Stadtrat Selb Hickhack um Sichtschutzwand

Um diese Müllcontainer im Hintergrund ging es jetzt im Stadtrat. Sie werden laut Mehrheitsbeschluss hinter einem Sichtschutz verschwinden. Außerdem wird der ganze Hof asphaltiert. Foto: /Florian Miedl

Die Diskussion um eine optische Aufwertung des Parkplatzes im Färbergässchen entwickelt sich zu einer moralischen Frage. Für die Entscheidung braucht der Stadtrat vier Abstimmungen.

 
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Soll die Stadt ihr einst gegebenes Wort halten? Soll sie dafür Geld in die Hand nehmen? Und soll der Hausbesitzer, der davon profitiert, dafür etwas bezahlen? Es war eher eine moralisch-politische und keine baurechtliche Entscheidung, die den Selber Stadtrat in seiner letzten Sitzung im Jahr 2022 umtrieb. Letztlich entschied das Gremium jeweils mehrheitlich, dass der Parkplatz am Färbergässchen asphaltiert wird, dass die Stadt einen Sichtschutzzaun baut, um dahinter fünf große private Abfallbehälter zu verstecken, und dass der Nutznießer die städtische Fläche dafür unentgeltlich nutzen darf.

Zur Ausgangssituation: An der Ostseite des Parkplatzes im Färbergässchen stehen Müllbehälter, die zur Eisdiele „Cortina“ gehören. Wie Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch erläuterte, war dieser Parkplatz vor Jahrzehnten ein privater Bereich. Als die Stadt das Areal kaufte, wurde die Fläche öffentlich gewidmet – und dem Betreiber mündlich zugesagt, dass er seine Mülltonnen dort stehen lassen darf – allerdings gleich rechter Hand an der Einfahrt. Diesen Streifen hat die Stadt aber nun an die Familie Groß verkauft, die das Haus Schlossstraße 1 komplett saniert hat. Und seitdem stehen die fünf 1100-Liter-Müllbehälter hinter dem Haus Martin-Luther-Platz 11.

8000 Euro

Um diesen Anblick zu verschönern, soll nun parallel zur östlichen Grundstücksgrenze ein 1,80 Meter hoher Holzzaun zum Preis von 8000 Euro gebaut werden, hinter der die Müllcontainer stehen können.

Mit dem Sichtschutzzaun wird allerdings der Platz enger, weswegen der Toilettenwagen zum Bürger- und Porzellinerfest nicht mehr hineinmanövriert werden kann. Deswegen müsse, so die Verwaltung, ein WC-Container aufgestellt werden, der mit einem Lastwagen mit Kran aufgestellt wird. Wegen der großen Belastung der Fahrbahnoberfläche empfahl die Verwaltung, den Platz zu asphaltieren – zum Preis von 30 000 Euro. Im Haushalt seien insgesamt 50 000 Euro eingeplant.

WC-Container

Was sich relativ schlüssig anhörte, entwickelte sich zu einer langen Diskussion, die sich immer mehr im Kreis drehte. Walter Wejmelka (SPD) sprach sich für die Asphaltierung aus und konnte auch mit dem WC-Container leben, nachdem ein anderer Standort wohl technisch nicht in Frage komme. Allerdings wollte er wissen, wer der Nutznießer der ganzen Aktion sei. Und schaffe man mit der Sichtschutzwand nicht ein weiteres Problem, da dann dort noch ganz andere Dinge oder Müll abgelagert würden? Zudem war er der Meinung, dass der Nutznießer eine Gegenleistung erbringen sollte, wenn er schon öffentlichen Grund umsonst nutzen dürfe. Ansonsten, so Wejmelkas Befürchtung, würden bald andere Hausbesitzer bei der Stadt um das gleiche Entgegenkommen bitten.

Das sah der OB nicht so. Es handele sich um Container der „Cortina“, die schon immer dort standen und die im eigentlichen Gebäude, das zudem einen neuen Besitzer habe, unmöglich Platz fänden. Der Eigentümer und die Cortina-Betreiber wären der Stadt dankbar, wenn die Container stehen bleiben könnten. Eine Gegenleistung wollte Pötzsch nicht einfordern. „Wir stehen hier im Wort aufgrund eines Versprechens aus der Vergangenheit.“ Und an dieses einmal gegebene Wort sollte sich die Stadt halten, auch wenn keiner der heutigen Mandatsträger damals im Amt war.

Signalwirkung

Keine Bedenken wegen des Zauns hatte Roland Schneider (Freie Wähler Selb). Aber auch er sah Hauseigentümer und Mieter in der Pflicht, einen Teil der Kosten zu tragen oder eine Art Pacht zu zahlen. „Wir machen da ein Fass auf. Und wenn morgen der nächste kommt?“, schloss er sich Wejmelka an.

Dem hielt Pötzsch entgegen, dass es nicht um eine Verpachtung oder Duldung eines Grundstückes, sondern lediglich um eine optische Aufwertung der Gegebenheiten gehe.

Auch das Ehepaar Susanne und Hellmuth Groß, dem der Stadtrat das Wort erteilte, sahen den Sichtschutz kritisch, wiewohl sie die „Cortina“ unterstützen. Sie befürchten allerdings, dass hinter dem Sichtschutz von anderen Personen Müll abgelagert werden könnte und das Ganze zu einer Schmuddelecke verkomme. Es sei zudem Sache des Besitzers, sich um die Unterbringung der Müllcontainer zu kümmern.

Gesprächsrunde

Wolfgang Kreil (CSU) schlug vor, die ganze Angelegenheit in einer weiteren Gesprächsrunde zu klären, um ein Konzept zu finden, das alle befriedigt. Das wiederum wollte OB Pötzsch nur ungern, denn seiner Meinung nach ergebe eine weitere Gesprächsrunde keine neuen Erkenntnisse.

Um die sich im Kreis drehende Diskussion zu einem Ende zu bringen, beantragte Klaus von Stetten (Aktive Bürger) dann die Abstimmung. Diesem Antrag stimmten 17 der 25 Stadträte zu, woraufhin das Gremium über das eigentliche Thema abstimmte: Für die Asphaltierung sprachen sich 24 Stadträte aus, für den Sichtschutz 20 und für die unentgeltliche Nutzung durch das Aufstellen von fünf Müllcontainern 16 Stadträte.

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