Seit mehr als zwei Jahren tot Mumifizierte Leiche in Aachener Wohnung gefunden

Markus Brauer/AFP

Immer mehr Menschen in Deutschland leben und sterben einsam und vergessen. Einen tragischen Fall gab es jetzt in Aachen. Dort wurde ein 56-jähriger Mann zwei Jahre nach seinem Tod in seiner Mietwohnung gefunden – mumifiziert. Was geschieht in solchen Fällen?

 
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Gibt es keine Angehörigen, muss sich die jeweilige Kommune um den Toten und dessen letzte Ruhe kümmern – und auch die Kosten übernehmen (Symbolfoto). Foto: Imago/Funke Foto Services

Beim Betreten einer Wohnung wegen eines Wasserschadens hat ein Mitarbeiter einer Hausverwaltung in Aachen die Leiche eines vor mehr als zwei Jahren gestorbenen Mannes gefunden. Einen entsprechenden Bericht der „Aachener Zeitung“ bestätigte am Mittwoch (31. Juli) eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft in der nordrhein-westfälischen Stadt. Demnach handelte es sich bei dem Toten um einen 1965 geborenen Mieter. Hinweise auf ein Gewaltverbrechen gab es demnach nicht.

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56-jähriger Mann starb Anfang 2022

Der Mann starb den Angaben zufolge vermutlich bereits Anfang 2022. Anhand von geöffneten Briefen in der Wohnung ließ sich feststellen, dass der aus Köln stammende Mieter offenbar am 31. Dezember 2021 das letzte Mal seinen Briefkasten leerte. Nachdem Mietzahlungen ausgeblieben waren, versiegelte ein Gerichtsvollzieher im Herbst 2022 die Wohnungstür. Später reichte das Wohnungsunternehmen eine Räumungsklage ein.

Im Juni kam es zu einem Wasserschaden in einer anliegenden Wohnung. Weil sich dieser auf die Wohnung des Mannes ausweitete, verschaffte sich ein Mitarbeiter des Wohnungsunternehmens schließlich Zugang und fand darin die mumifizierte Leiche des vermutlich 56-jährigen Mannes. Der Leichnam wurde inzwischen bestattet. Eine Obduktion wurde zuvor nicht angeordnet.

Was passiert, wenn eine Leiche so lange liegenbleibt?

Die Zersetzungsprozesse im Körper, die zum Abbau organischer Substanzen führen, hängen maßgeblich von den Umgebungsbedingungen ab. Bei reichlicher Sauerstoffzufuhr schreitet die Verwesung sehr schnell voran. Wärme beschleunigt sie, während Kälte sie verlangsamt. An der frischen Luft schreitet die Verwesung zweimal so schnell voran wie im Wasser und achtmal so schnell wie in einem Erdgrab.

In einem Erdgrab löst sich das komplette Körpergewebe innerhalb von ein bis zwei Jahren auf. Fingernägel, Haare und Sehnen brauchen etwa vier Jahre, um zu verwesen. Die Knochen zersetzen sich ganz zum Schluss.

In einer Wohnung geht es ähnlich schnell wie an der frischen Luft. Die Verwesung hängt auch hier vor allem von der Temperatur ab und davon, wie zugänglich der Leichnam ist. Im Sommer können die Zersetzungsprozesse schon nach wenigen Tagen sehr weit fortgeschritten sein.

Wie kann ein Leichnam mumifizieren?

Damit eine Leiche wie im Aachener Fall mumifiziert, bedarf es spezifischer Umweltkonstellationen, welche die Konservierung ermöglichen. Diesen natürlich ablaufenden Prozess einer langfristigen Leichenkonservierung, der zur Bildung von Mumien führt, nennt man auch Mumifikation.

Besondere äußere Umstände wie trocken-kalte Umgebungsluft oder Kälte können in manchen Fällen die Verwesung und Fäulnis frühzeitig verlangsamen oder sogar stoppen.

Was geschieht mit der Wohnung?

Nach einem derartigen Todesfall wird sich der Vermieter oder die Hausverwaltung an einen Spezialisten wenden. Mögliche Ansprechpartner sind Tatortreiniger und mitunter auch Kammerjäger. Selten seien solche Fälle nicht, sagt eine Reinigungsfachkraft.

Wer bezahlt die Instandsetzung?

Wenn es sie gibt, sind die Erben nicht für die Instandsetzung einer solchen Mietwohnung verantwortlich. In einem Urteil von 2021 stellte das Landgericht Berlin klar, dass der Tod des Bewohners einer Mietwohnung „keine Pflichtverletzung des verstorbenen Mieters“ darstelle. Daher müssten auch die Erben nicht für Reinigung und Ungezieferbekämpfung in der Mietwohnung aufkommen, sondern der Hausbesitzer (AZ: 66 S 7/21).

Wer ist für die Bestattung zuständig?

Viele Menschen leben allein und sterben einsam. „Wer zu Lebzeiten keine Angehörigen hat, hat auch im Tod keine“, erklärt der Geschäftsführer des Bestatterverbandes Rheinland-Pfalz, Christian Jäger.„Nach unserer Erfahrung hat die Zahl der Fälle, in denen Menschen völlig ohne Angehörige sterben, in den vergangenen Jahren zugenommen.“

In der Regel sind Ehepartner, Lebenspartner, Kinder, Eltern, Geschwister, Großeltern und Enkelkinder „bestattungspflichtig“. Sie müssen dafür Sorge tragen, dass ein Leichnam „ordnungsgemäß“ bestattet wird. Gibt es keine Angehörigen, muss sich die jeweilige Kommune um den Toten und dessen letzte Ruhe kümmern – und auch die Kosten übernehmen.