Bad Alexandersbad Experten plädieren für Wasserstoff

Nicht nur die E-Mobilität, auch Wasserstoff wird in Zukunft als „grüner“ Treibstoff eine Rolle spielen. Foto: dpa/Bernd Wüstneck

Im EBZ diskutieren die Vertreter von Stadtwerken und Naturschutz über die Fragen der Energiewende. Wie sich zeigt, ist Wunsiedel auf einem vielversprechenden Weg.

 
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Bad Alexandersbad - In kaum einem anderen Landkreis spielt das Thema Wasserstoff eine ähnlich große Rolle wie in Wunsiedel. Passend dazu haben im Evangelischen Bildungszentrum Bad Alexandersbad (EBZ) Vertreter des Naturschutzes, der Kommunalpolitik und der Energieversorgung über das Thema diskutiert. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Energiewende: Wasserstoff - aus Wind und Sonne“

Wasserstoff im Fokus

Alle Teilnehmer unterstrichen die Bedeutung von Wasserstoff für ein Gelingen der Energiewende. „Dies ist eine gewaltige Aufgabe für Deutschland und Bayern, aber eben ohne Alternative“, sagte Landrat Peter Berek. Auch der Wunsiedler Bürgermeister Nicolas Lahovnik hatte hierzu eine klare Meinung: „Stehenbleiben ist keine Lösung. Die Schritte zur Energiewende müssen nicht nur vorausgedacht, sie müssen auch umgesetzt werden.“ Wunsiedel sei hier beispielgebend. Richard Mergner, Vorsitzender des Bundes Naturschutz in Bayern, wies auf die drohende Gefahr der vom Menschen verursachten Klimakrise hin. Die Erderwärmung auf 1,5 bis zwei Grad zu begrenzen, sei das wichtigste Ziel der Menschheit. Für eine Klimaneutralität Bayerns bis spätestens 2040 bedürfe es drastischer Einsparungen im Energieverbrauch bei Strom, Wärme und Verkehr. Außerdem seien 100 Prozent erneuerbare Energien in Bayern notwendig – und das schnell. Als einen Baustein nannte Mergner die Nutzung des „grünen“ Wasserstoffs (H2). „Grün heißt hier die Herstellung von H2 aus Wasser mit Strom aus erneuerbaren Quellen wie Wind und Sonne“, erläuterte der BN-Vorsitzende.

Praktiker geben Einblicke

Eingeladen waren auch vier regionale Energieversorger aus Bayern, die ihre teils unterschiedlichen Wege der praktischen Umsetzung zur Klimaneutralität vorstellten. Alle verfolgen jedoch das Ziel, mit einer treibhausgasfreien und ökologisch nachhaltigen Energieversorgung zum Wohl der Bürger vor Ort beizutragen. Marco Krasser, Geschäftsführer der SWW Wunsiedel, zeigte, wie es in der Festspielstadt und dem SWW-Versorgungsgebiet erfolgreich gelang, den international beachteten Wunsiedler Weg umzusetzen. „Dieser Weg beweist: Eine regionale, bürgernahe Versorgung mit Strom und Wärme nur auf Basis erneuerbarer Energien ist möglich“, sagte er.

Dekarbonisierung, Digitalisierung, Dezentralisierung in Verbindung mit Zukunftskraftwerken (jedes Gebäude als Teil eines dezentralen, digital gesteuerten Kraftwerkverbundes) sind die Kernpunkte des Wunsiedler Weges. Dazu zählen auch der 2018 aufgebaute Batteriespeicher (größter Stromspeicher Bayerns) und ab 2020 die grüne H2-Herstellung in Wunsiedel, zu der Andreas Schmuderer, Leiter der Projektentwicklung Dezen-traler Energiesysteme der Siemens AG, die technischen Hintergründe erklärte. Wie berichtet, wollen die Gesellschaft Zukunftsenergie Fichtelgebirge (ZENOB) und Siemens im Raum Wunsiedel demnächst den größten Batteriespeicher Mitteleuropas bauen (wir berichteten).

Politik in der Pflicht

Rainer Kleedörfer, Leiter der Entwicklung der N-ERGIE aus Nürn-berg, verdeutlichte, dass es schnellstens eine Planungssicherheit für die nötigen Umbau- und Investitionsschritte hin zu einer kohlenstoffdioxidfreien, klimaneutralen Versorgung geben müsse und hier die Regierungen in Bund und Land in der Pflicht stünden. Norbert Zösch, Geschäftsführer Stadtwerke Haßfurt, betonte die große Bürgerbeteiligung, ohne die die Stadt in den Haßbergen in Unterfranken den Umbau nicht hätte verwirklichen können. „Die grüne H2-Herstellung vor Ort und die Einspeisung in das vorhandene Gasnetz und die Verknüpfung über die Smart-Green-City war und ist ein großer Erfolg.“

Sebastian Brandmayr, Technischer Leiter der Stadtwerke Pfaffenhofen, wies darauf hin, dass das Ziel nicht Energieautarkie, sondern Energiesouveränität lauten sollte. Zudem könnte die garantierte Wertschöpfung durch Einsatz erneuerbarer Energien vor Ort fürs Gemeinwohl genutzt werden. Der Aufbau von Bioreaktoren als Energiespeicher, in denen Urzeit-Bakterien, sogenannte Archaeen, erneuerbaren Wind- und Sonnenstrom in Methan umwandeln, gilt hier als weltweit bekanntes Beispiel.

Weiger fordert Transparenz

Als Gastredner konnte Professor Hubert Weiger, Ehrenvorsitzender des Bundes Naturschutz in Bayern, gewonnen werden. Seine flammende Rede über den Vergleich der Corona- und der Klimakrise lässt sich so zusammenfassen: Gegen die Klimakrise und die Zerstörung der biologischen Vielfalt (Biodiversität) gebe es keinen Impfstoff. Corona habe das soziale Ungleichgewicht, die Ungerechtigkeit in der Bewältigung der Folgen aufgezeigt. „Die Folgen der Klima- und Biodiversitätskrisen sind jedoch, in Gegensatz zu einer Virus-Pandemie, lebenszerstörend für unsere ganze menschliche Spezies.“ Die Politik müsse aufhören zu bagatellisieren, sie müsse die Wahrheit sagen. Es bedürfe drastischer Maßnahmen für den sozial gerechten Umbau unserer Gesellschaft hin zu einer echten, fairen Kreislaufwirtschaft ohne fossile Energien und ohne Rohstoff-Raubbau. „Um die Bürger und Bürgerinnen zu gewinnen, braucht es Wahrheit, Mut und Transparenz bei politischen Entscheidungen, einen sozialen Ausgleich und eine Kommunikation, in der auf die Erkenntnisse aus Wissenschaft, Kultur und Ethik verwiesen wird.“ red

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