Tafel Wunsiedel Gründer der Wunsiedler Tafel legt sein Amt nieder

Der neue Leiter der Wunsiedler Tafel Rainer Rahn (links) und seine Stellvertreterin Inge Kastner (rechts) verabschiedeten ihre Vorgänger Peter und Rita Finsel. Foto: /Christian Schilling

16 Jahre steht Peter Finsel an der Spitze der gemeinnützigen Einrichtung in Wunsiedel. Sein Nachfolger Rainer Rahn dankt ihm und seiner Frau Rita für das aufopferungsvolle Engagement.

 
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Mit Peter Finsel ist nach 16 Jahren der Gründer der Wunsiedler Tafel von seinem Nachfolger Rainer Rahn und dessen Stellvertreterin Inge Kastner verabschiedet worden. In den Jahren des ehrenamtlichen Wirkens von Finsel war seine Frau Rita stetige Unterstützerin bei der Arbeit in der gemeinnützigen Einrichtung.

Die über 960 Tafeln in Deutschland, gegründet 1993 in Berlin, setzen sich dafür ein, die Folgen der Armut eines Teils der deutschen Bevölkerung in einem Land des Überflusses etwas zu lindern. Nach einer kleinen Vorlaufzeit und der Akquise von Helfern öffnete die Wunsiedler Tafel am 6. April 2006 als erste im Landkreis ihre Pforten, damals noch am Jean-Paul-Platz in einem Haus der evangelischen Kirche. „60 bis 80 Menschen kamen an diesem Samstag“, erinnert sich Peter Finsel. Der Samstag blieb als fester Termin für die Ausgabe von Lebensmitteln bis heute.

Und auf die 16 Jahre als Leiter mit drei Umzügen, verschiedenen Flüchtlingswellen und nicht zuletzt der Zeit der Pandemie blickte Finsel bei seiner Verabschiedung mit mehr als ein wenig Wehmut zurück. Die Arbeiten seien von Anfang an klar verteilt gewesen. Die Männer unter den freiwilligen Helfern fuhren die Supermärkte und Discounter an, um die gespendeten Lebensmittel einzuladen. Die Frauen verteilten schließlich jeweils ab 14 Uhr die Ware an Bedürftige.

Umzug hinter das Rathaus

Jahre später verkaufte die Kirche das Areal gegenüber dem Gotteshaus und die Tafel zog in die ehemalige Weinhandlung Krug hinter dem Rathaus. Allerdings nur für gut ein halbes Jahr. Aufgrund der Kälte im Winter im Eingangsbereich und der sanitären Anlagen mussten sich die Verantwortlichen nach einem neuen Zuhause umsehen.

Hilfe kam in Person des damaligen Landrats Karl Döhler. Das Landratsamt stellte zunächst Räume in einem Gebäude in der Hornschuchstraße 1 zur Verfügung. Als auch dieses Gebäude 2013 veräußert wurde, war guter Rat teuer. Per Inseraten suchte Finsel ein geeignetes Objekt. Per Zufall kam seine Frau Rita mit der Familie Weiß, Inhaber des Baugeschäfts Roth, ins Gespräch. Die überließen den Machern der Tafel im Jahr 2014 die jetzigen Räume in der Katharinenstraße . „Hier sind wir bis heute sehr glücklich“, sagt der scheidende Leiter. Die Räume seien sauber, die Lage zentral und trotzdem säßen die Abholer nicht wie auf dem „Präsentierteller“.

„Von Anfang an waren mir aber die Kinder besonders am Herzen gelegen“, betont der Familienvater. Dabei verweist er auf eine besondere Aktion: Die Kinder „die nicht auf der Sonnenseite des Lebens aufwuchsen“, durften sich ein Geschenk im Wert von 15 Euro wünschen. Die Wünsche hängten die Tafelmitarbeiter an einen Christbaum, der seinen Platz schließlich in der Waldlust fand, die damals die Familie Rückert betrieb. Gäste lasen die Wünsche, kauften die entsprechenden Spielwaren „von der Barbiepuppe bis zum Feuerwehrauto“ und gaben sie an die Tafel zurück – alles selbstverständlich unter Einhaltung des Datenschutzes.

