„Hosen runterlassen“
„Wir drücken uns nur um eine Entscheidung herum“, meinte SPD-Fraktionsvorsitzender Peter Gräf. „Ich habe den Eindruck, dass sich bei den Antragstellern keine neuen Kompromissmöglichkeiten ergeben, auch wenn wir nochmal warten.“ Das letzte Wort hätten die Investoren. Bürgermeister Stefan Göcking sagte in der öffentlichen Sitzung nur einen Satz: „Irgendwann müssen wir die Hosen runterlassen.“ Am Tag nach der Sitzung zeigte er sich jedoch zu einer ausführlichen Stellungnahme bereit (siehe unten stehenden Artikel).
Bei der Abstimmung darüber, die Entscheidung weiter hinauszuschieben, votierten Göcking, sechs SPD-Rätinnen und -Räte sowie Martina von Waldenfels (CSU) gegen den UPW-Antrag. Dafür, den Punkt von der Tagesordnung zu nehmen, stimmten alle sechs Vertreter der UPW, vier CSU-Räte sowie Lukas Nickel von der SPD und der fraktionslose Stadtrat Roland Kastner. Nach der Abstimmung pochte Göcking darauf, im Protokoll festzuhalten, dass er gegen den Antrag der UPW gestimmt habe. Dem schlossen sich auch weitere SPD-Rätinnen und Räte an.
Kommentar: Die Taktik geht vermutlich nicht auf
Von Christl Schemm
Im Grunde ist es Feigheit. Wenn UPW und CSU mit ihrer Mehrheit im Arzberger Stadtrat nun schon zum zweiten Mal verhindern, dass das Gremium sich für oder wider den Bau einer PV-Freiflächenanlage in der Nähe des Stadtteils Seußen entscheidet, tun sie niemandem einen Gefallen: weder den Investoren, die endlich bauen wollen, noch der Stadt Arzberg, noch sich selbst. Denn die Taktik, zunächst eben nicht als Verhinderer dastehen zu wollen, wird vermutlich nicht aufgehen. Wer ein bisschen mit der Materie vertraut ist, erkennt das Kalkül, das eigentlich hinter der Verschieberei steht: Zeit gewinnen. Denn im Grunde wollen weder UPW noch CSU den Bau weiterer Solarparks auf bislang als Felder und Wiesen genutzten Flächen zulassen. Der Katalog für einen vermeintlichen Kompromissvorschlag, den die UPW hierzu vorgelegt hat, spricht Bände. Ginge es danach, würde vermutlich nie wieder eine PV-Freiflächenanlage im Arzberger Stadtgebiet gebaut. Ein eigentlich unter den drei Fraktionen geplantes Treffen, um einen gemeinsamen Kriterienkatalog zu erarbeiten, hat nie stattgefunden. Die Annahme von UPW und CSU, sich mit der erneuten Vertagung des Beschlusses über den Solarpark Zeit zu erkaufen und die Eigentümer von Grundstücken in irgendeiner Form noch beeinflussen zu können, ist ein waghalsiges und durchsichtiges Manöver. Es ist kein Geheimnis, dass die SPD – jedenfalls in ihrer Mehrheit – hinter dem Bau von PV-Freiflächenanlagen steht, um im Sinne der Energiewende Strom vor Ort zu erzeugen, unabhängiger von Energielieferungen aus dem Ausland zu werden, den CO2-Ausstoß zu reduzieren und die Attraktivität für Betriebsansiedlungen zu erhöhen. Hingegen verweisen die Vertreter von CSU und UPW bei diesem Thema darauf, dass landwirtschaftlichen Flächen weiterhin für die Landwirtschaft zur Verfügung stehen und dort Lebensmittel erzeugt werden müssten und dass PV-Freiflächenanlagen der Optik des Stadtbilds schadeten – ein ideologischer Dissens, der offenbar zurzeit nicht ausgeräumt werden kann. Es ist jammerschade, dass der Arzberger Stadtrat seit geraumer Zeit oftmals nur noch unter großen Geburtswehen zu einvernehmlichen Entscheidungen gelangt und die Stimmung häufig von Misstrauen und Vorwürfen geprägt ist. Klar, man kann unterschiedlicher Meinung sein. Aber im Falle des Solarparks wäre es ehrlicher, wenn diejenigen, die dieser Meinung sind, sagen würden: Wir wollen das nicht – und dafür auch die Konsequenzen in Kauf zu nehmen.