Streit um Erhöhung 86 Cent und Hadern in der CDU - scheitert Rundfunkbeitrag im Osten?

Von Anna Ringle und Franziska Höhnl,
Markus Kurze, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt und Vorsitzender der Arbeitsgruppe Medien der CDU-Landtagsfraktion, gibt nach der Sitzung des Medienausschusses ein Interview. Im Streit um den Rundfunkbeitrag ist ein vorzeitiges Aus der schwarz-rot-grünen Koalition in Sachsen-Anhalt vorerst abgewendet. Foto: dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

Für ARD, ZDF und Deutschlandradio ist er die Haupteinnahmequelle: Ob der Rundfunkbeitrag zum 1. Januar 2021 um 86 Cent steigt, ist weiter unklar. Sachsen-Anhalt ist das Zünglein an der Waage - und spielt bei der Entscheidung wegen eines Koalitionsstreits auf Zeit.

 
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Magdeburg - Die geplante Erhöhung des Rundfunkbeitrags zum 1. Januar 2021 steht wegen eines drohenden Vetos in Sachsen-Anhalt für ganz Deutschland weiterhin auf der Kippe. Der Medienausschuss im Magdeburger Landtag vertagte eine wegweisende Beschlussempfehlung auf nächsten Mittwoch (9. Dezember). Hintergrund ist ein Streit in der schwarz-rot-grünen Koalition. Die Empfehlung gilt als richtungsweisend für die geplante abschließende Abstimmung im Landtag Mitte Dezember. Bislang sieht es so aus, dass CDU und AfD als Gegner der Erhöhung von 17,50 Euro auf 18,36 Euro eine Mehrheit bilden könnten - mit Konsequenzen für alle anderen Bundesländer.

Der Staatsvertrag kann nur mit einem einstimmigen Votum aller Länder in Kraft treten, und zudem nur dann, wenn bis Ende Dezember alle Parlamente entschieden haben. Weicht nur ein Land ab, tritt die Änderung im Staatsvertrag nicht in Kraft - es bleibt dann bei 17,50 Euro monatlicher Rundfunkbeitrag. Der Vertrag wäre dann vom Tisch und müsste theoretisch wieder neu verhandelt werden. Sachsen-Anhalt gilt entgegen der anderen Länder als Wackelkandidat. Die meisten haben schon zugestimmt oder haben signalisiert, es zu tun. Im Falle, dass die 18,36 Euro blockiert werden ist damit zu rechnen, dass Sender vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.

Koalition wackelt vor Landtagswahl

Mit der Vertagung im Medienausschuss gewinnt die schwarz-rot-grüne Koalition zugleich Zeit, um in einem erbitterten Streit um die Beitragshöhe noch einen Ausweg zu finden. Ein vorzeitiges Aus der Koalition wurde damit vorerst abgewendet. Im nächsten Jahr stehen Landtagswahlen an. Die CDU will gegen den Beitrag stimmen - SPD und Grüne sind dafür. Einigen sie sich nicht, gilt ein getrenntes Votum im Medienausschuss als wahrscheinlicher Anstoß für ein vorzeitiges Ende der Koalition. Ein mögliches CDU-AfD-Veto im Landtag empfinden andere Parteien auf Bundesebene zugleich als Dammbruch der CDU nach rechts.

Es liegen nun mehrere Vorschläge der Koalitionsfraktionen auf dem Tisch. Sie reichen von Zustimmung zu 18,36 Euro verbunden mit einem Beschluss, der die Landesregierungen auffordert, sich mit Strukturfragen der öffentlich-rechtlichen Sender zu befassen. Dieser Vorschlag kommt aus der SPD-Fraktion. Am anderen Ende des Spektrums ist der CDU-Vorschlag: Die Landesregierung soll den Gesetzentwurf für den Staatsvertrag zurückziehen - das käme einem Veto gegen 18,36 Euro gleich, nur, dass der Landtag dazu überhaupt nicht abstimmen müsste. Die CDU will zudem auf ein Ergänzungsgutachten und Nachverhandlungen hinwirken, ob wegen der Corona-Pandemie eine Abweichung von den 18,36 Euro als geboten erscheint. Nachverhandlungen erteilten mehrere andere Bundesländer aber bereits eine Absage.

Ob die Kenia-Koalition noch zusammenfindet, ist fraglich. Bisherige Versuche waren gescheitert. Der medienpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Markus Kurze, antwortete zudem direkt nach der Medienausschusssitzung auf die Frage der Deutschen Presse-Agentur, ob er bereits jetzt ausschließen könne, dass er in der nächsten Woche möglicherweise für eine Beitragserhöhung stimmen würde, mit: «Ja.» Die CDU beruft sich in ihrer Haltung auf den Koalitionsvertrag, in dem von Beitragsstabilität beim Rundfunkbeitrag die Rede ist. Dieses Wort wird von den Koalitionspartnern unterschiedlich definiert.

Erste Steigerung seit 2009

Der Beitrag würde mit 18,36 Euro seit 2009 erstmals wieder steigen. Eine unabhängige Kommission - KEF genannt - hatte das Beitragsplus von 86 Cent errechnet. Bei der Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Sender wird eine Finanzierungslücke von rund 1,5 Milliarden Euro zwischen 2021 und 2024 vorhergesagt. ARD, ZDF und Deutschlandradio, für die der Rundfunkbeitrag die Haupteinnahmequelle ist, melden in Abständen bei einer KEF ihren Bedarf an. Das per Staatsvertrag eingesetzte Gremium prüft dann auf Sparsamkeit - und streicht auch einiges weg. Die Sender hatten einen rund doppelt so hohen Bedarf angemeldet. Hätten die KEF-Experten das akzeptiert, wären 19,24 Euro herausgekommen. In die Berechnungen fließen zum Beispiel Kosten für Programminhalte ein, Anpassungen von Tarifgehältern und auch Pensionen spielen eine Rolle.

Die Länder orientieren sich bei ihrer Entscheidung zum Rundfunkbeitrag an der KEF-Empfehlung. Abweichungen sind generell laut bisheriger Rechtssprechung nur in eng gestecktem Rahmen möglich.

Die Einnahmen wuchsen im Jahr 2019 leicht. Rund 8,07 Milliarden Euro kamen zusammen - rund 60 Millionen mehr als noch 2018 (plus 0,7 Prozent), wie der Beitragsservice im Sommer mitgeteilt hatte.

Die Zahl der Beitragskonten stieg im vergangenen Jahr auf rund 46,1 Millionen an. 2018 waren es 45,8 Millionen gewesen. Die Masse davon sind knapp 40 Millionen Wohnungen. Rundfunkbeiträge müssen aber ebenso Betriebe bezahlen, auch für ihre Fahrzeuge. Hotels und Ferienwohnungen sind ebenfalls gelistet.

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