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Theater Hof Bravorufe für „Der Soldat und die Tänzerin“

„Der Soldat und die Tänzerin“ wird am Theater Hof bejubelt. Die Inszenierung ist ein riesiges Märchenbuch, das zu beeindrucken weiß – auch wenn es finster zugeht.

 
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Ein Stück, das mit „Ich kann nicht mehr!“ beginnt, endet selten auf fluffigen Wolken. Hier wird am Ende dramatisch gestorben, es gibt Monsterratten, die kein Kind vor dem Schlafengehen sehen sollte, und eine verzweifelte, von Schmerz und Morphin kirre gemachte Hauptfigur, die sich auf den letzten Gang vorbereitet. Trotzdem: entzückend! Inszenierer und Intendant Reinhardt Friese hat am Theater Hof mit der Uraufführung des Musikschauspiels „Der Soldat und die Tänzerin“ nach „Jack the Ripper“ am Samstag erneut Theater geschaffen, mit dem man sich aus dem Draußen wegträumen kann. Viel Aufwand, viel Ertrag. Aus dem Dunkel zieht der Regisseur alle Ästethik, die er finden kann. Wirklich finster wird wegen aller Schönheit irgendwie nie. Erneut steht am Ende das Publikum, das den Saal ausfüllt.

Märchen und das Leben

Friese schlägt ein enormes Märchenbuch auf. Die Geschichte „Der standhafte Zinnsoldat“ von Hans Christian Andersen lässt er zu einem Kuriositätenkabinett werden. Musik, Songs, Ballett, Schauspiel, Videos und Illustrationen. Mehr passt da nicht rein. Der einbeinige Soldat, der sich unglücklich in die Papiertänzerin verliebt und nach einer Höllenfahrt mit ihr im Feuer endet. Andersen ist nicht bekannt als Autor lebensbejahender Kunstmärchen – siehe: „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“. Damit wäre die Geschichte auch erzählt. Aber Friese verknüpft dieses kurze Zinnleben mit dessen Schöpfer: Andersen ist fertig mit sich und der Welt, sein Alter Ego „The mad Man in the Curtain“ führt ihm vor, dass er dieser Soldat sei – makelbehaftet, abgelehnt und geschunden. Doch kein Genie? Doch ein Verrückter? Wer bin ich? Die Frage quält den Schriftsteller, der trotz späteren Erfolges das Leben nicht schmerzlos leben kann. Dies mit dem Märchen zu verweben, wirkt in der Inszenierung nicht immer ungezwungen, aber es funktioniert in den 80 Minuten immer besser. Bis auf einem Friedhof alles harmonisch zusammenkommt und die Rührung einsetzt.

Starke Sänger

Wie schön Scheitern – ist es das wirklich? – sein kann, das hat in „Der Soldat und die Tänzerin“ allerhand Gründe. Das zunächst wackelnde Gerüst der Grundidee gewinnt an Klasse durch seinen überwältigenden Szenenbau. Die Musik startet mit einem finsteren Brahms-Zitat aus dessen erster Symphonie, dann geht es los: Christian Venzke als Andersen und Andrea Matthias Pagani als Mad Man (optisch nahe am comicbasierten „Joker“) liefern starkes Schauspiel ab, Paganis markant starke Singstimme ist einer der Trümpfe des Stücks. Nicht umsonst wird der Musicalsänger am Ende gefeiert.

Harry-Potter-Künstler

Rührend tanzen Ali San Uzer als Soldat und Tania Angelovski als Tänzerin die Liebe. Darunter legt Friese die von Martyn Jacques für das Stück geschaffene und von Michael Falk für die Hofer Symphoniker arrangierte passgenaue Musik. Der Opernchor ergänzt sie emotional mit großer Wirkung. Annette Mahlendorfs Kostüme, vor allem die der finsteren Rattenrotte, sind schon stark. Und diese eine große Hand, die den Soldaten von der Bühne nach oben hievt, bleibt im Kopf haften – hier wird nicht mit Effekt gegeizt.

Das Ganze spielt sich ab vor den Illustrationen von Olga Dugina und Andrej Dugin, die schon bei „Harry Potter“ gefragte Künstler waren. Zauberhaft gezeichnet: Fantasiefische schweben am Auge vorbei, ein Wald aus Schreibfedern hinter Andersens Grab und viele Bilder mehr lassen die Bühne zu einem mächtigen Märchenbuch werden, durch das zu blättern riesigen Spaß macht – da kann auch gerne mal gestorben werden.

Das große Ganze

Wenn ein Jedes für sich herausragend ist, steigt das Ganze auf ein neues Niveau. Reinhardt Friese hat in Hof schon oft gezeigt, dass er der Mann für das große Bild ist. „Theater ist ein Traum“, heißt es im Stück, die Inszenierung nimmt diese ambitionierte Ansage ernst und lässt Zauber auf der Bühne wirken. „Der Soldat und die Tänzerin“ ist so viel mehr als ein Märchen.

Termine

Theater Hof
Die nächsten Vorstellungen von „Der Soldat und die Tänzerin“ am Theater Hof laufen am Samstag, 25. März, sowie am Samstag, 1. April und Sonntag, 2. April, jeweils um 19.30 Uhr im Großen Haus. Mehr unter www.theater-hof.de

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