Türkei vor dem Aus „Ich will es nicht glauben“

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Am Ende wurde es ruppig: Spieler von Wales schubsen Burak Yilmaz (l) aus der Türkei zu Boden Foto: dpa/Dan Mullan

Die Türkei steht bei der Fußball-EM vor dem Aus. Für die Mannschaft von Nationalcoach Senol Günes­ setzte es auch im zweiten Spiel gegen Wales eine bittere Pleite.

 
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Baku - Die Emotionen kochten bei Burak Yilmaz bereits vor dem Abpfiff hoch, als die nächste bittere Enttäuschung für die Türkei kaum mehr zu verhindern war. Erst langte der Kapitän dem am Boden liegenden Joe Rodon ins Gesicht, dann zettelte er ein heftiges Handgemenge mit vier Gelben Karten auf beiden Seiten an. Der Frust der Milli Takim kannte beim 0:2 (0:1) gegen Wales im hitzigen „Heimspiel“ in Baku keine Grenzen.

„Für dieses Spiel gibt es keine Erklärung. Ich kann es nicht glauben, und ich will es auch nicht glauben“, klagte Nihat Kahveci. Denn vor den Augen von Staatschef Recep Tayyip Erdogan rückte das Achtelfinale für die türkische Mannschaft in weite Ferne, am Sonntag droht im abschließenden Gruppenspiel gegen die Schweiz bereits das Aus.

Zwar zeigte sich die Elf von Nationalcoach Senol Günes verbessert, nach dem völlig verpatzten Eröffnungsspiel gegen Italien (0:3) gab es jedoch die nächste schwere Enttäuschung. Aaron Ramsey (42.) und Connor Roberts (90.+5) befeuerten dagegen mit ihren Treffern die Hoffnungen der walisischen Anhänger auf die nächste Überraschung nach 2016, als die Dragons bei ihrer Endrunden-Premiere ins Halbfinale gestürmt waren.

„Ich bin absolut zufrieden mit dem Sieg“, sagte Bale, der seine erschreckende Torflaute fortsetzte - der Kapitän schoss einen Foulelfmeter deutlich über das Tor (61.) und wartet weiter auf seinen ersten Treffer im Nationaltrikot seit Oktober 2019. Dennoch sei Wales nun „in einer fantastischen Situation“. Die Briten reisen mit vier Zählern im Gepäck zum Duell mit Italien.

Die vor der EM hoch gehandelten, aber zum Auftakt tief gefallenen Türken hatten eigentlich Wiedergutmachung versprochen. Kapitän Burak Yilmaz kündigte an, dass die Mannschaft zeigen werde, „wer wir wirklich sind“. Und der frühere Bundesliga-Profi Hakan Calhanoglu wollte seinen Landsleuten ein „Lächeln ins Gesicht zaubern“.

Vor über 30.000 Zuschauern - darunter zahlreiche aus der Türkei und etliche Einheimische, die ebenfalls der türkischen Mannschaft die Daumen drückten - starteten beide Teams mit offenem Visier. Ganz zur Freude von Erdogan, der die Partie demonstrativ an der Seite von Ilham Alijew, dem autoritären Herrscher des türkischen „Bruderstaates“ Aserbaidschan, auf der Tribüne verfolgte.

Die Türken attackierten weiter vorne als noch vor fünf Tagen und agierten gefährlicher - auch wegen Kaan Ayhan und Cengiz Ünder, die in die Startelf gerückt waren. Nach dem ersten Abschluss von Yilmaz (9.) scheiterte Ünder (13.), der die zuletzt harmlose Offensive belebte, am walisischer Keeper Danny Ward. Und auch Ayhan (29.) meldete sich nach einer Ecke mit einem Kopfball.

Die Waliser ließen sich von der verbesserten türkischen Elf und der hitzigen Atmosphäre in Baku aber keineswegs beeindrucken. Die Mannschaft von Robert Page wirkte teilweise strukturierter, allein Ramsey (6./24.), neben Bale der zweite Star im Team, vergab gleich zweimal freistehend vor Ugurcan Cakir. Erst nach großartigem Zuspiel von Bale vollendete er aus kurzer Distanz.

In die Druckphase der Türken hinein vergab Bale, der von Mehmet Zeki Celik von den Beinen geholt worden war, die große Chance zur Entscheidung. Ward rettete in höchster Not bei einem Kopfball von Merih Demiral (87.). sid

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