Tod einer Beatlegende Musikszene trauert um „Archie“ Ullmann

Roland Rischawy
Die Musiker der Region trauern um „Archie“ Ullmann. Foto: Behner

Der Gründer der „Fellow Rovers“ hat mit seinen Gitarrensoli begeistert. Ihm zu Ehren will die Band weiterspielen.

 
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Er hat den musikalischen Umbruch Anfang der 1960er-Jahre maßgeblich mitgestaltet. Er wurde zum Pionier in einer Zeit, als der Sound der Tanzorchester, als Schlager wie „Siebentausend Rinder“ und „Ich will ʼnen Cowboy als Mann“ übertönt wurden von wilden E-Gitarrenklängen: Im Herbst 1963 gründete der Gitarrist Josef Ullmann im Alter von 16 Jahren die Band „Fellow Rovers“, die den Beat in die oberfränkischen Tanzsäle brachte und mit ihrer gitarrenorientierten Musik für volle Häuser und beste Stimmung sorgte. Unter der Führung des charismatischen Leadgitarristen „Archie“, wie Kollegen ihn fortan nannten, gewann die Gruppe 1966 den nordbayerischen Beat-Band-Wettbewerb, und sie brachte im selben Jahr als erste Band Oberfrankens eine Schallplatte heraus.

Vorbild „Shadows“

Der Erfolg der Gruppe, die längst Kultstatus genießt als „Beat-Legende Oberfrankens“ und die in den Sechzigerjahren mit Star-Bands wie „Rattles“, „Lords“, „Casey Jones & The Governors“ und „Abc-Boys“ aufgetreten ist, beruhte auf einer Besonderheit, die „Archie“ auszeichnete: Der junge Musiker, der kurz nach dem Krieg im böhmischen Elbogen (Loket) geboren wurde und im Alter von einem Jahr mit seiner Mutter ausgesiedelt wurde, begeisterte sich in seiner neuen Heimat in Oberkotzau vor allem für die Musik der britischen Gitarren-Band „Shadows“. Gefördert durch seinen Onkel, den Chef des erfolgreichen Ullmann-Sextetts, spielte „Archie“ die Soli von Hank Marvin so originalgetreu nach – auch mit ausgefeilter Echo-Software, die er aus England bezog –, dass er unter Kennern als einer der besten Shadows-Interpreten Deutschlands galt. Tausende Fans riefen seine Soli in Internet-Kanälen wie YouTube auf.

Mehrere Bands

Trotz schwerer Schicksalsschläge – er litt seit dem neunten Lebensjahr unter den Folgen einer Kinderlähmung, seine Frau Rosi starb im Mai 2012 – brannte der gelernte Lithograf für sein Hobby. Nach dem vorübergehenden Aus der „Fellow Rovers“ im Jahr 1973 begeisterte er in den Achtziger- und Neunziger-Jahren sein Publikum in Hallen und Festzelten mit der erfolgreichen Rock-Band „Giants“, später auch mit der „Shadows Company“. Im Jahr 2005 feierte seine Band „Fellow Rovers“ im überfüllten Rehauer Schützenhaus die Rückkehr auf die Bühne. Seither begeistern die „Fellows“ die Beat-Fans und Tänzer in den Tanzsälen Oberfrankens und der Oberpfalz. Im Jahr 2020 zwangen gesundheitliche Probleme den bescheidenen und beliebten Musiker, die Gitarre aus der Hand zu legen. Am Freitag vergangener Woche ist „Archie“ Ullmann, aufopfernd betreut von seiner Lebensgefährtin Karin, seiner schweren Krankheit erlegen. Er hinterlässt einen Sohn, eine Tochter und zwei Enkeltöchter. Die Band „Fellow Rovers“ wird ihm zu Ehren die Musik weiterspielen, die ihr Gründer gelebt hat und die den tanzbegeisterten Beat-Fans der Region ans Herz gewachsen ist.

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