Genf - Turnierdirektor Rainer Schüttler war schon zu den French Open und seiner Klientin Angelique Kerber abgereist, als Alexander Zverev nach dem ersten Titel seiner bislang schwierigen Tennis-Saison zu einer kurzen Dankesrede anhob.
Nach harten Wochen mit sportlichen Rückschlägen, Selbstzweifeln und Selbstkritik hat sich Alexander Zverev mit seinem ersten Titel der Tennis-Saison aus dem sportlichen Tief befreit. Bei den French Open wartet jedoch in Runde eins ein unangenehmer Kontrahent.
Genf - Turnierdirektor Rainer Schüttler war schon zu den French Open und seiner Klientin Angelique Kerber abgereist, als Alexander Zverev nach dem ersten Titel seiner bislang schwierigen Tennis-Saison zu einer kurzen Dankesrede anhob.
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Die gläserne Trophäe für den Finalgewinner der "Banque Eric Sturdza Geneva Open" hielt Zverev behutsam in den Händen und suchte auf der Tribüne vergeblich nach dem Turnierchef und Kerber-Trainer. Am vergangenen Freitag um Viertel vor sechs am Abend habe Schüttler ihn angerufen. "Um sechs war die Deadline für die Anmeldung", erzählte Zverev schmunzelnd. Nach Wochen der Selbstzweifel, harter Worte der Selbstkritik und einigen sportlichen Rückschlägen entschied sich der 22 Jahre alte Hamburger kurzfristig für eine Wildcard und einen Turnier-Ausflug nach Genf. Die Spontaneität hat sich gelohnt.
6:3, 3:6, 7:6 (10:8) gewann Zverev im Endspiel gegen den Chilenen Nicolas Jarry. Mit dem wohligen Gefühl eines Turniersiegers darf der Weltranglisten-Fünfte nun zu den French Open wechseln. Dort bekommt er es am Dienstag mit dem Australier John Millman zu tun, der bei den US Open im vergangenen Jahr immerhin Roger Federer bezwungen hatte.
"Das fühlt sich sehr gut an. Mit einem solchen Erfolg nach Paris, das ist sehr wichtig für mich", sagte Zverev nach dem elften Titel seiner Karriere und dem ersten seit seinem Triumph bei den ATP-Finals im vergangenen November. Natürlich hießen Zverevs Gegner in der Schweiz nicht Federer, Rafael Nadal oder Novak Djokovic. Ob sein aktueller Leistungsstand wirklich ausreicht, um beim zweiten Grand Slam der Saison auf dem schwierigen Belag Sand bis weit in die zweite Woche vorzudringen, wird sich weisen.
Aber die Art und Weise, wie Zverev sich seine Titel-Premiere des Jahres 2019 erarbeitete, könnte ihm auch in Roland Garros helfen. Das Finale gegen Jarry begann um 15.40 Uhr, es endete um 21.15 Uhr. Erst nach zwei 90-minütigen Regenunterbrechungen, zwei abgewehrten Matchbällen und gefühlt 37 Debatten mit dem Schiedsrichter über Ballabdrücke und Linienberührungen durfte Zverev jubeln. Mehr erleichtert als euphorisch blickte er nach seiner Marathon-Schicht kurz zum Himmel und setzte sein Knie auf dem roten Bodenbelag ab.
Auch im Viertelfinale gegen Hugo Dellien aus Bolivien (7:5, 3:6, 6:3) und im Halbfinale gegen den Argentinier Federico Delbonis (7:5, 6:7 (6:8), 6:3) stand Zverev jeweils mehr als zwei Stunden auf dem Platz. "Hoffentlich ist er körperlich nicht zu erschöpft. Aber das Selbstvertrauen hat er wieder", meinte Boris Becker als TV-Experte des Senders Eurosport am Sonntag in Paris. "Ich hatte vier harte Matches und vier schöne Siege. Ich hoffe, dass sich das nun auf mein Selbstvertrauen auswirkt", sagte Zverev.
Dieses war zuletzt gelinde gesagt angeknackst. Der Trubel nach der Trennung von seinem Manager Patricio Apey und die Ergebniskrise mit ungewohnt vielen Auftaktniederlagen haben dem 1,98 Meter großen Athleten doch erheblich zugesetzt. Nach dem frühen Aus in Rom gegen den Italiener Matteo Berrettini kritisierte Zverev sich und sein Team mit deutlichen Worten und sprach von unprofessionellem Verhalten. Ex-Profi Tommy Haas attestierte dem Weltranglisten-Fünften gar via Ferndiagnose in der "Sport Bild" einen Hang zur Selbstzerstörung.
Die ersten Reparaturarbeiten sind jetzt gelungen. "Wenn ich anfange, gut zu spielen, mache ich mir keine Sorgen um Titel. Ich weiß, dass ich einer der besten Spieler der Welt sein kann, wenn ich meinen Rhythmus finde. Diese Woche hat mir dabei definitiv geholfen", sagte Alexander Zverev. Und klang dabei auch wieder wie Alexander Zverev.