Silvester in Berlin Angespannte Lage – erste Autos brennen

red/
Im vergangenen Jahr wurden in Berlin Polizisten attackiert. Foto: dpa/Julius-Christian Schreiner

Nach den Ausschreitungen vor einem Jahr steht Berlin zu Silvester besonders im Fokus. Tausende Polizisten sollen eine Eskalation vermeiden. Schon vor dem Jahreswechsel gibt es erste Böller-Randale und Verletzte.

 
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Mit einem Großaufgebot bereiten sich Polizei und Feuerwehr in Berlin auf die Silvesternacht vor. Laut Polizeipräsidentin Barbara Slowik ist es einer der größten Einsätze in den vergangenen Jahrzehnten. Die ohnehin angespannte Situation zum Jahreswechsel hat sich durch den Gaza-Krieg nach dem Terroranschlag der islamistischen Hamas auf Israel noch einmal verschärft. Insgesamt sollen rund 4500 Polizistinen und Polizisten in Berlin im Einsatz sein. Sie sollen dabei auch Feuerwehrleute und Rettungskräfte schützen, die in der Silvesternacht vor einem Jahr massiv angegriffen wurden.

Feuerwehr und andere Hilfsorganisationen wollen mit insgesamt mehr als 1500 Einsatzkräften aktiv sein. Das sind nach Angaben von Landesbranddirektor Karsten Homrighausen etwa dreimal so viele Kräfte wie üblich. Die Feuerwehr werde am Silvesterabend um 19.00 Uhr den „Ausnahmezustand Silvester“ ausrufen. Das heißt, dass unter anderem in der Leitstelle die Personalstärke erhöht wird: Statt 32 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen sollen dort dann 78 tätig sein.

Die Silvesternacht ist nach den Erfahrungen der Feuerwehr die einsatzreichste Nacht des Jahres. Die Helfer rechnen insbesondere in den Bereichen Notfallrettung und Brandbekämpfung mit einem stark erhöhten Notruf- und Einsatzaufkommen. Besonders hohe Gefahr geht von der privaten Verwendung von Feuerwerkskörpern aus.

Vorfälle bei Kontrollen in Neukölln

Dafür haben sich auch die Berliner Kliniken gerüstet. Das Unfallkrankenhaus (UKB) verstärkt in der Silvesternacht nach eigenen Angaben seine OP-Kapazitäten deutlich. „Unser Team der Handchirurgen macht sich schon warm für den OP-Marathon in dieser Nacht in mehreren OP-Sälen“, teilte die Klinik am Sonntag auf der Onlineplattform X (vormals Twitter) mit.

Erste Patienten mussten bereits vor der Silvesternacht behandelt werden: „Da waren‘s auch schon drei…“, so der etwas flapsige Kommentar der Klinik am Sonntagmorgen. Ein weiterer Patient habe am Samstag sofort operiert werden müssen.

Die Polizei teilte dazu mit, ein 40-Jähriger habe beim Zünden einer Signalrakete im Ortsteil Kaulsdorf (Bezirk Marzahn-Hellersdorf) eine Hand verloren. Unmittelbar nach der Zündung sei die Rakete in seiner Hand explodiert. Bei einer Durchsuchung sei weitere Pyrotechnik bei ihm gefunden und beschlagnahmt worden.

Auch erste Randale und Angriffe auf Einsatzkräfte beschäftigen die Polizei. In der Nacht brannten im Stadtgebiet mehrere Autos, die Ermittler gehen von Brandstiftung aus. Die Feuerwehr berichtet von insgesamt neun Einsätzen im Stadtgebiet. Am Freitagabend hatte in Kreuzberg eine etwa 20-köpfige Gruppe unerlaubt Pyrotechnik angezündet und randaliert. Wie die Polizei mitteilte, bedrängte die Gruppe Polizisten, ein Beamter wurde von einem geworfenen Stuhl getroffen.

