Selb Kleine Puckjäger schwitzen im Homeoffice

Ins heimische Wohnzimmer oder in den Garten müssen die jungen Eishockey-Spieler des VER Selb derzeit ihr Training verlegen. Foto: Kristina Klimbt

Der VER Selb bietet für seine Kinder wieder ein Cyber-Training an. Cory Holden gibt die Übungen per Videokonferenz vor. Etwas ganz Wichtiges fehlt den jungen Sportlern aber.

 
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Selb - Dem Sport werden viele Eigenschaften zugesprochen: Er hält gesund. Er verbindet. Er macht Spaß. Besonders für die Kleinen steht die Freude am Spiel im Vordergrund, wenngleich das ein oder andere hoffnungsvolle Talent auch schon von der großen Karriere träumen mag. Auf diese Freude müssen die Nachwuchscracks des Eishockey-Oberligisten VER Selb gerade verzichten wegen der Corona-Pandemie. Doch nicht nur das Spiel an sich wird schmerzlich vermisst. Auch das Miteinander. Bis zum Start des zweiten Lockdowns saßen die jungen Sportler noch vor dem Training in der Kabine nebeneinander, dann hieß es von einem Tag auf den anderen: Auseinander und ab nach Hause. Kein gemeinsames Training mehr. Kein Spiel mehr. Kein Spaß mehr. Cory Holden, hauptamtlicher Nachwuchstrainer der Selber Wölfe, weiß sehr wohl um das Problem durch den Coronavirus. Er befürchtet allerdings, dass aus diesem einen Problem mehrere werden für die Kinder und Jugendlichen - unter anderem die sportliche und soziale Entwicklung. Holden würde sich deshalb eine bessere Lösung wünschen, als alles abzusperren. "Ich höre oft von den Eltern, dass die Jungs nur zu Hause sitzen. Aber das ist Gift für die Kinder. Sie müssen sich bewegen und auspowern. Trainieren und spielen ist doch die beste Medizin."

Große Sorgen um den Nachwuchs

Auf eine Lösung, den Vereinssport besonders im Kinder- und Jugendbereich wieder zu ermöglichen, hofft Sebastian Mayer, der Nachwuchstrainer des EHC Bayreuth. Er appelliert daher an die Politik: "Lasst die Jugend wieder aufs Eis, nach strengen Regeln, in Zweiergruppen - wie auch immer." Die jetzige Situation würde die jungen Sportler demotivieren. "Im schlimmsten Fall kehren sie ihrem Hobby den Rücken", schreibt Mayer auf der EHC-Homepage. "Wir haben 50 Prozent weniger Kinder in der Laufschule seit Beginn der Eissaison, und diese bildet das Gerüst der Nachwuchsarbeit!" Dem pflichtet auch sein Selber Kollege Cory Holden bei. "Es ist für die Vereine sowieso immer ein Kampf gegen Computer und Playstation. Wenn die Kinder noch länger daheim sind, verlieren sie vielleicht auch das Interesse am Sport." Auch könne derzeit die Zusammenarbeit mit den Schulen und Kindergärten nicht stattfinden. Auch der jährliche "Kidsday" oder die Silvesterkracher auf dem Eis - Veranstaltungen, bei denen in der Vergangenheit viele neue Kinder hinzugewonnen wurden - seien heuer nicht möglich. A.P.

Holden weiß nicht zuletzt durch seinen 15-jährigen Sohn Ben, dessen große Leidenschaft von klein auf das Eishockey ist, dass sich die jungen Buben auch nach Kontakten sehnen in ihrer Freizeit. "Deshalb wäre es wichtig, eine Lösung zu finden, dass wir zumindest wieder gemeinsam trainieren können", sagt der längst in Selb heimisch gewordene Deutsch-Kanadier, der bei den Wölfen vor seinem Job als Nachwuchstrainer zunächst als Profi gespielt und von 2009 bis 2015 die erste Mannschaft trainiert hat.

Jetzt versucht Holden - wie schon beim ersten Lockdown - mit einer kreativen Lösung, zumindest ein bisschen gegen den Lagerkoller der Kinder und Jugendlichen anzukämpfen. Diese Lösung heißt Video-Training. Drei Mal pro Woche bittet der 49-Jährige die Kinder und Jugendlichen von der U 7 bis zur U 20 des VER zum freiwilligen Homeoffice der besonderen Art vor die Bildschirme. Jede Einheit dauert etwa eine Stunde. Ob Übungen für das Körpergewicht, den Bauch und Rücken, Kraftzirkel mit mehreren Stationen, verschiedene Sprungübungen oder eishockeyspezifische Stock- und Schlittschuh-Trockenübungen: Die Jungs und Mädels sollen wenigstens zu Hause etwas ins Schwitzen kommen. Doch wie wird das Angebot angenommen vom Wölfe-Nachwuchs? "Am Anfang war die Beteiligung richtig gut", erzählt Holden. Vielen der knapp 200 jungen Wölfe-Cracks habe das virtuelle Training großen Spaß bereitet, auch wenn es das auf dem Eis natürlich nicht ersetzen kann. Zuletzt aber sei die Beteiligung etwas schwächer geworden. "Man merkt eben, dass die Jungs viel lieber miteinander trainieren und auch reden wollen. Ihnen fehlen einfach die Kontakte außerhalb der Schule. Die kann ein Videotraining natürlich nicht ersetzen", sagt Holden, der die Kinder gut versteht - und sich an seine eigene Jugendzeit zurückerinnert: "Wir wollten doch auch alle raus und unter andere Leute." Der Selber Übungsleiter hofft, dass es bald wieder klappt mit den gemeinsamen Erlebnissen auf dem Eis. "Zumindest der Trainingsbetrieb wäre wichtig. Wir haben ja schon im Sommer und auch zu Beginn unserer Saison gesehen, dass es bestens funktioniert mit den Hygieneregeln."

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