Seltene Hirnvenenthrombosen Astrazeneca – das ist über Risiken bekannt

Klaus Zintz
In Deutschland wurden einzelne Fälle von Hirnvenenthrombosen nach einer Impfung mit dem Vakzin von Astrazeneca bekannt. Foto: dpa/Soeren Stache

Wegen der Gefahr von Nebenwirkungen soll das Vakzin mancherorts nun nur noch eingeschränkt verimpft werden. Was ist inzwischen über die Fälle von Hirnvenenthrombosen bekannt? Und welcher Zusammenhang besteht da genau mit den Impfungen?

 
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Berlin - Die Zahl der seltenen Hirnvenenthrombosen nach der Covid-19-Impfung mit dem Astrazeneca-Vakzin ist weiter gestiegen. Dem zuständigen Paul-Ehrlich-Institut sind mittlerweile 31 Fälle einer sogenannten Sinusvenenthrombose nach der Impfung gemeldet worden. In neun Fällen verlief sie tödlich. In 19 Fällen habe zusätzlich ein Mangel an Blutplättchen vorgelegen. Mit Ausnahme von zwei männlichen Patienten seien nur Frauen im Alter von 20 bis 63 Jahren von den betroffen gewesen, hieß es.

Aufgrund der neuen Datenlage ist nun auch in Deutschland in manchen Regionen die Impfung mit dem Astrazeneca-Vakzin eingeschränkt worden. So haben etwa Berlin und München Impfungen mit dem Präparat bei Menschen unter 60 Jahren als Vorsichtsmaßnahme gestoppt. Presseberichten zufolge könnten diese Beschränkung nach einem Beschlussentwurf der Ständigen Impfkommission (Stiko) deutschlandweit gelten. Auch die kanadische Gesundheitsbehörde hat veranlasst, generell Menschen unter 55 Jahren nicht mehr mit diesem Vakzin zu impfen. Frankreich hatte dies schon vor knapp zwei Wochen verfügt.

Nach wie vor ist das Risiko einer solchen potenziell tödlichen Nebenwirkung allerdings sehr gering. In Deutschland etwa erhielten bisher rund 2,7 Millionen Menschen den Astrazeneca-Impfstoff. Und in Großbritannien sind bei 13,7 Millionen Astrazeneca-Impfungen bisher explizit vier Fälle von Sinusvenusthrombosen bekannt geworden. Darüber hinaus wurden aber 48 weitere Thrombozytopenien gemeldet – also ein Mangel an Blutplättchen, der mit der Impfung zusammenhängen könnte. Da diese Komplikation bislang weitgehend nur bei jüngeren Frauen auftritt, liegt es nahe, für das Astrazeneca-Vakzin eine entsprechende Einschränkung zu empfehlen.

Eine Forschergruppe hat eine Erklärung für die Verbindung

Eine mögliche Erklärung für die Verbindung mit der Astrazeneca-Impfung hat kürzlich eine internationale Forschergruppe unter Leitung des Greifswalder Transfusionsmediziners Andreas Greinacher geliefert. Demnach könnte ein Teil der körpereigenen Abwehr zu einer verstärkten Blutverklumpung beitragen. Ein solcher Wirkungsmechanismus ist – unter Beteiligung des gerinnungshemmenden Stoffes Heparin – bereits als Heparin-induzierte Thrombozytopenie (HIT) bekannt. In Anlehnung an dieses Geschehen wollen die Forscher das offenbar vom Astrazeneca-Vakzin hervorgerufene Krankheitsgeschehen als Impfungsinduzierte Immun-Thrombozytopenie bezeichnen.

Was genau diese unerwünschten Körperreaktionen hervorruft, ist noch nicht geklärt. Möglich wäre, dass Bestandteile des Adenovirus-Vektors eine wichtige Rolle dabei spielen. Das Astrazeneca-Vakzin basiert auf einem abgeschwächten Adenovirus aus Schimpansen. Mit diesem wird die Information für das Stachelprotein des Coronavirus in den menschlichen Körper transportiert, um hier die erwünschte Abwehrreaktion des Immunsystems hervorzurufen. Das würde erklären, warum andere Vakzine – vor allem die mRNA-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna – dieses Erkrankungsbild wohl nicht auslösen. Jedenfalls gibt es bisher keine Hinweise darauf, dass Hirnvenenthrombosen nach der Impfung gehäuft auftreten.

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