SPD-Kreisverband Kronach Politik muss ran an die heißen Eisen

Die Glasindustrie ächzt unter explodierenden Energiekosten. Und auch für viele Bürger wird die Stromrechnung zum Problem. Die Kronacher SPD sieht die Lösung im Ausbau von regenerativen Quellen vor Ort und einer schärferen Regulierung.

 
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Die Glashütten am Rennsteig sind energieintensiv und leiden unter den enorm gestiegenen Energiepreisen ganz besonders. Die SPD im Landkreis Kronach will nicht zuletzt auch deshalb die regenerative Energie ausbauen. Allerdings ist man sich auch bewusst: Leicht ist die Energiewende in der Region nicht zu bewerkstelligen. Schließlich liegt ein Großteil der Fläche im Landschaftsschutzgebiet und Naturpark Frankenwald. Foto: NP-Archiv

Kronach - Der Vorstand des SPD-Kreisverbands Kronach hat im Rahmen einer Videokonferenz unter anderem mit Bundestagsabgeordnetem Jörg Nürnberger und dem Landtagsabgeordneten Klaus Adelt über die Chancen der Energiewende diskutiert, insbesondere im Hinblick auf die momentane Kostenexplosion bei Gas und Strom.

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Jörg Nürnberger berichtete daher zunächst, was die SPD-geführte Bundesregierung bisher getan hat, um die Wirtschaft und Bürger zu entlasten und Arbeitsplätze zu sichern. So sei die EEG-Umlage auf Strom zum 1. Januar von 6,5 auf 3,7 Cent pro Kilowattstunde reduziert worden und es werde überlegt, sie im kommenden Jahr ganz abzuschaffen. Stattdessen werde die Förderung der erneuerbaren Energien über Haushaltsmittel des Bundes abgewickelt.

Weiterhin habe die Koalition einen Heizkostenzuschuss für Geringverdiener beschlossen. Dieser komme beispielsweise Empfängern von Wohngeld, Auszubildenden oder Studenten zugute, insgesamt rund 2,1 Millionen Menschen. Es gebe zwischen 135 und 175 Euro.

Unterstützung für Geringverdiener

„Wir müssen die Menschen mit geringen Einkommen vor steigenden Energiepreisen schützen, da sie besonders davon betroffen sind, weil sie sowieso mit den allgemeinen Preissteigerungen zu kämpfen haben und dies nicht einfach ausgleichen können“, forderte Kreisrätin Sabine Gross, die als Justiziarin vom Mieterverein die Sorgen und Nöte vieler Betroffenen kennt. Hier informierte Jörg Nürnberger, dass auch eine stärkere Berücksichtigung bei Hartz IV gerade vom Sozialministerium geprüft werde. Auch SPD-Kreisvorsitzender Ralf Pohl gab dem Bundestagsabgeordneten mit, dass die Energiewende nicht zu weiteren Energiekostensteigerungen führen dürfe, besonders für die Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen wie Rentnern und Arbeitnehmern.

Bei der Diskussion um die aktuell großen Energiepreissteigerungen, von denen die Glashütten in der Rennsteigregion stark betroffen sind, unterstrich Karin Bayer, 2. Bürgermeisterin von Teuschnitz, dass man die Betriebe unbedingt erhalten müsse, weil von deren Arbeitsplätzen die Zukunft der ganzen Rennsteigregion abhänge. Sie unterstütze deshalb auch den Ausbau erneuerbarer Energien wie Photovoltaik vor Ort, weil es durchaus Flächen gebe, die nicht vernünftig landwirtschaftlich genutzt werden könnten und bei denen die Anlagen auch vom Landschaftsbild vertretbar seien. Jörg Nürnberger berichtete, dass er mit dem umweltpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Träger, die Firma Wiegand besucht habe, um direkt vor Ort die Situation sowie mögliche Unterstützung der Unternehmen zu besprechen und in die Fraktionsarbeit einzubringen. Kreisrat Peter Grüdl ergänzte, dass man bei einem weiteren Ausbau auch an die Speicherung der Energie denken müsse, um eine kontinuierliche Versorgung zu gewährleisten.