Große Unterstützung

Unterstützung erhält die Tafel in der Festspielstadt nicht nur von den ortsansässigen Firmen und Marktleitern, sondern auch aus der Bevölkerung. Und so erzählt Finsel von einer besonderen Aktion des Kindergartens Sternenzelt. Dort verzichteten 30 Kinder auf eines ihrer Weihnachtsgeschenke, um dies an bedürftige junge Wunsiedler weiterzuleiten. „Das sind Sachen, die ich nie vergessen werde und für die ich dankbar von Herzen bin“, freut sich der 77-Jährige.

Auch 220 Mangelleidenden bescherten die Mitglieder einmal ein außergewöhnliches Weihnachten im von den Frauen festlich geschmückten evangelischen Gemeindesaal. Für das damals aufgefahrene Essen sei ihnen die Metzgerei „Rux“ entgegengekommen. Bei nachfolgenden Weihnachtsfeiern sei der Erfolg jedoch ausgeblieben. Immer weniger fanden sich zu den Festessen ein, die meisten ließen sich das Essen einpacken. „So machen wir es nicht mehr“, hätten die Helfer beschlossen. Schließlich hänge gerade in der Adventszeit jede Menge Arbeit an den Vorbereitungen. Zum zehnten Jahr des Bestehens seien die Ehrenamtler dann von ortsansässigen Firmen mit einem Bankett im Wunsiedler Hof beschenkt worden.

Daran erkenne man, wie wichtig Verbindungen und Kontakte innerhalb der Stadt seien, erklärt der scheidende Leiter. Die Unterstützung sei vor allem bei den drei Flüchtlingswellen akut gewesen. in den Jahren 2007/8 seien dies vor allem Deutsche aus Russland gewesen, noch immer vor Augen habe man die Jahre 2015 und 2016, als vermehrt Syrer und Afghanen die Hilfe der Tafel annahmen. Trotz Sprachschwierigkeiten hätten sich stets aus den Reihen der Heimatvertriebenen Unterstützer gefunden, die dolmetschten – wenn auch oft mit Händen und Füßen.

Pandemie als Herausforderung

„Die größte Herausforderung war jedoch die Zeit der Pandemie“, erklärt Finsel. Lange habe man nicht gewusst, was auf die Mitarbeiter zukommt, und den Betrieb vorerst eingestellt. Zu Ostern habe er aber die nun noch mehr Not leidenden Wunsiedler nicht hängen lassen. Seine Frau und er hätten schließlich Taschen mit dem Notwendigsten gefüllt und vor den Räumen der Tafel im Freien verteilt. Mit späterer Unterstützung durch jeweils zwei Helferinnen, die in getrennten Räumen arbeiteten, sei dies 15 Wochen erfolgreich über die Bühne gegangen. Inzwischen seien dann auch Ratschläge von der Dachorganisation in Berlin zu Absperrungen und Hygienemaßnahmen gekommen, sodass am Ende des Jahres 2020 wieder alles fast seinen normalen Gang nahm. Zugangsbeschränkungen, FFP2-Masken und Plexiglasscheiben würden aber nach wie vor auch zum Schutz der Mitarbeiter beibehalten.

„Wenn Not am Mann ist helfen wir auch weiterhin“, sagen Rita und Peter Finsel unisono, denen Nachfolger Rainer Rahn zum Abschied Geschenke überreichte, für die alle Tafelmitarbeiter gesammelt hätten. „Peter Finsel war der erste, der das Farbsystem einführte, das inzwischen überregional kopiert wird“, betont Rahn. Durch das System rotiert die Ausgabe, sodass jeder der Abholer alle paar Wochen den ersten Zutritt mittels eines verschiedenfarbigen Tafelausweises zu den Räumen der Tafel hat. Der neue Leiter hat selbst bereits von diesem System profitiert. Nämlich bei der dritten Flüchtlingswelle, die heuer am 23. April über die Mitarbeiter in Form von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine hereinbrach. 122 Personen habe man an diesem Tag versorgt, Schluss war erst am Abend um 19.30 Uhr. Seitdem gibt es eine siebte Farbe – nämlich blau-gelb.

Helfer gesucht

„Die Unterstützung für die Tafeln hat heuer stark zugenommen“, freut sich der neue Leiter. Trotzdem würden weiterhin Helfer gesucht. „Vor allem Frauen in der Ausgabe werden gebraucht“, ergänzt seine Stellvertreterin. Interessierte könnten sich deshalb bei Inge Kastner unter der Telefonnummer 09232/6161 melden.

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