Es brauche geeignete Messverfahren, um mehr Erkenntnisse über die gravierenden Entwicklungen zu erhalten, mahnte Walker laut Mitteilung. Satelliten seien dafür nicht exakt und empfindlich genug. Bisher war man auf Basis von Satellitendaten von einer jährlichen Helligkeitszunahme von etwa 2 Prozent ausgegangen, es hatte sogar Hinweise auf eine minimale Abnahme gegeben.
Zur Methodik des Projekts: Die gut 50.000 "Bürgerwissenschaftler" hatten ihren Nachthimmel mit bloßem Auge betrachtet und gaben in einem Online-Formular an, welche von acht Sternkarten am besten zu dem Gesehenen passte. Jede Karte zeigte den Himmel mit verschiedenen Graden an Lichtsmog. Die Angaben repräsentieren demnach 19.262 Standorte weltweit, darunter knapp 3700 Orte in Europa und fast 9500 in Nordamerika. Zudem sei ein Modell für die Himmelshelligkeit benutzt worden, das auf Satellitendaten von 2014 basiere.
Die Vereinigung der Sternfreunde - Mitglieder sind Amateurastronomen, Volkssternwarten und auch Planetarien - wies darauf hin, dass schon heute in dicht besiedelten Regionen die Betrachtung des Sternenhimmels mit bloßen Auge fast unmöglich sei. In Ballungsräumen wie dem Ruhrgebiet und in Metropolen "sieht man leider nur noch enttäuschend wenig", sagte Andreas Hänel der dpa. Die Lichterglocke von Berlin sei so weitreichend, dass sie noch bis zu 80 Kilometer entfernt zu sehen sei. Es gebe immer mehr lokale Projekte und Maßnahmen, um künstliches Licht zu reduzieren, sie reichten aber nicht aus.
Forderung nach verbindlichen Immissionsgrenzwerten
Der Umweltschutz müsse auch den Himmel einschließen, forderte die Vereinigung. Der Gesetzgeber habe Lichtimmissionen als Problem erkannt und ins Bundesimmissionsschutzgesetz aufgenommen, berichtete Hänel. Es brauche allerdings verbindliche Grenzwerte. Auch die Umweltorganisation BUND warnte vor negativen Auswirkungen auf das Ökosystem, auf Tier- und Pflanzenwelt. Beim Menschen könne ein gestörter Tag-Nacht-Rhythmus infolge wachsender nächtlicher Beleuchtung die Produktion des "Schlafhormons" Melatonin unterdrücken und Schlafstörungen verursachen. Laut WWF sind die Folgen auch für die Insekten-Populationen schwerwiegend: Etwa die Hälfte aller Insekten sei nachtaktiv, sie würden in ihrem natürlichen Verhalten gestört.
Kyba betonte: "Deutschland beleuchtet im Vergleich zu anderen Ländern sehr konservativ, das ist gut." Zu den Regionen mit dunklem Himmel und noch guter Sicht auf die Sterne gehörten etwa die Eifel, Rügen oder die Mecklenburger Seenplatte. Er hält aber ein noch stärkeres Bewusstsein, deutlich mehr Lichteinsparung und einheitliche Regelungen für die öffentliche Beleuchtung für erforderlich. Hänel glaubt, wenn es kein echtes Umdenken gebe, "wird es in Zukunft nur noch wenige Orte geben, zu denen man dann weit reisen muss, um die Sterne gut zu sehen".