Studierenden-Projekt Afrika bleibt im Kopf – und in der Seele

Beim Besuch eines Waisenhauses in Kapstadt lernten Sven Junker (Dritter von links), Yara Zimmermann, Jannis Kolb und Katharina Wallis (gebückt) den Alltag der Kinder kennen. Gemeinsame Spiele machten beiden Seiten viel Freude. Foto: red

Junge Oberfranken vor Ort: Wie leben Kinder und Jugendliche in den Elendsvierteln von Südafrika?

 
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Es sind Momente seines Südafrika-Aufenthalts, die Jannis Kolb nicht mehr vergessen wird. Als er zusammen mit den weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmern des gemeinsamen Innovationsprojekts der Universität Bayreuth und der Stiftung „Chance Jugend“ von Heribert und Barbara Trunk ein Waisenhaus besuchte, war er zunächst erschüttert. Die Bedingungen, in denen Kinder hier aufwachsen, seien bestürzend, berichtet der 24-Jährige, der Digitalisierung und Entrepreneurship an der Universität Bayreuth studiert. Karge Räume, kaputter Boden, an jenem Tag fehlte auch noch Spielzeug. Diebe hatten es gestohlen. Doch mit der Zeit wich bei den Gästen aus Deutschland die Traurigkeit. „Die Fröhlichkeit, die Lebensfreude der Kinder war so ansteckend – einfach unglaublich. Die Kleinen haben mit uns gespielt und getanzt. Es war sehr bewegend, wie sie uns am Ende mit glücklichen Gesichtern verabschiedet haben“, blickt Jannis noch heute mit einem Leuchten in den Augen zurück.

Der Besuch in dem Waisenhaus war eine von zahlreichen Stationen, die das mehrköpfige Projektteam in Südafrika absolvierte. Eingeladen hatte die Gruppe der Bamberger Unternehmer Heribert Trunk, der mit seiner Stiftung „Chance Jugend“ seit vielen Jahren benachteiligte Jugendliche in Deutschland, aber auch in Afrika unterstützt. Trunk ist mit seiner Stiftung Praxispartner des Projekts „Impact Startup Clinic“, das von Eva Jakob, Juniorprofessorin für Social Entrepreneurship an der Universität Bayreuth, initiiert und begleitet wird. Unter Social Entrepreneurship versteht man unternehmerisches Denken und Handeln zum Wohle der Gesellschaft und zur Behebung oder Verbesserung gesellschaftlicher Missstände.

Grundsätzlich geht es darum, zukunftsträchtige Geschäftskonzepte zu entwerfen, die sowohl wirtschaftlich tragbar sind als auch soziale und und ökologische Wirkung entfalten. Im konkreten Fall hatten die Studierenden die Aufgabe, Geschäftsmodelle zu erarbeiten, die gemeinnützigen Organisationen helfen, die Spendenbereitschaft von Menschen unter 40 Jahren zu steigern. Yara Zimmermann, die wie Jannis Kolb, Katharina Wallis und Sven Junker dem Team „Donate What Matters“ (Spenden, worauf es ankommt) angehört, sagt, Studien hätten ergeben, dass diese Altersgruppe bislang noch relativ wenig spende, obwohl viele finanziell durchaus gut ausgestattet seien.

Das Bayreuther Quartett arbeitet seit einiger Zeit an einer digitalen Spendenplattform für gemeinnützige Organisationen, die für eben jene Zielgruppe konzipiert ist. Jannis Kolb erklärt, Transparenz sei dabei besonders wichtig. Die Spender sollen bestimmen können, in welches konkrete Entwicklungsprojekt sie investieren wollen und darüber dann auch im Detail informiert werden. Dadurch wird sichtbar, was mit der Spende bewirkt werde, so der Ansatz der Bayreuther Gruppe. Als Plattformbetreiber stehe man ebenso wie die gemeinnützigen Organisationen wiederum in der Verantwortung zu gewährleisten, dass die Unterstützung auch tatsächlich dort ankommt, wo sie vorgesehen ist. Aktuell feilen Kolb & Co auch noch an einem ökonomisch tragfähigen Gebührenmodell.

Trunk, der als Mentor die Studierenden berät, sagt: „Als Unternehmer ist man immer wieder gefordert, Nischen zu finden, neue Märkte zu erschließen. Dieses Denken hilft auch bei sozialen Projekten.“ Ihm und seiner Frau sei es wichtig gewesen, dass die von ihm ausgewählte Gruppe „Donate What Matters“ aber nicht nur ein theoretisches Konzept entwirft, sondern hautnah miterlebt wie die Arbeit ihrer Stiftung in Südafrika aussieht. „Es reicht nicht, aus der Ferne über Afrika und Entwicklungshilfe zu sprechen. Wir wollten ihnen zeigen, wie die Lage vor Ort ist und welche Herausforderungen damit verbunden sind.“

Und so organisierte der gut vernetzte Chef des Bamberger Unternehmens Bilog und frühere Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) für Oberfranken ein einwöchiges straffes Programm. Sein junges Uni-Team war in der Provinz Westkap mit Kapstadt als Zentrum unterwegs. Südafrika hat zwar verglichen mit dem Rest des Kontinents eine große Wirtschaftskraft, aber die Kluft zwischen armen und reichen Menschen ist immer noch groß. Etwa die Hälfte der Bevölkerung lebt Statistiken zufolge in Armut. In Städten wie Kapstadt herrscht in den Elendsvierteln, den sogenannten Townships, bittere Not. Auch weist Südafrika eine der höchsten Aids-Raten der Welt auf.

Besucht haben die Studierenden aus Bayreuth unter anderem ein Jugend-Fußballturnier in einem Township und die Jakes Gerwel Technik School in Bonnievale, die jungen Menschen technische und handwerkliche Kompetenzen vermittelt. Sehr beeindruckt hat die Bayreuther Gruppe auch das Projekt „Hope Cape Town“des deutschen katholischen Geistlichen Stefan Hippler. Er und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter helfen aidskranken Kindern und sozial schwachen Familien dabei, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

Katharina Wallis und Yara Zimmermann, die ebenfalls Digitalisierung und Entrepreneurship in Bayreuth studieren, haben nach eigener Auskunft in kurzer Zeit viel über Entwicklungshilfe gelernt. Hilfe zur Selbsthilfe – das sei der Kernpunkt, sagen beide rückblickend. „Entscheidend ist es, in Menschen zu investieren, ihnen Perspektiven zu geben“, betont Wallis. Und Zimmermann fügt hinzu, ihr sei noch viel deutlicher bewusst geworden, dass Deutsche und Europäer in einer „sehr privilegierten Welt leben“. Das wisse sie nun noch mehr zu schätzen. Jannis Kolb imponiert das große Engagement von Persönlichkeiten wie Pfarrer Hippler. Während manche nur nörgeln und klagen würden diese Menschen mutig die Probleme anpacken, so Kolb. „Sie zeigen, dass man auch unter schwierigen Bedingungen etwas erreichen und das Leben der Menschen verbessern kann .“

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