Symbolisch Die Hofer feiern den Schlappentag – trotzdem

, aktualisiert am 31.05.2021 - 20:00 Uhr

800 Mal haben die Krebsbacker schon den Weckruf geblasen – dieses Jahr zum ersten Mal ohne großes Publikum. Gefeiert wird trotzdem: In den Biergärten ist einiges los. Die Schlappen-Schmeiß-Challenge gewinnt Robert Hager mit 31,5 Metern.

 
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Hof - „Das Parkticket läuft heute ab, aber ich hoffe ja, dass ich wieder eines ausgestellt bekomme“, sagt Dieter Gelbrich am Montagmorgen mit einem breiten Schmunzeln im Gesicht. Seit 2019 ist er amtierender Schlappenkönig, darf qua Amt bis zum nächsten Schlappentag frei parken in der Stadt. Und am Vormittag bekommt er offiziell die Bescheinigung: Er kann sein Auto für die kommenden zwölf Monate wieder kostenfrei abstellen auf den öffentlichen Parkflächen der Stadt. Oberbürgermeisterin Eva Döhla überreicht ihm im Rathaus die Plakette, „mit frischer Tinte, gültig bis zum 30. Mai 2022“. Und der König freut sich mit Wehmut und Schalk im Nacken: „Ich hoffe, dass nächstes Jahr wieder ein normales Schlappenschießen stattfindet. Damit ich wieder gewinnen kann.“ Der Schlappentag 2021 ist anders als alle anderen zuvor – und das liegt nicht nur daran, dass es den ganzen Vormittag lang kein Bier gibt.

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Normalerweise setzen die Blasmusiker der Krebsbacker schon morgens um 5.30 Uhr zum ersten Mal Trompete und Co. an die Lippen: Der Weckruf holt die Honoratioren der Stadt seit Generationen aus dem Bett. „Wir haben in den vergangenen 20 Jahren 800 Weckrufe gespielt“, sagt Ingo Schlötzer. Der für 2021 aber ist anders: Statt in Blaskapellen-Stärke sind die Krebsbacker nur als Trio unterwegs an diesem Tag, gespielt wird zum ersten Mal vormittags am Schießhäuschen. Dort haben sich die Offiziellen versammelt, um den Tag einzuläuten.

Schützen und Stadt, Brauer und Handwerker haben jeweils ganz wenige Vertreter entsandt, um offiziell den Startschuss für den Tag zu geben. Stellvertretend für alle Hofer haben sie Wärschtlamo Cetin Samat in ihre Mitte genommen: Er nimmt, als Vertreter seiner Zunft im Jubiläumsjahr, das Ständchen entgegen. Vor dem Schlappenschützen-Denkmal am Schießhäuschen posieren dann alle für Film- und Fotoaufnahmen einer ziemlich großen Medienschar. Die Bilderfreude wird nur immer dann getrübt, wenn wieder ein Auto auf den Parkplatz dort rollt. Denn irgendwie ist heute nicht nur Schlappentag, sondern für die allermeisten Menschen ein ganz normaler Montag. Und dort, wo sonst Biergarten und Festzelt stehen, zeugt nur ein kleiner Verkaufsstand davon, dass Hof heute einen besonderen Tag hätte.

Maximilian Falter hatte, wie berichtet, eigene Schlappentags-Genussboxen zusammengestellt: Und etwa 1000 Stück davon haben sich die Fans geordert. Dazu gibt’s das Schlappenbier auch hier, sodass gut was los ist an der Verkaufsstelle. Der Tross der Festtags-Beteiligten derweil zieht weiter zum Rathaus – die einen radeln, die anderen laufen, die meisten setzen sich einzeln in ihre Autos, um im kurzen Corso zum nächsten Termin des Tages zu gelangen.

Im Rathaus gibt es einen zweiten Weckruf für die drinnen und einen dritten für die draußen, dann können sich die Medien ihre O-Töne holen, um möglichst großflächig zu berichten über diese Veranstaltung, die irgendwie gar keine ist. Zu erzählen gibt es trotzdem viel, auch, wenns bis dahin keiner mit dem eigenen Gaumen getestet hat: „Das Bier ist wieder sehr gut geworden“, versichert nämlich Braumeister Günther Spindler. Und legt Wert darauf, dass diese Einschätzung aber schon jeder selber für sich treffen möge.

