Stammzellenspender Fußballer und Lebensretter

Esther Bauerle
Niklas Rüde im Klinikum Dresden: Der damals 18-jährige spendet Stammzellen während er sich Fast and Furious anschaut. Foto:  

Interview Erik und Merza aus dem Hofer Land sind nur zwei von Tausenden Erkrankten, die auf eine Stammzellspende warten. Niklas Rüde hatte schon mal die Chance, einem Menschen das Leben zu retten.

 
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Am 26. März plant der TSV Köditz eine Registrierungsaktion bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS). Mit ihr wollen sie unter anderem einen Stammzellspender für Erik und Merza finden – und deren Leben retten. Niklas Rüde durfte vor fünf Jahren Stammzellen spenden. Der 22-Jährige spielt beim TSV Köditz Fußball und trainiert dort die Jugend. Er ist Student und Einzelhandelskaufmann.

Hand aufs Herz, Herr Rüde, auf einer Skala von 1 bis 10: Wie sehr hat es weh getan?

 Null. Außer einem kleinen Piks habe ich nichts gespürt. Von Schmerz kann nicht die Rede sein.

Wie kamen Sie zum Spenden?

 Seit Anfang 2018 bin ich bei der DKMS registriert – da war ich 17 Jahre alt. Es gab damals einen Aufruf zur Registrierung auf meiner alten Schule. Da habe ich direkt mitgemacht. Ich helfe, wo ich kann.

Die DKMS hat Sie später als Spender auch betreut. Lief da alles glatt?

Ja – die sind auf Zack. Von der Buchung des Hotels bis zur Nachbetreuung hätten sie nichts besser machen können.

Als Sie von der DKMS den Anruf bekamen, Sie kämen als Spender infrage. Wie war das für Sie?

Ich war überrascht, das ging ruckzuck. Ich weiß noch, dass ich damals auf der Weihnachtsfeier meiner Arbeit war. Mein Handy hat gebimmelt und es hieß: „Sie sind in der engeren Auswahl der potenziellen Spender. Können Sie sich vorstellen, Stammzellen an ihren genetischen Zwilling zu spenden?“ Ich habe sofort zugestimmt – ich würde die Chance bekommen, ein Leben zu retten.

Wie ging es nach dem Anruf weiter?

Ich habe einen Brief von der DKMS erhalten, in dem mir alles erklärt wurde. Zuerst bin ich zum Arzt gegangen und habe mir fünf Ampullen Blut abnehmen lassen – der Arzt hat noch ein erweitertes Blutbild gemacht. Nach der Auswertung war klar: Meine Stammzellen kommen infrage. Wenige Wochen und einen Gesundheitscheck später bin ich nach Dresden gereist. Dort befindet sich die entsprechende Klinik.

Mussten Sie sich auf die Spende vorbereiten?

Ich habe ein Medikament bekommen, das die Produktion von Stammzellen anregt. Das musste ich mir knapp eine Woche vor dem Termin zweimal täglich spritzen. Anfangs hat es Überwindung gekostet, aber dann ging es. Und ich sollte viel Wasser trinken.

Dann kam er, der Tag der Spende.

Ja, nach einem Vorgespräch haben die Ärzte mich an einen Zellseparator angeschlossen: Ein Zugang am rechten Arm und einer am linken. Am linken Arm wurde das Blut raus und in den Separator gepumpt. Über den Zugang am rechten Arm wurde das gefilterte Blut zurück in meinen Körper geführt – wie bei einer Dialyse. Meine Spende war peripher, im Vergleich zur Stammzellentnahme aus dem Beckenkamm, war also kein operativer Eingriff nötig. Neben mir war ein Junge in meinem Alter, der auch zur Spende angereist war. Wir hatten in unseren Betten gelegen und uns auf den Film „Fast and Furious 4“ geeinigt – den Film konnte ich gar nicht zu Ende schauen – 1.5 Stunden dann war ich fertig. Normalerweise dauert das bis zu vier Stunden.

Wie ging es Ihnen nach der Spende?

Keine Kopfschmerzen, kein Schwindelgefühl – nichts. Mir ging es gut und die Erfahrung war überwältigend: Es war wie ein inneres Lächeln – ich hätte schließlich jemanden das Leben retten können.

Sie sagen, Sie hätten ein Leben retten können. Konnten Sie das nicht?

Zwei Jahre nach der Stammzellspende habe ich einen Brief von der DKMS erhalten – sie haben mich darüber informiert, dass der Empfänger verstorben ist. Ich weiß nur, dass er 40 Jahre alt war und meine Stammzellen den weiten Weg zu ihm nach Amerika auf sich genommen haben.

Weiter wissen Sie nichts über den Empfänger?

Nein – die Spende verläuft anonym. Um sich kennenzulernen müssen beide, also Spender und Empfänger, einverstanden sein. Bei uns blieb es anonym – in meinem Fall zum eigenen Schutz, falls seine Familie mich für den Tod verantwortlich machen würde.

Machen Sie sich denn dafür verantwortlich?

Nein. Meine Stammzellen hätten ihm helfen können, haben sie leider nicht, schätze ich. Einen genauen Grund kenne ich nicht. Traurig hat es mich schon gemacht – bis dato bin ich fest davon ausgegangen, dass ich jemanden das Leben retten konnte.

Angenommen, Sie würden heute einen Anruf erhalten und wieder für eine Spende infrage kommen: Würden Sie es ein zweites Mal machen?

Definitiv. Jederzeit. Vielleicht klappt es im zweiten Anlauf, ein Leben zu retten. Ich habe auch einen Organspendeausweis. Um Menschen helfen zu können, bin ich zu allem bereit. Ich möchte mit meiner Erfahrung Ängste nehmen und jedem ans Herz legen: Lasst euch registrieren!

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