Wunden der Vergangenheit Schwieriger Neustart der Handwerkskammer

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Die oberfränkische Handwerkskammer hat in personeller Hinsicht wichtige Weichen gestellt. Doch die Einrichtung kommt immer noch nicht zur Ruhe. Foto: Matthias Will

Die Wahl des neuen Hauptgeschäftsführers der oberfränkischen Handwerkskammer zeigt, dass ein Neuanfang alles andere als leicht wird. Dabei hatte alles so gut begonnen.

 
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Bayreuth/Hof/Coburg - Lange Zeit lief die turnusgemäße Vollversammlung der Handwerkskammer harmonisch. Den hässlichen Streit mit der Coburger Handwerkerschaft hatte die Kammer beigelegt. Beide Seiten unterzeichneten am Montag einen Vertrag, wonach der Ausbildungsstandort Coburg erhalten bleibt. Kammerpräsident Matthias Graßmann lobte Vorstandsmitglied Michael Klein für dessen unermüdlichen Einsatz und die Vertreter des Coburger Handwerks für die konstruktiven Gespräche.

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) strahlte ebenfalls. Er nannte das Handwerk einen Garanten für die Stabilität von Wirtschaft und Gesellschaft in der Region. Selbst in der Corona-Krise hätten die Betriebe nicht geklagt, sondern ihre Aufgaben zuverlässig erledigt. „Sie arbeiten, statt zu diskutieren“, rief Aiwanger den Mitgliedern der Vollversammlung zu. Der Minister sprach angesichts des beigelegten Streits zwischen der HWK und den Coburger Handwerkern von einem „historischen Tag“. Alte Gräben würden zugeschüttet, und man könne nun zuversichtlich nach vorne blicken.

Kritik an Auswahlverfahren

Doch wenig später sollte sich zeigen, dass die Gräben immer noch offen und tief sind. Die Wunden der Vergangenheit schmerzen manchen Beteiligten offenbar immer noch sehr.

Ex-Präsident Thomas Zimmer, gegen den die Kammer – wie berichtet – Zivilklage eingereicht hat, meldet sich vor der Wahl des Hauptgeschäftsführers zu Wort. Nein, so gelinge es der Handwerkskammer bestimmt nicht, Aufbruchstimmung zu erzeugen, klagt der frühere oberste Repräsentant der Einrichtung, der im Zuge des Millionen-Skandals bei der HWK-Tochter GTO im September 2020 zurückgetreten war. Das Auswahlverfahren für die Besetzung der Position des Hauptgeschäftsführers hält Zimmer für intransparent.

Der HWK-Vorstand präsentiert der Vollversammlung nämlich nur Reinhard Bauer als Kandidaten. Zuvor hatte das Kulmbacher Personalberatungsunternehmen Krüger die etwa 70 Bewerbungen für den Spitzenposten sondiert und eine Vorauswahl von sieben Kandidaten getroffen, wie Chef Matthias Krüger erläuterte. Aus diesem Kreis wählte der Kammervorstand seinen Favoriten, über den wiederum an diesem Tag die Vollversammlung abstimmen soll.

Nur Abnicker?

Zimmer wirft der HWK-Führung vor, sie wolle die Mitglieder zu bloßen Abnickern einer bereits getroffenen Entscheidung machen. Und als Zimmer von kammerinternen Mails berichtet, die angeblich belegen würden, dass zwei HWK-Mitarbeiter gezielt am Sturz des einstigen Hauptgeschäftsführers Thomas Koller gearbeitet hätten, reagiert mancher empört. Einige Vollversammlungsmitglieder weisen den ehemaligen Präsidenten darauf hin, eine solche öffentliche Veranstaltung unter den Augen der Presse sei nicht der richtige Ort für solche Diskussionen. Auch das Wort „Schlammschlacht“ fällt.

Zimmer wiederum erwidert zornig, er habe diese Schlammschlacht nicht begonnen, es sei doch die neue Kammerführung gewesen, die ihn und die früheren Hauptgeschäftsführer Thomas Koller und Horst Eggers „in Misskredit“ gebracht habe. Am Rande der Veranstaltung sagte ein Kammer-Insider unserer Zeitung, es sei vielmehr Zimmer gewesen, der Koller „gekillt“ habe.

Vertrauen zurückgewinnen

Reinhard Bauer wird schließlich mit 29 Ja-Stimmen zum neuen Hauptgeschäftsführer gewählt. Es gibt aber auch neun Nein-Stimmen und eine ungültige Abgabe. Auf Nachfrage unserer Zeitung zeigen sich weder der frisch Gewählte noch Präsident Graßmann überrascht. Bauer, der selbst seit Jahren für die oberfränkische HWK tätig ist, sagt, es sei nicht ungewöhnlich, dass es bei einer internen Lösung auch einige Kritiker gebe. Er habe sogar mit noch mehr Gegenstimmen gerechnet. Als neuer Hauptgeschäftsführer wolle er hart daran arbeiten, dass die Kammer Vertrauen zurückgewinne, so Bauer. Er wolle eng mit den Mitgliedsbetrieben zusammenarbeiten und die Innungen und Kreishandwerkerschaften als Unterbau stärken. Graßmann sagt, die Zeiten von einstimmigen Ergebnissen seien vorbei.

Wann kommt die Kammer endlich zur Ruhe? Vorstandsmitglied Karl-Peter Wittig tadelt Zimmer mit den Worten: „Du hast nicht immer recht.“ Seine Tür stehe aber weiterhin für Zimmer offen, so Wittig. Zimmer lässt wissen, er stehe zu seinem im April ausgesprochenen Versöhnungsangebot. Bislang sei man seitens der Kammer allerdings nicht auf ihn zugekommen.

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