Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kritisierte die frühzeitigen Impfungen. "Keiner sollte sich vordrängen", sagte er am Freitag in seiner Regierungserklärung im Landtag in München. Er warnte auch davor, sich von Dritten zu unberechtigten Impfungen überreden zu lassen. Es dürfe nicht sein, dass auf der einen Seite "sozusagen eher ein Büro komplett geimpft wird, anstatt die über 80-Jährigen, die es dringend brauchen und darauf warten".
Mehrere Kommunalpolitiker hatten in den Tagen zuvor eingeräumt, dass sie bereits gegen Corona geimpft worden waren. Für Aufsehen sorgte etwa der Oberbürgermeister im sachsen-anhaltischen Halle, Bernd Wiegand (parteilos). Er hatte am Wochenende nach Fragen von MDR und "Mitteldeutscher Zeitung" eingeräumt, dass er und zehn Stadträte bereits eine Impfung bekommen hatten. Auch der Landrat des Saalekreises, Hartmut Handschak (parteilos).
In Nordrhein-Westfalen waren schon im Januar mehrere Fälle von Kommunalpolitikern bekannt geworden, die deutlich früher als vorgesehen geimpft wurden. Unter anderem hatte sich der 31 Jahre alte Bürgermeister von Hennef, Mario Dahm (SPD), mit einer übrig gebliebenen Dosis impfen lassen. Ebenfalls schon geimpft ist der Bürgermeister von Wachtberg, Jörg Schmidt (CDU). Auch der ehemalige Hennefer Bürgermeister Klaus Pipke wurde bereits geimpft.
Auch in Bayern ließen sich mehrere Kommunalpolitiker verfrüht impfen. Sowohl der Landrat des Kreises Donau-Ries als auch der Oberbürgermeister der Kreisstadt Donauwörth haben bereits im Januar eine Impfung aus übrig gebliebenen Dosen erhalten. Beide Politiker gaben an, dass sie sich heute anders entscheiden würden. Die "Augsburger Allgemeine" hatte außerdem aufgedeckt, dass auch der Augsburger Bischof Bertram Meier und sein Generalvikar Harald Heinrich schon geimpft wurden.
In Niedersachsen ließen sich der Landrat von Peine und sein Stellvertreter impfen - beide baten inzwischen dafür um Entschuldigung. Nach einem Bericht der "Lausitzer Rundschau" wurden außerdem der Cottbuser Oberbürgermeister Holger Kelch und Ordnungsdezernent Thomas Bergner (beide CDU) geimpft, obwohl sie nicht oben auf der Prioritätenliste standen.
Nicht überall waren aber nur Politiker zu verfrühten Impfungen gekommen. Im rheinland-pfälzischen Koblenz nutzte die Feuerwehr, die dort das Impfzentrum betreibt, die Impfreste für das eigene Personal. Knapp die Hälfte der 127 Geimpften sei nicht Teil der ersten Prioritätsgruppe gewesen, teilte die Stadt mit. Hamburg impfte bis Ende Januar bereits 102 Feuerwehrleute und zwei Polizisten. Auch Mitarbeiter des Krisenstabes und der Gesundheitsbehörde sind in der Hansestadt schon geimpft worden, darunter auch die Staatsrätin für Soziales.
330 Polizisten wurden außerdem im Landkreis Stendal in Sachsen-Anhalt im Rahmen eines Feldversuchs geimpft, fast 400 Polizistinnen und Polizisten haben bereits in Sachsen früher als erlaubt eine Schutzimpfung bekommen.
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