Sensationsfund erstmals vorgestellt Tödliche Holz-Fallen: Der Stacheldraht der alten Römer

Markus Brauer

Nach ihrer sensationellen Entdeckung auf einem Acker bei Bad Ems sind die tödlichen Holz-Fallen des römischen Militärs aus dem 1. Jahrhundert. Chr. jetzt im Originalzustand zu sehen. Es war das erste Mal, dass solche martialische Wehrtechnik aus der Antike ausgegraben wurde.

 
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Im Leibniz-Zentrum für Archäologie in Mainz werden die angespitzten Holzpfähle aus einem römischen Verteidigungsgraben aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. präsentiert. Foto: dpa/Arne Dedert

Im Jahr 2016 hatten Archäologen bei Bad Ems in Rheinland-Pfalz zwei bislang unbekannte römische Militärlager entdeckt. In dem kleineren der rund 2000 Jahre alten Kastelle machten die Forscher einen ganz besonderen Fund.

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Das größere der beiden Lager „Auf dem Ehrlich“ stammt wie das kleinere aus der frühen römischen Kaiserzeit.  Es befindet sich auf dem Plateau eines „Ehrlich“ genannten Bergsporns rund einen Kilometer Luftlinie nördlich von Bad Ems.

Militärlager stammen aus 1. Jahrhundert n. Chr.

Nach Angaben von Archäologen hatten die Römer die beiden Stützpunkte im 1. Jahrhundert n. Chr. auf der Suche nach Silbererz angelegt. Systematisch untersucht wurden sie im Rahmen von sogenannten Lehrgrabungen, die im Jahr 2019 starteten. Die Grabungen wurden von Archäologen der Frankfurter Universität geleitet. Unter anderem war an dem mehrjährigen Projekt auch die Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz beteiligt.

Zuerst hatte ein Jäger in der Nähe von Bad Ems von seinem Hochsitz aus Farbunterschiede in einem Getreidefeld bemerkt. Ein Drohnenfoto von dem Gebiet bestätigte, dass der Acker nicht etwa von Traktorspuren durchzogen war. Vielmehr handelte es sich um einen doppelten Graben, der ein römisches Lager umfasste und es vor fndlichen germanischen Stämmen sichern sollte.

Bei den Spuren handelt es sich um Veränderungen im Bewuchs, die Bodeneingriffe anzeigen - in diesem Fall die Gräben des römischen Lagers. Foto: Goethe-Universität Frankfurt/Leiza
Mit Hilfe einer geomagnetischen Untersuchung vermuten die Forscher, dass sich unter dem Feld bei Bad Ems ein römisches Lager befindet. Foto: Goethe-Universität Frankfurt/Leiza
Mitarbeiter der Frankfurter Universität bei den Ausgrabungen „Auf demEhrlich“ bei Bad Ems. Foto: Goethe-Universität Frankfurt/Leiza

Die geomagnetische Untersuchung der Ackerfläche führte schließlich zu den Resten eines acht Hektar großen Militärlagers mit 40 hölzernen Türmen. Wie die weiteren archäologischen Grabungen ergaben, wurde das größere der beiden Lager, in dem etwa 3000 Soldaten lebten, niemals fertiggestellt. Brandspuren deuten darauf hin, dass es schon  wenige Jahre nach seiner Errichtung niedergebrannt worden war.

Hüttenwerk für Silbererzabbau

Das zweite kleinere Militärlager wurde zwei Kilometer entfernt auf der anderen Seite des Emsbachtals entdeckt. Hier vermuten die Forscher ein römisches Hüttenwerk, in dem Silbererz weiterverarbeitet wurde. Der Fund von Fundamenten, Brandresten und Metallschlacken legt dies zumindest nahe.

Weiter wird angenommen, dass das Hüttenwerk in Verbindung zur Grenzbefestigung des Limes stand, der um 110 n. Chr. rund 800 Meter weiter östlich errichtet worden war.