Weitere Vorfälle registrierten Zivilfahnder und Beamte in Uniform bei Kontrollen in Neukölln. So habe eine Personengruppe am Halleschen Ufer Passanten mit Pyrotechnik beworfen, teilte die Polizei auf X (vormals Twitter) mit. Insgesamt habe es 15 Anzeigen gegeben, 18 Mal sei Pyrotechnik beschlagnahmt worden.

Mehrere Brennpunktbereiche definiert

Aus Sorge vor Straftaten verbot die Berliner Polizei eine für die Silvesternacht angemeldete propalästinensische Demonstration in Neukölln. Zwei parallel geplante Gegenkundgebungen zur Unterstützung Israels wurden daraufhin laut Polizei von den Veranstaltern abgesagt.

Am frühen Sonntagnachmittag soll allerdings eine weitere propalästinensische Demonstration stattfinden. Dazu werden laut Polizei 1000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet.

Die Polizei hat mehrere Brennpunktbereiche definiert: Dazu zählen Nord-Neukölln und Kreuzberg vom Kottbusser Tor über den Hermannplatz bis fast zur High-Deck-Siedlung am Ende der Sonnenallee. Ein weiterer Brennpunkt-Bereich liegt im Süden Berlins, wo es vor einem Jahr die heftigsten Angriffe auf Feuerwehr und Polizei gab.

Zudem gibt es Böllerverbotszonen am Alexanderplatz, im Bereich des Steinmetzkiezes in Schöneberg und auf einem Teil der Sonnenallee sowie in angrenzenden Nebenstraßen. Das Verbot gilt vom Silvesterabend um 18.00 Uhr bis Neujahr um 6.00 Uhr.

Auch am Brandenburger Tor ist privates Feuerwerk verboten. Dort steigt wieder die traditionelle Silvesterparty, die das ZDF live überträgt. Erstmals seit der Corona-Pandemie soll es dabei wieder ein Höhenfeuerwerk geben. Für die Feier an dem Berliner Wahrzeichen gelten scharfe Sicherheitsvorkehrungen. Neu ist in diesem Jahr eine Eintrittsgebühr von zehn Euro. Laut Veranstalter können 65 000 Menschen kommen, am Sonntagmittag waren noch Online-Tickets verfügbar. Wegen der strengen Sicherheitskontrollen riet eine Sprecherin, die Tickets vorab zu kaufen.

Berlin war 2023 besonders betroffen

Wegen der großen Silvesterparty am Brandenburger Tor und auf der Straße des 17. Juni werden die Buslinien 106, 187 und N26 umgeleitet. Wegen der Feier halten auch die U-Bahnline 5 sowie mehrere S-Bahnlinien ab 16.00 Uhr nicht mehr an den Haltestellen Brandenburger Tor und Bundestag, wie die Verkehrsinformationszentrale mitteilte.

Fahrgäste müssen sich aber auch auf Einschränkungen in Kreuzberg und Neukölln einstellen. Nach Angaben der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) werden aus Sicherheitsgründen zahlreiche Haltestellen entlang der Sonnenallee und Richtung Hermannplatz nicht bedient. Das Unternehmen entscheide über das Angebot in der Silvesternacht in enger Absprache mit der Polizei, erklärte ein BVG-Sprecher.

In der Silvesternacht 2022/2023 hatte es bundesweit Ausschreitungen und Angriffe auf Polizisten sowie Rettungskräfte gegeben, besonders betroffen war Berlin. Insgesamt wurden in der Silvesternacht in Berlin etwa 145 Menschen wegen verschiedener Delikte von der Polizei festgenommen. Das bezog sich aber auf alle Formen von Kriminalität und das ganze Stadtgebiet und nicht nur auf die Angriffe auf die Einsatzkräfte. Diese Zahl war zum Teil anfangs von der Polizei missverständlich mitgeteilt worden oder in der Debatte falsch zugeordnet worden.

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