Seuchengefahr Die Geflügelpest rückt näher

So schlimm wie im vergangenen Jahr, als wegen eines Ausbruchs von Geflügelpest in einem kleinen Stall bei Lindau sogar ein Sperrbezirk eingerichtet werden musste, ist es derzeit noch nicht. Aber das Seuchengeschehen macht erneut Einschränkungen nötig. Foto: Gabriele Fölsche

Die gefährliche Tierseuche greift auch in Bayern immer weiter um sich. Um eine Ausbreitung zu stoppen, gelten im Landkreis Kulmbach jetzt für die Halter, von Federvieh besondere Regeln.

 
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Der Schrecken sitzt vielen Geflügelhaltern noch im Genick: Stallpflicht, besondere Hygienevorschriften mussten angeordnet werden. Im vergangenen Frühjahr kam es dann wegen eines Ausbruch der gefährlichen Geflügelpest in einem kleinen Stall bei Lindau sogar zur Einrichtung eines Sperrbezirks im weiten Umkreis. Jetzt bahnt sich wieder Unheil an. Das Kulmbacher Landratsamt hat, wie andere in Bayern auch, eine Allgemeinverfügung erlassen. Sie schränkt bis auf Weiteres erneut den Umgang mit Geflügel ein. Besonderes Verhalten der Geflügelhalter wird von Freitag an angeordnet. Und auch alle, die bei ihrem Spaziergang zum Beispiel an der Flutmulde gern mal Enten, Schwäne und Gänse mit Brot füttern, müssen das von Freitag an einstellen.

Im unterfränkischen Miltenberg fing Ende Oktober alles an, berichtet das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). In einer Hobby-Geflügelhaltung ist die Geflügelpest, im Fachjargon hochpatogene aviäre Influenza (HPAI) genannt, festgestellt worden. Zwei weitere Fälle im Bereich Miltenberg kamen hinzu, seit dem 12. November ist auch ein Stall in Landshut in Niederbayern betroffen. Deutschlandweit meldet das Tierseuchen-Informationssystem (TSIS) seit Ende Oktober 21 Ausbrüche in Ställen. Bei zahlreichen Wildgänsen, Schwänen, bei Möwen und in Berlin sogar bei Pelikanen ist die Seuche darüber hinaus sicher als Todesursache nachgewiesen worden. Ganz Mitteleuropa sei betroffen, heißt es beim LGL. Um eine weitere Ausbreitung zu verhindern, seien weit reichende Schutzmaßnahmen nötig, nach denen sich alle Geflügelhalter nun zu halten haben. Ein langer juristischer Text regelt die Vorschriften für den Landkreis Kulmbach.

Wer ist betroffen?

Alle Halter von Hühnern, Truthühnern, Perlhühnern, Rebhühnern, Fasanen, Laufvögeln, Wachteln, Enten und Gänsen bis einschließlich 1000 Tieren. Dabei ist es unerheblich, ob die Tiere als Geflügel oder als Haustier gehalten werden. Für Haltungen von mehr als 1000 Tieren gelten ohnehin besondere Biosicherheitsmaßnahmen.

Was müssen Geflügelhalter beachten?

Die Ein- und Ausgänge zu den Ställen und zu allen Standorten der Tiere sind gegen unbefugten Zutritt zu sichern. Einfach mal Nachbars Enten besuchen geht nicht mehr. Betriebsfremde Personen dürfen nur noch mit betriebseigener Schutzkleidung oder Einwegschutzkleidung in die Ställe. Die Schutzkleidung muss nach Verlassen des Stalls sofort abgelegt werden.

Schutzkleidung muss nach Gebrauch unverzüglich gereinigt und desinfiziert und Einwegschutzkleidung nach Gebrauch unverzüglich unschädlich beseitigt werden.

