im Fichtelgebirge Was seit 300 Jahren schmeckt

Die Ausstellung „Mahlzeit Fichtelgebirge“ spannt den Bogen vom Barock bis in die 1970er Jahre. Neben Rezepten zeigen Kochutensilien im Wunsiedler Fichtelgebirgsmuseum, wie sich die Essgewohnheiten verändern

 
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Aus Kochbüchern lässt sich viel mehr erfahren als die Zubereitung von Speisen – in den Rezepten spiegeln sich die Zeitgeschichte wie die Lebensumstände. Das dokumentieren in der aktuellen Ausstellung des Fichtelgebirgsmuseums Wunsiedel rund 100 Exponate. „Mahlzeit Fichtelgebirge!“ heißt die Schau, die am Donnerstagabend eröffnete und bis Ostern zu sehen ist.

Luxus und Notzeiten

Während Katharina Kirchner aus Wunsiedel in ihrem handgeschriebenen „KochBüchlein worinnen unterschiedliches von BackZeig darinnen steht“ schon 1743 mit mediterranem Obst und teuren Gewürzen schmackhafte Mahlzeiten zaubert, empfiehlt das „Kriegskochbuch von 1914/15“ neben Grünkernschnitten Milch-, Sauerampfer- und Mehlsuppe. Notzeiten verändern das Essverhalten, insbesondere an Fett und Fleischzutaten wird nun stark gespart. Die Gerichte werden einfacher, die Zutaten bescheidener. „Unsere Aufgabe ist es, die Nahrungsvorräte einzuteilen, sie sparsam zu verbrauchen und sie nach Möglichkeit auszunutzen“, ist im Kriegskochbuch zu lesen.

Skurrile Pastetenformen

Alle Rezepte und Rezeptbücher aus der Region, die sich in der riesigen Sammlung des Fichtelgebirgsmuseums befänden, verdeutlichten die vielen Veränderungen der vergangenen 300 Jahre, erklärte Sabine Zehentmeier-Lang bei der Vernissage. Die Museumsleiterin lud dazu ein, vom Barock mit der Vorliebe für kostbare Gewürze und exotische Früchte wie Zimt, Pfeffer, Zitronen und Orangen ins Biedermeier zu reisen und sich dort an skurrilen Pasteten- und Kuchenformen zu erfreuen, bevor es weiterging zu den Exponaten aus der Gründerzeit und den bürgerlichen Puppenküchen der Kaiserzeit.

Weck-Gläser seit 1893

Und dann? „Einkochen, Einlegen und Einwecken bestimmten die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts“, erklärte Zehentmeier-Lang. Besonders wichtig sei die Konservierung gewesen: Ab 1893 stellte Johann Weck dafür seine bekannten Gläser und Zubehör her,1908 folgten in Österreich und Böhmen die „Rex“-Einmachgläser.

Selbst Herde für Kinder elektrisch

Den größten Wandel der Esskultur brachte allerdings die Industrialisierung mit sich, zeigt die Ausstellung in Wunsiedel. Denn damit einher ging auch die Elektrifizierung der Küche samt der Anleitungen zum elektrischen Kochen. Selbst die Herde für Kinder wandelten sich von Esbit-beheizt zu elektrisch“, erklärte die Museumschefin.

Lebensmittel ließen sich nun kühlen, saisonale Nahrungsmittel blieben das ganze Jahr über verfügbar. Die Vorratshaltung wandelte sich um in die Lagerhaltung.

Als die Fleischtöpfe mexikanisch wurden

Internationales Flair bekamen die Gerichte in den 1960er Jahren, parallel zur Reiselust der Nachkriegszeit. „Die Fleischtöpfe wurden mexikanisch und der Toast spanisch – auch im Fichtelgebirge“, erklärte die Museumsleiterin. Die 1970er Jahre bescherten den Köchen dann den Römer- und den Rumtopf.

Die Kochschule für Kleine

Früh übt sich
Spiegeleier aus Gänseblümchen oder Spinat aus Gras: So hat Henriette Davidis „Blumenküche“ schon 1881 die Fantasie des Kochnachwuchs beflügelt. Aus Blumen, Blüten und Pflanzen lassen sich schließlich vielerlei Schaugerichte fabrizieren. Daran erinnert der Kinder-Schwerpunkt der neuen Ausstellung „Mahlzeit Fichtelgebirge“ in Wunsiedel. Wer über diese „Blumenküche“ hinaus ist, dem zeigt Henriette Davidis Kochbüchlein für die Puppenküche aber auch die einfache Zubereitung von Suppen, Salaten, Pasteten, Puddingen, Kuchen, Kompotts und Getränken.

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