Tödlicher Arbeitsunfall in Italien Arbeitgeber lässt Erntehelfer mit abgetrenntem Arm verbluten

red/
Der Arbeitgeber fuhr den verletzten Erntehelfer nicht in ein Krankenhaus. (Symbolbild) Foto: IMAGO/Countrypixel/IMAGO

Obst und Gemüse aus Italien findet sich auch in vielen deutschen Supermärkten. Doch die Arbeitsbedingungen sind teils miserabel - wie der Umgang mit einem Erntehelfer zeigt. Der Inder verblutete.

 
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In Italien sorgt der Tod eines indischen Erntehelfers, den man nach einem Arbeitsunfall möglicherweise verbluten ließ, für große Empörung: Der 31-Jährige war bei der Arbeit auf einem Feld im Süden von Rom in eine Maschine geraten, die ihm den rechten Arm abtrennte und die Beine zerquetschte. Dann wurde er den Ermittlungen zufolge von seinem Arbeitgeber aber nicht ins Krankenhaus gebracht, sondern mit einem Lieferwagen zu seiner Behausung gefahren und liegen gelassen. Der abgetrennte Arm wurde in einer Obstkiste daneben entdeckt. Anderthalb Tage später erlag er im Krankenhaus seinen Verletzungen.

Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den mutmaßlich Verantwortlichen des landwirtschaftlichen Betriebs, einen 37 Jahre alten Italiener. Nach bisherigen Erkenntnissen hatte der Inder - ein Mann namens Satnam Singh, der 2021 zusammen mit seiner Frau nach Italien gekommen war - keine Arbeitserlaubnis. Unklar war am Donnerstag auch noch, ob er überhaupt eine Aufenthaltsgenehmigung besaß.

230.000 illegale Arbeiter in italienischer Landwirtschaft

Nach Schätzungen sind in der italienischen Landwirtschaft etwa 230.000 Menschen illegal beschäftigt - auch viele Migranten aus Ländern wie Indien oder Pakistan, die zu Billigstlöhnen arbeiten. Ein Großteil der Produktion landet in deutschen Supermärkten. Die Gewerkschaften sprechen von systematischer Ausbeutung.

Der Unfall ereignete sich auf einem Feld nahe der Gemeinde Borgo Santa Maria, etwa 60 Kilometer südlich von Rom, wo insbesondere Melonen und Zucchini angebaut werden. Nach Medienberichten bekommen Erntehelfer dort um die vier Euro die Stunde. Den Ermittlungen zufolge geriet Singh in eine Maschine, mit der die Felder großflächig mit Plastik überzogen werden. Seine Frau war bei dem Unfall in unmittelbarer Nähe. Sie gab bei der Polizei zu Protokoll: „Ich habe den Besitzer angefleht, uns zu helfen, ich habe ihn auf Knien angefleht. Aber er hat uns vor dem Haus abgesetzt und ist weggelaufen.“

Nachbarn eilen zur Hilfe

Erst Nachbarn hätten dann geholfen und den Notruf alarmiert, hieß es. Zwischen dem Unfall und der Ersten Hilfe seien anderthalb Stunden verstrichen. Singh wurde mit dem Hubschrauber in ein Krankenhaus nach Rom geflogen, wo er infolge seiner Verletzungen am Mittwoch starb.

Der Generalsekretär der Gewerkschaft Flai in der Region, Hardeep Kaur, sagte: „Es ist leider kein Horrorfilm. Es ist alles wahr.“ Andere Gewerkschafter bezeichneten den Umgang mit ausländischen Erntehelfern in Italien als moderne Form der Sklaverei. Nach einem früheren Bericht sind vor allem im Süden auch Flüchtlingskinder auf den Feldern beschäftigt.

Der Arbeitgeber erläuterte sein Verhalten damit, dass er in Panik geraten sei. Zudem rechtfertigte er sich nach Informationen der Tageszeitung„La Repubblica“ (Donnerstag) damit, dass der Erntehelfer die Plastikplanen-Maschine ohne Erlaubnis benutzt habe. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen fahrlässiger Tötung, unterlassener Hilfeleistung und Verstößen gegen Sicherheitsbestimmungen.

Tod löst Debatte aus

Der Tod des Erntehelfers löste eine Debatte über den Umgang mit ausländischen Erntehelfern aus. Viele Zeitungen berichteten groß über den Fall. Arbeitsministerin Marina Calderone bezeichnete das Geschehen als „Akt der Barbarei“. Landwirtschaftsminister Francesco Lollobrigida, ein Schwager der rechten Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, sagte: „Wir sind mit einer Tragödie konfrontiert, die uns nicht gleichgültig lassen kann und vollständig aufgeklärt werden muss.“

Zudem soll Schwarzarbeit auf den Feldern strenger kontrolliert und härter bestraft werden. Als Zeichen der Trauer verfügte die Regionalverwaltung, dass vor Rathäusern und anderen staatlichen Gebäuden die Flaggen auf halbmast gesetzt werden. Auch die Kosten der Beerdigung will der Staat übernehmen. Am Donnerstag lagen die Temperaturen im Süden von Rom bei annähernd 40 Grad. Die Arbeit auf den Feldern ging weiter.

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