In dem kleineren Lager, das Platz für circa 40 Mann geboten haben könnte, entdeckten die Archäologen zudem eine Abwehrkonstruktion aus zugespitzten Holzpfählen. Das martialisch wirkende Konstrukt habe mögliche Feinde von einem Angriff auf das Lager abhalten sollen, vermuten die Spatenforscher. Die Wirkung einer solch Anlage ließe sich mit der von moderem Stacheldraht vergleichen.

Archäologen legen die Überreste der Holzpfähle frei. Foto: Goethe-Universität Frankfurt/Leiza
Der römische Feldherr Gaius Julius Caesar hatte von vergleichbaren Annäherungshindernissen berichtet. Foto: Goethe-Universität Frankfurt/Leiza
Doch bislang hatte man keine physischen Belege dafür gefunden, dass es sie wirklich gab. Die hölzernen Abwehrkonstruktionen haben die Jahrhunderte meist nicht überdauert. Foto: Goethe-Universität Frankfurt/Leiza

Restaurierte Holzfallen werden präsentiert

Die Holzfallen des römischen Militärs sind jüngst im Leibniz-Zentrum für Archäologie (Leiza) in Mainz restauriert worden. Wie, wo und wann sie zusammen mit geborgenen Stoffresten der Öffentlichkeit präsentiert werden können, sei aber noch unklar, sagte Peter Henrich von der Stabstelle Forschungskoordination Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE) in Mainz.

Die angespitzten, bis zu 60 Zentimeter hohen Holzpfähle aus einem römischen Verteidigungsraben aus dem 1. Jahrhundert n. Chr.. Foto: © Leiza/Sabine Steidl
Markus Wittköpper, Restaurator für Altertumskunde, präsentiert im Leibniz-Zentrum für Archäologie hinter einem Styropor-Modell die angespitzten Holzpfähle aus einem römischen Verteidigungsgraben. Foto: Arne Dedert/dpa
Die tödlichen Fallen aus angespitzten Holzpfählen wurden bei archäologischen Untersuchungen zweier römischer Militärlager in Bad Ems entdeckt und im Mainzer Restaurierungslabor untersucht, restauriert und konserviert. Foto: dpa/Arne Dedert
Die Zeichnung zeigt, wie die angespitzten Holzpfähle es angreifenden Feinden zusätzlich schwermachten, die Palisaden des Lagers zu überwinden. Foto: Goethe- Universität Frankfurt/Leiza

Die angespitzten, bis zu 60 Zentimeter hohen Holzpfähle aus einem römischen Verteidigungsraben aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. seien ein „Sensationsfund“, betonte die Generaldirektorin des Leiza, Alexandra W. Busch. „Die Funde sind fast seltener als ein Sechser im Lotto“, ergänzte Henrich. Es habe extrem viel zusammenkommen müssen, um „den Stacheldraht der Römer“ auf dem sogenannten Blöskopf in so gutem Zustand vorfinden und bergen zu können. Staunässe und einen luftdichten Abschluss nannte er als wichtige Faktoren.

Wehrtechnik bisher nur aus schriftlichen Quellen bekannt

26 Pfähle seien geborgen worden, aber im Boden seien sicherlich noch viel mehr, sagte Markus Wittköpper vom Leiza, der die ausgewaschenen Holzpfähle mit Melaminharzen im Speziallabor stabilisiert hat.

Die Pfähle seien in Dreiergruppen im Graben vor einen Kleinkastell angeordnet gewesen, einer in der Mitte und die anderen beiden seitlich, berichtete Frederic Auth von den Ausgrabungen.

Diese Wehrtechnik war dem Leiza zufolge vor diesem archäologischen Fund nur durch schriftliche Quellen bekannt. In der römischen Literatur werden solch Holzpfähle etwa vom römischen Feldherr Gaius Julius Caesar im 1. Jahrhundert v. Chr. erwähnt. Gefunden hatte man bislang aber noch keine (mit dpa-Agenturmaterial).