Schule feiert Geburtstag Waldorf lockt Schüler aus ganz Oberfranken an den Patersberg

red
Handarbeitslehrerin Anette Konnow unterrichtet seit 28 Jahren an der Waldorfschule am Patersberg. Foto: privat

Die Schüler in Wernstein kommen aus mehreren Landkreisen, die Methoden sind besonders und beliebt. Am Samstag gibt es Einblicke beim Tag der offen Tür .

 
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Im Waldorfkindergarten mit Krippe und Waldgruppe gibt es lange Wartelisten, die Waldorfschule verzeichnet steigende Schülerzahlen und musste in diesem Schuljahr sogar einen Container aufstellen, um die großen Klassen unterzubringen: 50 Jahre nach Gründung des ersten Trägervereins von Schule und Kindergarten platzen der Waldorfkindergarten Wernstein und die Waldorfschule im Kulmbacher Land aus allen Nähten.

Die Initiative ging vor 50 Jahren von der Familie des Anfang diesen Jahres verstorbenen Baron Karl Ludwig Freiherr von Künßberg aus: Gemeinsam mit anderen Familien gründeten die Künßbergs 1972 in Wernstein einen Trägerverein von Schule und Kindergarten. Einige Monate zuvor hatte bereits der Waldorfkindergarten in einem Haus im Park von Schloss Wernstein mit einer kleinen Kinderschar den Betrieb aufgenommen. Seit 1997 hat der Kindergarten einen eigenen Trägerverein – dieses 25-jährige Jubiläum wird ebenfalls beim Tag der offenen Tür am Samstag gefeiert.

Umzüge und Notunterkünfte prägten viele Jahre lang die Geschichte des Kindergartens und der seinerzeit ersten Waldorfschule Oberfrankens: Unter anderem im Schloss Wernstein fand man eine Bleibe, auf dem Patersberghof – eine Schulklasse wurde aus Platznot gar ein Schuljahr lang in einem Zirkuswagen unterrichtet. Erst am Fuße des Patersbergs in Veitlahm, zwischen Feldern und Wiesen, fanden schließlich beide Einrichtungen eine langfristige Bleibe.

„Das Erleben der Jahreszeiten in der Natur und im Garten prägte von Anfang an die Kindergartenarbeit“, erklärt Elfriede Sauer, die seit 2007 den Kindergarten leitet. Damals wie heute spielen die Mädchen und Jungen vorwiegend mit Naturmaterialien und Holzspielzeug. „Wir leben mit den Kindern wie in einer großen Familie“, beschreibt die Waldorfpädagogin den Kindergartenalltag. „Die Erwachsenen verrichten sinnvolle Tätigkeiten, die die Kinder nachahmen.“

Eurythmie, die anthroposophische Bewegungskunst, bei der die Schüler lange bunte Kleider tragen, praktische Fächer wie Handarbeit, Gartenbau und Werken sowie Musik und künstlerische Fächer prägen die Waldorfschule Wernstein seit ihrer Gründung 1980. Der Pädagoge Reinhart Engelen war Motor, geistiger Vater und erster Klassenlehrer der Schule. Er kam von der ersten Waldorfschule in Stuttgart, die der Begründer der Waldorfpädagogik, Rudolf Steiner (1861-1925), selbst aufgebaut hatte. Bis heute begleitet ein Klassenlehrer seine Klasse acht Jahre lang. Im ersten Schuljahr 1980/81 lernten zehn Kinder der Klassen 1 bis 4 in der kleinen Dorfschule. Die Schule wuchs und wuchs – zwischenzeitlich waren es über 240 Schüler in 12 Klassen.

Auf dem weitläufigen Gelände am Patersberg wurde 1994 das erste Schulgebäude, zuletzt 2016 das Grundschulgebäude eingeweiht. „Dass die Schule so ländlich liegt und so klein ist, war und ist immer noch Segen und Fluch zugleich“, sagt Anette Konnow, die seit 28 Jahren an der Schule alle Jahrgangsstufen in Handarbeit unterrichtet. Eltern wie Schüler schätzen die familiäre Atmosphäre. Viele Jahre versuchte die Schule trotz kleinster Klassen ein Abitur anzubieten. „Seit 2018 gibt es nun eine praktische Oberstufe mit zehn Schuljahren. Wir sind derzeit die einzige Waldorfschule in Bayern mit einer Mittelschulgenehmigung“, erklärt Anette Konnow, die der Schulführung angehört. 173 Kinder aus den Landkreisen Kulmbach, Bayreuth, Lichtenfels, Kronach und Bamberg lernen in diesem Schuljahr von der 1. bis zur 10. Klasse an der Waldorfschule im Kulmbacher Land. 125 Schüler nutzen die offene Ganztagsschule.

Und was bringen die nächsten 50 Jahre? „Hoffentlich bald den nächsten Neubau“, sagt die Handarbeitslehrerin. Es fehlen nicht nur Klassenzimmer sondern auch ein Sport- und Versammlungsraum, in dem Theaterstücke aufgeführt werden können und die Schulfamilie ihre sogenannten Monatsfeiern abhalten kann, bei der jede Klasse zeigt, was sie im Unterricht erarbeitet hat. Auch der Kindergarten bräuchte mehr Platz und denkt über eine Erweiterung nach. Zukunftsentscheidend ist für beide Waldorfeinrichtungen jedoch noch etwas anderes: „Wir suchen gut ausgebildete Kolleginnen und Kollegen“, sagt Anette Konnow. „Gute Pädagogen sind bei uns immer willkommen!“

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