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Umwelt-Preis Seehofer erhält Enoch-zu-Guttenberg-Medaille

Klaus Rössner

Der ehemalige bayerische Ministerpräsident wird auf Schloss Guttenberg für etwas ausgezeichnet, dass ihm viele gar nicht zugetraut hätten. Sein Einsatz dafür war nicht immer einfach.

 
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Er gehört zu den Spitzenpolitikern Deutschlands, bekleidete höchste Ämter in sieben Regierungen und gilt als ein Protagonist der christlich-sozialen Wertegemeinschaft. Als Galionsfigur des Umweltschutzes aber ist Horst Seehofer weniger bekannt. Dieses Bild könnte sich nun ändern. Am Samstag erhielt Seehofer auf Schloss Guttenberg eine hohe Ehrung: Die erstmals verliehene Enoch- zu-Guttenberg-Medaille. Mit der vom Verein für Landschaftspflege, Artenschutz und Biodiversität (VLAB) geschaffenen Auszeichnung werden Persönlichkeiten bedacht, die sich in besonderer Weise um den Umweltschutz verdient gemacht haben.

Die Ehrung fand an geschichtsträchtiger Stelle statt: Auf Schloss Guttenberg, in dem von Enochs Vater in den 60er-Jahren die Große Koalition aus der Union und der SPD geschmiedet worden war. Schlossherr Philipp Franz Buhl Freiherr von und zu Guttenberg empfing die Gäste zum Festakt im Großen Saal des Stammsitzes.

Wider der „Verspargelung“

Die Laudatio sprach Georg Etscheit, der als profunder Kenner Guttenbergs gilt und eine Biographie über den 2018 verstorbenen Adeligen geschrieben hatte. Der Journalist und Autor wies darauf hin, dass der Baron beseelt war von einem romantischen Naturempfinden. Daraus resultiert die Ablehung der Verspargelung der Landschaft mit Windkraftanlagen. Schöne Landschaften mit Windkraftwerken zu zerstören sei, als wenn ein Attentäter Gemälde mit Säure übergieße.

Im Guttenbergschen Sinne habe Horst Seehofer gehandelt mit der Einführung der 10-H-Regelung bei der Windkraft. Diese Regelung traf Seehofer nach Dialog-Gesprächen mit allen Interessensgruppen und gegen den wütenden Widerstand der grünen Opposition und der etablierten Umweltverbände. Auch eine von Grünen, SPD und Freien Wählern angestrengte Popularklage brachte sie nicht zu Fall.

Ungebrochener Kampfesmut

Der Laudator bescheinigte Seehofer ungebrochenen Kampfesmut. Bei der Durchsetzung seiner Ideen habe er nicht einmal die Konfrontation mit der Bundeskanzlerin gescheut. Gegen deren Willen habe sich Seehofer für eine gentechnikfreie Landwirtschaft eingesetzt und das Label „Ohne Gentechnik“ ins Leben gerufen. „Dass der bedenkenlose Einsatz genmanipulierten Saatgutes in Bayern heute kein Thema ist, war Ihrem Einsatz zu verdanken.“

Aber auch bei lokalen Projekten trat Seehofer für den Umweltschutz ein. Der Laudator wies darauf hin, dass der ehemalige bayerische Ministerpräsident eine dritte Startbahn am Münchner Flughafen verworfen habe. Dafür gebe es aufgrund der der aktuellen Zahl der Flugbewegungen keine Notwendigkeit, hatte er formuliert. Dies bezeichnete Etscheit als eine „Entscheidung mit Weitblick“ - gerade auch aus heutiger Sicht.