Nach jeder Einstallung oder Ausstallung von Geflügel oder in Gefangenschaft gehaltener Vögel müssen verwendete Gerätschaften sowie der Verladeplatz gereinigt und desinfiziert werden. Wer seinen Geflügelbestand wechselt, muss vor der Einstallung neuer Tiere den gesamten Stall reinigen und desinfizieren. Das gilt auch für eingesetzte Transportfahrzeuge sowie Maschinen und Gerätschaften. Im Stall muss es die Möglichkeit geben, sich die Hände zu waschen, und es wird eine Einrichtung zum Wechseln von Kleidung und zur Desinfektion der Schuhe verlangt. Da die Übertragung von Influenzaviren bei Geflügel vor allem durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren oder durch Kontakt mit Kot und anderweitig viruskontaminierten Materialien wie etwa Einstreu, Gerätschaften, Schuhwerk oder Schutzkleidung erfolgt, ist es erforderlich, die Haltungen von Geflügel im Landkreis zu schützen.

Ratten und Mäusen müssen Geflügelhalter jetzt den Kampf ansagen. Eine ordnungsgemäße Schadnagerbekämpfung wird gesetzlich verlang. Darüber müssen Aufzeichnungen gemacht werden.

Was ist mit Geflügelmärkten oder Ausstellungen und Schauen?

Die Lokal- und Kreisschau des Geflügelzuchtvereins Neudrossenfeld Anfang November dürfte vorerst die letzte gewesen sein. Die Bezirksschau in Neudrossenfeld, geplant für den 17. und 18. Dezember, wird wohl ausfallen, denn: Ausstellungen, Märkte und Schauen sowie Veranstaltungen ähnlicher Art, bei denen Geflügel (ausgenommen Tauben), verkauft, gehandelt oder zur Schau gestellt werden, sind im Landkreis verboten. Das Verbot sei erforderlich, weil durch den bei solchen Veranstaltungen gegebenen engen Kontakt von Tieren ein nicht abschätzbares Infektionsrisiko besteht und durch Verkauf eine Verschleppung von potenziell infizierten Tieren möglich ist, begründet das Landratsamt seine Entscheidung.

Was ist dem Füttern von Wildvögeln?

Wildvögel, darunter fallen Hühnervögel, Gänsevögel, Greifvögel, Eulen, Regenpfeiferartige, Lappentaucherartige oder Schreitvögel) dürfen jetzt im gesamten Landkreis Kulmbach nicht mehr gefüttert werden. Das Brot bitte jetzt zu Hause lassen.

Und wie sieht es mit den Singvögeln aus?

Viele Menschen füttern mindestens über die kalten Monate, aber oft auch das ganze Jahr über die Vögel in ihrem Garten. Beim Landesbund für Vogelschutz häufen sich die Fragen, ob dieses Fütterungsverbot auch für die Gartenvögel gilt. Der LBV hat eine klare Antwort darauf: Nein! Die Vogelgrippe sei nur für Wasservögel und Hühnervögel gefährlich. Das Rotkehlchen in der Hecke oder der Spatz am Futterhaus spielten als Vektor für das Vogelgrippe-Virus keine Rolle. Deshalb seien keine Einschränkungen nötig.

Was hat zu den neuerlichen Einschränkungen geführt?

Da sind zum einen die Fälle in Bayern. Dazu kommt: Das aktuelle Geflügelpest-Geschehen in Europa sei, wie Oliver Hempfling vom Landratsamt erläutert, nicht mehr an das Zugverhalten von Wildvögeln gebunden, sondern habe sich in der heimischen Vogelpopulation festgesetzt. Auch in Deutschland trete die Geflügelpest nicht mehr nur saisonal auf. Nach der aktuellen zentralen Risikobewertung des LGL müsse von einer großräumigen Seuchenlage ausgegangen werden.

Was sollten Spaziergänger beachten?

Das LGL bittet Bürger, Ansammlungen von toten Wasservögeln dem Veterinäramt zu melden. Eine Ansteckung des Menschen mit dem Erreger über infizierte Vögel oder deren Ausscheidungen in Deutschland sei bislang nicht bekannt geworden. Trotzdem sollten tote oder kranke Tiere nicht berührt und eingesammelt werden. Hunde sollen vom Kadaver ferngehalten werden.

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