Ängste und Spekulationen

Bürgermeister Timo Ehrhardt stellte fest, dass es bei den Glashütten aktuell um den sprunghaften Anstieg der Gas- und Strompreise gehe, der vor allem durch die Ukraine-Krise verursacht worden sei. Der Preis sei kein realer Marktpreis, sondern durch Ängste und Spekulation getrieben worden. Der Energiemarkt sei in Deutschland weitgehend liberalisiert und privatisiert sowie bei Strom auch börsengehandelt, so Ralf Völkl.

Die Gasvorräte in Deutschland vor dem Winter hätten 2020 93 Prozent betragen, 2021 aber nur 45 Prozent der Speicherkapazität, weil die Versorger angesichts der gestiegenen Preise ihre Bestände reduziert hätten. Dies sei kontraproduktiv und habe den hohen Ausschlag im Dezember mit verstärkt. Der Anstieg sei also nicht von den erneuerbaren Energien verursacht worden, sondern im Wesentlichen durch die konventionellen Energieträger wie Gas und Öl. Deshalb war man sich im SPD-Kreisvorstand einig, dass hier eine stärkere staatliche Regulierung und Einflussnahme notwendig sei, um solche Ausschläge in Zukunft zu verhindern.

Intensive Gespräche am Rennsteig

Timo Ehrhardt berichtete, dass man seit über einem Jahr intensive Gespräche um den Ausbau erneuerbarer Energien am Rennsteig führe, um den Glashütten die Chance zu geben, ihre Energieversorgung selbst in die Hand zu nehmen und unabhängiger von Gas zu werden. Dies sei allerdings keine einfache Sache, weil ein Großteil der Fläche im Landschaftsschutzgebiet und Naturpark Frankenwald liege. Um diesen Konflikt zu lösen, brauche es neue Rahmenbedingungen oder staatlich unterstützte und genehmigungsfähige Modellvorhaben wie Agri-Photovoltaik, bei der durch eine sprechende Anordnung der PV-Module auch weiter eine landwirtschaftliche Nutzung möglich sei. Sein persönliches Anliegen sei es dabei, den Bürgern vor Ort ebenfalls Beteiligungsmöglichkeiten zu bieten, um preiswerte Energie aus den Anlagen deutlich unter dem jetzigen Marktpreis beziehen zu können. Timo Ehrhardt und MdL Klaus Adelt betonten aber auch, dass man bei der Auswahl und Größe der Flächen auf den Erhalt der landwirtschaftlichen Betriebe vor Ort, die einen wichtigen Beitrag für das Landschaftsbild leisteten, achten müsse.

Standortfaktor regenerative Energie

„Die Erzeugung regenerativer Energie vor Ort wird in Zukunft ein wichtiger Standortfaktor“, unterstrich stellvertretender Kreisvorsitzender Ralf Völkl und verwies darauf, dass ja auch die Glashütten ursprünglich im Frankenwald aufgrund dessen Holzreichtums entstanden seien. Mit nur knapp 20 Prozent erneuerbarem Anteil am Strom müsse der Landkreis Kronach hier aufholen. Kritisch sei, dass im vergangenen Jahr in Bayern aufgrund der 10H-Regel kein einziges neues Windrad beantragt worden sei. Deshalb gelt es, hier die aktuellen Hemmnisse zu erkennen und schnell zu beseitigen, wenn man in Zukunft konkurrenzfähig sein wolle.

Dass die Zeit drängt, unterstrich auch Timo Ehrhardt. Er berichtete aus seiner Erfahrung, dass die Genehmigungsverfahren für Photovoltaik rund zwei bis drei Jahre, bei Windrädern sogar fünf bis acht Jahre in Anspruch nähmen. Die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft habe sich deshalb klar für die sofortige Abschaffung der 10H-Regel im Freistaat ausgesprochen, ergänzte Sabine Gross. Völkl hatte zuvor über den Stand der Energiewende, Technologien und Flächenbedarfe sowie zukünftige Szenarien informiert.

Dächer besser nutzen

Weiterhin diskutierte man im SPD-Kreisvorstand auch darüber, dass vor allem Dachflächen für Photovoltaik genutzt werden müssten, um den Landschaftsverbrauch zu reduzieren und dass man hierfür zusätzliche Anreize schaffen müsse. Schließlich hätten neben den Unternehmen auch die Kommunen viele öffentliche Gebäude, die genutzt werden könnten.