Nicht immer erfolgreich

Daneben habe der ehemalige Landesvater ein anderes Projekt gestoppt, das massiv in die Natur eingegriffen hätte: Den Ausbau der Donau zwischen Regensburg und Passau mit Schleusen und Stichkanälen. „Damit wurde auch das immens wichtige Naturschutzgebiet der Isarmündung erhalten, das heute gerne als ´bayerischer Amazonas` bezeichnet wird.“

Nicht reüssieren konnte Seehofer allerdings mit seiner Idee, im Freistaat einen dritten Nationalpark zu gründen. Im Steigerwald, Spessart und in der Rhön seien die Vorbehalte dagegen zu groß gewesen. Nicht umgesetzt werden konnte die Seehofersche Idee, an der Donau einen Auen-Nationalpark zu begründen: „Ihr Nachfolger scheint, anders als Sie, hier keine Pflöcke einschlagen zu wollen.“

Generell rückte der Redner die konservative Politik in ein neues Licht. „Konservativ“ - das heiße „erhaltend“ und beziehe sich auch auf Landschaftsschutz. Heimatschutz und Naturschutz. Es sei die CSU gewesen, die unter Alfons Goppel schon 1970 ein Ministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen gegründet habe: „Das war das erste Umweltministerium auf der ganzen Welt.“

Medaille mit Symbolcharakter

Die vom oberbayerischen Bildhauer und Medailleur Christian Dögerl entworfene Medaille überreichte VLAB-Vorsitzender Johannes Bradtka. Die Auszeichnung wurde nach einem Foto von Markus Hurek gestaltet, das Guttenberg in der Pose des Dirigenten zeigt. Hinzu kam eine kalligrafisch gestaltete Ernennungsurkunde. Sie wurde nach den Gesetzen der mittelalterlichen Buchmalerei geschaffen von Bruder Jean Tropeau, dem Leiter des Archivs der Benediktinerabtei Fontgomblaut in Frankreich. Horst Seehofer dankte für die Ehrung in seiner bekannt trockener Weise: „Was Sie gesagt haben, ist alles richtig.“ Er sei immer dafür eingetreten, Schaden vom Land abzuwenden und Nutzen zu stiften. Dies sei nicht durchweg einfach gewesen: „Es ist immer schwierig, tragende Entscheidungen zu treffen. Aber man darf nicht mit der Strömung schwimmen, man muss selbst Strömung schaffen.“

Diese Haltung habe ihm nicht immer Sympathien eingebracht, nicht einmal in der eigenen Partei. Und zu den Friktionen mit Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Gentechnik sagte er: „Diskutieren Sie das mal mit einer Politikerin, die was von der Materie versteht. Angela Merkel ist Wissenschaftlerin.“

Seehofer wirkte beim Treffen auf Schloss Guttenberg in sich ruhend und durchaus zufrieden mit seiner Situation. Er habe nichts zu bereuen. „Und wenn man aufhört, soll man loslassen.“ Deshalb verzichte er sich mit Kritik zurück an seinen Berufskollegen: „Es ist ein schlechter Stil, wenn Politiker sich mit ihren Vorgängern oder Nachfolgern beschäftigen. Ich halte mich da zurück. Auch wenn es manchmal hohe Disziplin erfordert.“ Dennoch konnte sich der Gast einer persönlichen Bewertung nicht enthalten: „Wir brauchen derzeit absolut mehr Tiefgang in der Politik.“ Grußworte hatten gesprochen Beate Seitz-Weinzierl in Vertretung ihres erkrankten Ehemannes Hubert Weinzierl (Ex-Vorsitzender des Bundes Naturschutz), Dr. Christina Hauser, Co-Vorsitzende im VLAB, Elisabeth Leix, die Vorsitzende des Deutschen Falken-Ordens, und Harry Neumann, der Vorsitzende der Naturschutzinitiative. Ehrengäste der Feier waren Bezirkstagspräsident Henry Schramm, MdB Emmi Zeulner, Landrat Klaus Peter Söllner sowie Guttenbergs Bürgermeister Philip Laber. Abschließend entzündete Seehofer in der Guttenbergschen Familiengruft eine Kerze für Enoch zu Guttenberg. Ein Empfang im Schlosshof rundete das Treffen ab.

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