Tierdrama bei Waldershof Kangal-Hund tötet zwei Rehe

Ein Kangal wie auf dem Bild hat offenbar die Rehe bei Waldershof gerissen. Foto: /dpa/Christoph Schmidt

Die Tiertragödie im Hammerholz bei Waldershof bewegt noch immer die Gemüter. Ob die beiden nun allein lebenden Kitze den Winter überleben, ist ungewiss.

 
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Waldershof - Jäger sind naturverbundene Menschen und daher einiges gewohnt. Doch was eine Jägerin Anfang Dezember im Hammerholz bei Waldershof gesehen hat, war auch für sie heftig. Ein halb zerfetztes Reh lag auf einer Wiese. Ringsherum Fellreste, zudem war ein Bein abgetrennt. War hier ein Wolf zugange? Angesichts derartiger Risse könnte der Verdacht naheliegen. Allerdings war für die erfahrenen Waldershofer Jäger und auch für die informierten Polizeibeamten aus Tirschenreuth schnell klar, dass hier wohl ein Hund gewütet hatte. Bei diesem Fund sahen die Jäger zwei unverletzte Kitze in der Nähe der toten Rehgeiß – sie waren offenbar auf der Suche nach ihrer Mutter (wir berichteten kurz). Ein tragisches Ende hatte auch ein Hundevorfall einige Tage vorher genommen. Die Jäger mussten einem erheblich verletzten Reh den Gnadenschuss geben, um es von seinem Leid zu erlösen.

Auf Nachfrage der Frankenpost bei der Polizei in Tirschenreuth teilte ein Sprecher mit, dass mittlerweile Bewegung in den Fall gekommen ist. Aufgrund von Zeugenhinweisen dürfte ein frei laufender Kangal-Hund (ein großer anatolischer Hirtenhund, siehe auch Infokasten) die Rehe gerissen haben. „Erkenntnisse gibt es auch zum Hundehalter.“

Verstoß gegen das Jagdgesetz

Laut Polizei stehen zwei Delikte im Raum: Ein Verstoß nach dem Jagdgesetz und einer nach dem Tierschutzgesetz. „Zumindest muss man von einer Unterlassung ausgehen, wenn jemand seinen Hund bar jeder Kontrolle frei laufen lässt.“ Noch tragen die Polizeibeamten alle ermittelten Fakten zusammen. „Danach geben wir den Sachverhalt an die zuständige Ordnungsbehörde, in dem Fall die Stadtverwaltung Waldershof, weiter“, sagt der Polizeisprecher. Hier werde dann über die Folgen für Halter und Hund entschieden. Der erfahrene Beamte kann sich einen Leinenzwang für den Kangal vorstellen. Auch sei es möglich, dass der Halter seinem Hund in der Öffentlichkeit einen Maulkorb anlegen muss. „Sollte später bekannt werden, dass gegen die Auflagen verstoßen wird, können durchaus härtere Strafen verhängt werden.“

Jäger Helmut Härtl, der zusammen mit Uli Schug als Jagdpächter zuständig ist (drei weitere Jäger üben zudem die Jagd hier aus), ist über die Hunde-Attacke entsetzt. „Leider kommt so etwas immer wieder mal vor. Im Frühjahr vergangenen Jahres hatten wir einen ähnlichen Fall.“ Die Jäger haben nun Anzeige erstattet, um dieses Mal ein deutliches Zeichen zu setzen. „Wir appellieren an alle Hundebesitzer: Führt euren Hund bitte nur bei Tag aus, lasst ihn nicht von der Leine und bleibt auf den Wegen.“ Dies gebiete allein schon das Verantwortungsbewusstsein für die Wildtiere.

Rehkitze auf sich allein gestellt

Die beiden Rehkitze, die ihre Mutter verloren haben, sind nun auf sich allein gestellt. „An sich wären sie schon in der Lage, sich selbst zu versorgen, aber dennoch sind sie noch auf ihre Mutter angewiesen. Sie haben keine Erfahrung und irren wahrscheinlich ziel- und orientierungslos umher. Es ist zu befürchten, dass sie den Winter nicht überleben, wenn er noch etwas strenger wird“, sagt Härtl. Die Kitze sind im Mai oder Juni vergangenen Jahres zur Welt gekommen und noch nicht vollkommen selbstständig.

Auch der Leiter der Landesjagdschule Wunsiedel, Severin Wejbora, weiß von etlichen Fällen in der Region, bei denen frei laufende Hunde Wild hetzten und auch zur Strecke brachten. „Die Revier-Inhaber aus Waldershof haben genau richtig gehandelt und eine Anzeige gestellt. Nur so kann die Ordnungsbehörde tätig werden.“

Vor allem in der Aufzuchtzeit im Frühjahr und im Winter sind frei laufende Hunde in der Natur problematisch. „Wenn ein Halter weiß, dass sein Hund nicht gut gehorcht oder zum Jagen neigt, dann muss er ihn an die Leine nehmen. Anders geht es nicht.“

Immer mehr Wolfssichtungen

Eine etwas andere Sichtweise hat der Vorsitzende der Jägerschaft Fichtelgebirge, Ekkehard Schwärzer aus Bischofsgrün. „Natürlich darf ein Hund nicht wildern. Allerdings stammt er nun mal vom Wolf ab und hat einen Jagdtrieb. Dem Halter des Kangals ist nur zu empfehlen, seinen Hund einzusperren, da dieser nun Lunte gerochen hat und immer wieder jagen wird.“ Ekkehard Schwärzer will den Halter jedoch nicht pauschal verurteilen. Man müsse das Geschehen hinterfragen. Gleichwohl sei eine Anzeige normal und angebracht.

Mittlerweile, so ist der Vorsitzende der Jägerschaft Fichtelgebirge sicher, lerne das Wild, damit umzugehen, dass nicht nur Jäger jagen. „Wir haben im Fichtelgebirge immer wieder Wolfssichtungen.“ Erst kürzlich habe eine Wildkamera bei Vordorf einen starken Wolf abgelichtet. „Mittlerweile gibt es fast flächendeckend Aufnahmen von Wölfen, von Thiersheim bis nach Weidenberg.“ Auch zwischen Kösseine und Platte habe es Hinweise gegeben. Allerdings hielten sich alle Beteiligten bedeckt, und das zuständige Landesamt erkenne Wildkamera-Aufnahmen nicht als gesicherten Wolfsnachweis an. „Der Wolf ist eine ganz andere Herausforderung. Es ist ärgerlich und wirklich schlimm, wenn ein Hund ein Reh reißt, ich würde dies aber nicht skandalisieren. Es darf sich natürlich nicht mehr wiederholen.“

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