„An der Produktion selbst hat sich für uns nichts geändert: Wir waren wie jedes Jahr mit viel Euphorie und Engagement dabei“, betont er. Über Zahlen redet man nie am Schlappentag, doch könne er schon sagen, dass das Bier wenn schon nicht über den Festbetrieb, so doch über Gastro und regionalen Handel seine Abnehmer hat. „Wir hoffen, dass die Menschen unser Bier heute in den Biergärten und zu Hause genießen können“, sagt der Scherdel-Braumeister. Das Schlappenbier sei eines für besondere Tage, betont er: „Ich selber trinke zum Beispiel immer an Weihnachten noch eines.“ So halten es auch die Musiker der Krebsbacker – sie heben sich sogar immer eines für die erste Schlappentags-Probe im Folgejahr auf.

Bier oder Bares? Die Frage der Gage für den Weckruf haben sie am Montagvormittag schnell geklärt mit Scherdel-Prokurist Kurt Unverdorben. „Wir fahren heute mit einem Kasten Schlappenbier wieder nach Hause nach Kirchenlamitz“, sagt Musiker Markus Fraas. Die blaue Musiker-Weste habe er seit zwei Jahren nicht getragen, mangels Bierzelt-Gelegenheiten. Und auch sein Kollege Ingo Schlötzer spricht aus, was alle denken: „Wir hoffen, dass wir diesen Tag – und unser 20-jähriges Bühnenjubiläum – das nächste Mal wieder im größeren Rahmen feiern können.“ Dennoch zeige auch der kleine Schlappentag 2021, worum es hier eigentlich geht im Kern, betont Oberbürgermeisterin Eva Döhla.

Am Abend sendeten die Beteiligten unter der Moderation von Kreisarchivpfleger Adrian Roßner live aus den Ratsstuben im Hofer Rathaus: Gemeinsam haben das Hofer Stadtmarketing, die Schützen, die Handwerker, die Stadt und viele weitere Beteiligte Beiträge zusammengetragen, um den ersten Hofer Online-Schlappentag zu einer unterhaltsamen Angelegenheit zu machen. Das Angebot kam an: Weit über 300 Zuschauer schalteten von 18 Uhr an über die Frankenpost-Homepage zu – und sie wurden gut unterhalten. Adrian Roßner führte in ur-fränkischem Dialekt durch ein buntes Programm – und machte dabei ein pikantes Geständnis: In seinem Krug, aus dem er im Laufe des Abends immer wieder trank, war nicht etwa Schlappenbier. Weil er selbst kein Bier trinkt, hatte er sich „an richtig feina Tee“ eingefüllt. Dem Spaß tat das keinen Abbruch. Roßner nahm sein Publikum mit – zum Beispiel in die Braustube der Brauerei Scherdel, wo im Vorfeld ein längerer Beitrag über die Herstellung des Schlappenbiers entstanden war. Der Moderator band aber auch die Hofer ein. Sie konnten Bilder schicken, wie sie zu Hause ihr Schlappenbier trinken, die dann live präsentiert wurden. Das ließen sich viele nicht zweimal sagen, und so wurde klar: Trübsinn blies zu Hause an den Bildschirmen keiner.

Während des Livestreams wurden auch die Preise des Malwettbewerbs für Kinder verliehen, bei dem mehr als 40 Bilder eingegangen sind, und des Schlappen-Schmeißens, der Challenge für die größeren Hofer. Mit 31,5 Metern hatte Robert Hager seine Schlappen am weitesten geworfen. Er gewann damit die Teilnahme am Schlappenschießen im kommenden Jahr.

Vier Akteure wollten derweil nicht so lange warten: Alfred Söllner aus Feilitzsch und drei seiner Dachdecker-Kollegen hatten sich, wie jedes Jahr, in ihre Zunftkleidung geworfen, um einen kleinen Umzug zu machen. Statt wie sonst mit 1000 anderen zogen sie am Vormittag durch die Innenstadt. Das traditionelle Vorglühen vor dem Marsch durfte dabei natürlich nicht fehlen. „Mit Schlappenbier und Bratwurst im Bauch läuft es sich halt besser“, sagte Söllner.