Schau in Wunsiedel Klassische Motive mit Künstlicher Intelligenz

Wilhelmine Glaßer

„Konzepte des Weiblichen“ zeigt eine Schau von Rainer Warzecha in der Galerie 57 in Wunsiedel. Weiblichkeit ist kein neues Gebiet in der Kunst – wie er seine Bilder gestaltet, hingegen schon.

 
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Rainer Warzecha mit dem Team der Galerie 57 Heinz Späthling und Jürgen Hübner (von links). Foto: Wilhelmine Glaßer

Hochhäuser brennen ab, Wellen schlagen vor Klippen aneinander. Der Hintergrund ändert sich, doch das tragende Element in Rainer Warzechas Werken ist immer gleich: eine Frau. Meist im Porträt, mit irren Strähnen, rotem Kleid oder Blumen in den Haaren. „They are all mine“ – diesen Untertitel wählte Warzecha – nicht ganz ohne Augenzwinkern.

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„Das sind meine Fantasien von Frauen“, sagt Warzecha mit Blick auf seine Werke. Die sind in den Jahren 2023/24 in Berlin entstanden und jetzt in der Galerie 57 zu sehen. Im Fokus liegt die „Hinwendung zur Natur, zur Weiblichkeit und Natürlichkeit“. „Starke Frauen“ in klassischer Schönheit zeichnet der Wunsiedler Künstler. „In jedem Bild habe ich eine konkrete Person erfunden“, erklärt er. Unterschiedliche Frauen tauchen auf seiner Leinwand auf: seine Tochter, die Schriftstellerin Virginia Woolf oder die japanische Tänzerin Hana-Ogi aus dem Film „Sayonara“, die ihn beeindruckte. Dabei geht es nicht nur um äußere Details; vielmehr will der Künstler das Innere der Frauen darstellen, „die Magie des Weiblichen, die nicht rein ästhetisch, sondern tief im Herzen begründet liegt“.

Insgesamt umfasst die Ausstellung „Konzepte des Weiblichen“ sieben Werke, ergänzt durch sieben kleine Reisebilder. Auf die Vernissage folgt eine Lesung, denn Warzecha ist nicht nur Künstler, sondern auch Autor. In seinem Roman „The Healing of Planet Asshole“ beschreibt er, wie der vom Menschen krank gemachte Planet aus der Sicht des Künstlers geheilt werden kann – durch Kunst und Kultur.

Künstliche Intelligenz kann Kunst

Dass sich männliche Künstler von Weiblichkeit inspirieren lassen, ist kein neues Phänomen in der Kunst. Neu aber ist die Art und Weise, wie Rainer Warzecha seine Werke gestaltet. Während einige Kreativschaffende Künstliche Intelligenz (KI) verteufeln oder ihretwegen um ihre Existenz bangen, nutzt Warzecha sie für seine Werke. Seine Vorentwürfe stammen von KI oder Fotografien. Auch Fotoshop kommt zum Einsatz.

Rainer Warzecha lässt sich vom technischen Fortschritt nicht einschüchtern. „Pixel sind vergänglich und oberflächlich.“ Oft produziere die KI „Schrott“, sagt er salopp. Und nicht selten entstünden Fehler – wie eine Hand mit sechs Fingern oder verstümmelte Gliedmaßen. Deshalb ist der nächste Schritt für Warzecha unumgänglich: „Ich befreie ein Motiv aus der reinen Pixelwelt, indem ich es auf Leinwand bringe und malerisch überschreite und abstrahiere.“ Die groben Konturen überträgt er mit einem Projektor auf eine Leinwand. Dann zeichnet er die feinen Elemente, oft mit Ölfarben oder Acryl. „Erst jetzt entsteht ein Werk – etwas Bleibendes.“

Nicht nur für seine Bilder verwendet er KI – auch für manche seiner Texte. „Wir müssen die KI positiv nutzen“, findet Warzecha. Dennoch ist er sich ihrer Gefahren bewusst: „Sie kann die Algorithmen beherrschen, viel Energie verbrauchen oder negative Inhalte erschaffen.“

Freiraum für Kultur in Wunsiedel

Auch wenn Rainer Warzecha in Berlin lebt, kehrt er oft in seine Heimat, das Fichtelgebirge, zurück. „Das ist mein Kulturraum“, sagt er. Immer wieder widmet er sich hier kleineren und größeren Projekten. Aus seiner Feder stammt auch das Wandbild am Pesterhaus aus dem Jahr 2004. Vier Wochen Arbeit mit 300 Arbeitsstunden liegen dem meterhohen Kunstwerk zugrunde.

Die Galerie 57 in Wunsiedel ist eine Idee Heinz Späthlings. „Wunsiedel täte es gut, wenn es eine Galerie gäbe“, dachte sich der Verleger. Deshalb hat er am Marktplatz zugeschlagen, dem „besten Platz der ganzen Stadt“. Die Galerie ist „non-profit“, also nicht kapitalistisch, jede und jeder kann dort ein und aus gehen. Wunsiedel sei der perfekte Ort für dieses künstlerische Etablissement. Selb und Marktredwitz seien „Boom-Towns“, Wunsiedel hingegen kultiger, politischer und freigeistiger, findet Späthling. Sein Ziel: „In Wunsiedel soll Leben einkehren.“ Rainer Warzecha beobachtet eine positive Entwicklung in der Stadt: „Der Marktplatz wurde aufgewertet, es gibt zahlreiche Cafés und ein runderneuertes Stadtmitte-Wohnzimmer. Die Galerie 57 markiert einen weiteren Pluspunkt.“

Vernissage und Dauer

Ausstellung bis zum 16. November.

Vernissage
am 4. Oktober um 18 Uhr in der Galerie 57 am Marktplatz 5 in Wunsiedel.

Lesung
aus Rainer Warzechas Roman „The Healing of Planet Asshole“ am 5. Oktober um 16 Uhr in der Galerie 57.