Stichwahl Kulmbacher Türken schweigen zu Erdogan

Gabriele Fölsche
Bei der Stichwahl in der Türkei am Wochenende wird es spannend. Im ersten Durchgang konnte keiner der beiden Präsidentschaftskandidaten die absolute Mehrheit erringen. Foto: dpa

Erdogan oder Kilicdaroglu: Die Wahlen in der Türkei sind auch in Kulmbach Thema. Darüber reden will derzeit allerdings niemand.

 
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Mit großem Interesse blicken viele Kulmbacher auf die Stichwahl in der Türkei am kommenden Wochenende. Am 28. Mai heißt es: Erdogan gegen Kilicdaroglu. Doch wenn es darum geht, mit türkischen Bürgern zu sprechen, die in Kulmbach leben, halten sich alle zurück. Selbst bei gegenseitigen Besuchen zwischen den Partnerstädten Bursa in der Türkei und Kulmbach wird Politik ausgeklammert.

Das Berufliche Schulzentrum in Kulmbach pflegt seit mehr als 30 Jahren eine Partnerschaft zur Tophane Endüstri Meslek Lisesi, einer beruflichen Schule in Bursa. Bursa ist eine der Partnerstädte von Kulmbach. Schüler und Lehrer beider Schulen besuchen sich im zweijährigen Rhythmus gegenseitig. „Unsere Schüler absolvieren in der Türkei Betriebspraktika aber auch der kulturelle Austausch ist bei dieser Maßnahme wichtig“, sagt Battistella. Auch ein umfangreiches Besichtigungs- und Kulturprogramm ist fester Bestandteil. An dieser Maßnahme können alle Schüler des Beruflichen Schulzentrums teilnehmen.

Erst im vergangenen Jahr besuchten Vertreter der beiden beruflichen Schulen mit Beiratssprecher und Schulleiter Alexander Battistella an der Spitze die berufliche Schule in Bursa, um ihre künftigen Austauschprogramme zu besprechen. Auf Einladung seines Amtskollegen Alinur Akdas reiste damals auch Oberbürgermeister Ingo Lehmann mit die die Partnerstadt. „Wenn wir zu Besuch sind, klammern wir Politik generell aus. Wir begegnen uns auf fachlicher Ebene. Sei es die Schulverwaltung oder die Austauschschüler“, erläutert Alexander Battistella. Die Schüler sind in der Türkei privat bei Familien untergebracht. Sie arbeiten, je nach ihrer Fachrichtung, in entsprechenden Partnerbetrieben. Schreiner bei den Schreinern oder Metaller bei den Metallbauern.

Und auch wenn das Thema Politik bei den Besuchen ausgeklammert bleibt, spricht Schulleiter von tollen Begegnungen und Erlebnissen in der Partnerstadt. Warum über Politik nicht gesprochen wird, erklärt Battistella so: „Wenn ich in Bursa zu Gast bin, kann ich mir nicht herausnehmen, die Türken zu belehren oder mich einzumischen.“

Das Spannende, so der Schulleiter, das mache die Begegnungen so wichtig, sei der bilaterale Austausch. Dass nicht nur Kulmbacher einseitig in die Türkei fahren, sondern dass junge Türken auch nach Kulmbach kommen. Der Schulleiter betont: „Wenn die Türken zu uns kommen, wollen wir natürlich Demokratie und Freiheit vorleben.“

Dass die in Deutschland lebenden Türken als Hochburg für Recep Tayyip Erdogan gelten, ist hinlänglich bekannt. Aber wie hat Bursa gewählt? 2.367.412 Bürger von Bursa sind wahlberechtigt. An der Wahl vor gut einer Woche haben sich 90,92 Prozent beteiligt. 51,7 Prozent der Stimmen fielen auf Erdogan, 40,61 Prozent auf seinen Herausforderer Kemal Kilicdaroglu. Nur zwei der Wahlbezirke hat der Herausforderer gewonnen. Im großen Rest lag Erdogan vorn. Es wird wohl keine große Überraschung werden, wie sich Bursa jetzt in der zweiten Runde mehrheitlich entscheidet.

Wie die türkischstämmigen Kulmbacher wählen, wird nirgendwo zu erfahren sein. Für ganz Bayern gibt es zwei Wahllokale, eins in München, das andere in Nürnberg. Dort werden alle Stimmen gezählt und nicht in Regionen aufgeteilt. Rund zwei Drittel der in Deutschland lebenden Türken hatten sich im ersten Wahlgang für Erdogan ausgesprochen und damit viel mehr als der Amtsinhaber in der Türkei an Zuspruch erhalten hat.

In Kulmbach wollten sich Vertreter der Türkischen Gemeinde zu ihrer politischen Einstellung nicht äußern und auch nicht sagen, welchen der beiden Kandidaten sie befürworten. Serkan Uzun, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde, will sich weder privat noch im Namen seiner Vereinigung zu politischen Themen äußern, sagte er gegenüber unserer Zeitung. Das gleiche Resultat ergab sich bei einem Versuch einer Straßenumfrage. „Das ist mein Wahlgeheimnis“, hat einer der Befragten gesagt. Andere gingen einfach wortlos weiter.

Dann noch ein Anlauf, diesmal bei türkischen Geschäften. Doch auch dort halten sich die Inhaber bedeckt. „Dazu sage ich nichts“, erklärt eine Frau in einem Lebensmittelgeschäft. Ihr Mann verweist darauf, dass er nicht genug Deutsch spricht.

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