Allein auf die Trebgaster Abnehmer verlassen will sich der "Bräu" aber nicht mehr. Er ist überzeugt, dass die künftigen Bier-Besonderheiten, zwei- bis viertausend Hektoliter will er im Jahr brauen, außerhalb der Region mehr Anerkennung erfahren werden als in Trebgast selbst.
Doch wie ist es zu der momentanen Krise in der Brauerei Haberstumpf gekommen? Wie anderen kleineren Brauereien setzten die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den vergangenen Jahrzehnten auch der Brauerei Haberstumpf zu. Schon vor Jahrzehnten verlor die Brauerei bedeutende Lieferungen in die Kantinen der Großbetriebe (Eisenbahnkantinen in Neuenmarkt und Baugeschäfte). Dann begann in den 1970er- und 1980er-Jahren das Wirtshaussterben. Wichtige, werbewirksame Absatzstätten schlossen ihre Pforten. "Alle kleineren Brauereien haben darunter zu leiden, dass es immer weniger Gaststätten gibt", sagt Hans Wernlein. Im Umkreis von Trebgast habe ich rund 15 Wirtshäuser verloren, weil die Wirtsleute aufgegeben haben."
Die "Ersatzgastronomie", die neuen Vereinsheime, ignorierten Hans Wernlein und seine Brauerei. Kein Wunder. Die Vereine erhofften sich und erhielten auch vom Brauriesen aus der Kreisstadt finanzielle Unterstützung für die Einrichtung ihrer Ausschankstätten. Wernlein konnte da nicht mithalten, ist die Bierproduktion in einer kleinen Braustätte doch wesentlich kostenintensiver als in einer modernen Großbrauerei.
Und so kam es, wie es kommen musste: Bier aus Kulmbach gewann auch im Gemeindegebiet Trebgast die Oberhand. In der Gastronomie am Badesee kommt "Kulmbacher" zum Ausschank. Im Restaurant des Trebgaster Naturbühnen-Vereins gibt es nur Bier aus Kulmbach. Im Gasthof Friedrich wird vor allem "Mönchshof" ausgeschenkt. Von Haberstumpf fließt nur die Neben-Sorte "Hell" aus dem Hahn. Beim "Kufer", also in der "Dorfschänke", gibt es seit dem Einbau einer Scherdel-Theke kein Haberstumpf'sches Fassbier mehr. Haberstumpf-Bier beim TSV, Fehlanzeige, ebenso im Vereinsheim des Siedlervereins. Nur der Tennisklub hält dem einheimischen "Zwick'l"-Bier die Treue und natürlich gibt es in der Bräuschänke nach wie vor Haberstumpf-Bier. Wenn also schon in der eigenen Gemeinde der Rückhalt fehlt, dann wird es schwer für die Brauerei vor Ort.
Nun ist es nicht so, dass die Familie Wernlein die Hände in den Schoß gelegt hat. Sie versuchte ihr Heil in Innovationen im Spezialbierbereich. Ihr "Zwick'l", das Erste übrigens weit und breit, genoss allgemeine Anerkennung. Mit Bio-Bieren wollte man in eine Marktnische vorstoßen, und die Bockbiere stießen in den Saisonmonaten auf großen Zuspruch. Schließlich eröffnete die Braumeisterin und Nachfolgerin in der Wernlein-Dynastie, Yvonne Wernlein, die "Bräuschänke" auf dem Brauereigelände. Das neue Lokal erhielt jedoch nicht den erhofften Zuspruch, und so war man gezwungen, die rustikalen Wirtsräume zu vermieten. All das veranlasste Braumeisterin Yvonne Wernlein dazu, ihre Zelte in Trebgast abzubrechen und sich in Schottland eine neue Existenz aufzubauen. Sie arbeitet jetzt als Braumeisterin in der Fyne Ales Brewery in Cairndow am Loch Fyne an der Westküste Schottlands. Dort hat sie in der vergangenen Woche ihren ersten Sud angesetzt.
Der Trebgaster Bürgermeister Werner Diersch zeigte sich am Telefon überrascht von der Einstellung des Braubetriebes bei Haberstumpf. Er kenne "noch keine offizielle Verlautbarung", sagte er. Haberstumpf sei eine Brauerei mit langer Tradition und habe das Leben im Ort über Jahrhunderte begleitet. Die Einstellung des Brauereibetriebes bedauere er sehr. Er würde die Braustätte vermissen. Froh zeigte sich das Gemeindeoberhaupt, dass die Pizzeria in der ehemaligen Bräuschänke weitergeführt werde. Braumeisterin Yvonne Wernlein bescheinigte er, eine hervorragende Braumeisterin zu sein.