Sonnefeld „Jede Kilowattstunde zählt“

Gastredner Thomas Hamacher plädierte in der Domäne mit seinem Vortrag „Energie für Bayern: eine Herausforderung“ für eine neue Planungsphilosophie. Foto: Lukas Schäfer/Schäfer

Beim Sonnefelder Wirtschaftsgespräch wurde über eine bezahlbare Energieversorgung diskutiert. Dabei sorgte der Gastredner für spannende Impulse.

 
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Die Bezirksgruppe Oberfranken der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) hat kürzlich beim sechsten Sonnefelder Wirtschaftsgespräch in der Domäne über notwendige Maßnahmen diskutiert, um die Transformation der Energieversorgung zu sichern. „Der aktuelle Krisen-Cocktail ist für unsere Betriebe existenzbedrohend“, betonte der Vorstandsvorsitzende der vbw-Bezirksgruppe Oberfranken, Thomas Kaeser, der sich per Videoschalte an der Veranstaltung beteiligte. „Wir müssen jetzt sofort handeln und das Angebot an Energien ausweiten. Dafür brauchen wir alle verfügbaren Energieträger. Die Kernkraftwerke müssen im Dauerbetrieb über den Winter 2023/24 weiterlaufen.“ Der Strom- und Gaspreisdeckel müsse rasch zu spürbaren Entlastungen führen. „Energiesparen ist das Gebot der Stunde“, so Kaeser.

Der Freistaat Bayern will bereits 2040 klimaneutral werden, schneller als der Bund. „Dafür müssen wir von der Windkraft, der Fotovoltaik über die grundlastfähige Wasserkraft bis hin zu Biomasse und Geothermie jede verfügbare Energiequelle in Bayern nutzen“, stellte der Vorsitzende heraus. „So senken wir langfristig auch die Strompreise. Jede Kilowattstunde zählt.“

Entscheidend ist laut vbw die Sektorenkopplung, also eine enge und möglichst reibungslose Verzahnung von Strom- und Wärme- mit dem Verkehrssektor. Kaeser führte aus: „Diese erreichen wir mit einer gemeinsamen und weitsichtigen Systemplanung der Infrastruktur für Strom, Gas und flüssige Energieträger. Nur so kann das Energiesystem der Zukunft resilient aufgestellt werden.“

Aus Sicht des vbw ist die Transformation der Energieversorgung von fossilen zu erneuerbaren Energiequellen eine zentrale Herausforderung unserer Zeit. Die Energiewende biete dabei große Chancen für Innovationen und damit langfristig für Wirtschaftswachstum. Der doppelte Ausstieg aus der Kernkraft und der Kohle, Widerstände gegen den notwendigen Ausbau von Netzen und erneuerbaren Energien sowie die aktuelle Energiekrise verlangten ein schlüssiges Gesamtkonzept, um Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz zu vereinen. Um die Energieversorgung langfristig zu sichern und gleichzeitig die Klimaziele zu erreichen, fordert die vbw einen konsequenten und schnellen Ausbau aller erneuerbaren Energien und Stromnetze.

Als Hauptredner war Thomas Hamacher, Professor am Lehrstuhl für Erneuerbare und Nachhaltige Energiesysteme (ENS) an der Technischen Universität München, zu Gast. Mit seinem Vortrag „Energie für Bayern: eine Herausforderung“ sorgte er für spannende Impulse. „Der Erfolg Bayerns als Wirtschaftsstandort wäre ohne die Kernenergie in den vergangenen Jahrzehnten nicht möglich gewesen“, erklärte Hamacher. „Allerdings wurde es von der Wissenschaft in den vergangenen zehn Jahren versäumt, nicht kontinuierlich darauf hinzuweisen, sich nicht zu abhängig von Putins Gas zu machen.“

Für einen gemeinsamen neuen Weg zur Sicherung und Transformation der Energieversorgung sieht Hamacher drei mögliche Richtungen: die Elektrifizierung des Endenergiesektors (Elektromobilität), die Nutzung von Wasserstoff als Endenergieträger und den deutlichen Ausbau der Fernwärme. „Wir müssen lernen, was sich beim Nutzer verändern muss, um erneuerbare Energien aufnehmen zu können.“

Aus Sicht des Gastredners müsse man die Art und Weise, wie man sich mit Energie beschäftige, lebendiger gestalten. So gebe es keine „natürliche“ Nachfrage nach Energie, die notwendig bedient werden müsse: „Das Zusammenspiel aus Preis, Versorgungssicherheit und Umweltauswirkungen der Energie wird in Zukunft immer mehr über den Verbleib oder die Neuansiedlungen bestimmter Industrien entscheiden. Bayern hat in der Vergangenheit durch kluge Energiepolitik die Grundlage für eine erfolgreiche Industrie setzen können“, erklärte Hamacher. Die Zeit der „einfachen“ Masterpläne sei leider vorbei. „An diese Stelle muss eine ganz neue Planungsphilosophie treten“, so der Experte. „Die Entwicklung dieser Philosophie durch die richtige Digitalisierung von Daten und Planungen zusammen mit einer ehrlichen Bürgerbeteiligung kann die Fortsetzung der Erfolgsgeschichte einleiten.“ Er sei optimistisch, dass man die aktuellen Herausforderungen gemeinsam lösen könne: „Wir sind noch nicht die letzte Generation. Nach uns werden noch einige Generationen kommen.“

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