Ungewöhnlicher Zeitmesser Sonnenuhr erinnert an Poststation

Fast minutengenau zeigt die Sonnenuhr von Hans Bauer in Tröstau am „Poststüberl“ die Zeit an – zumindest wenn die Sonne scheint. Foto: /Christian Schilling

Der Porzellanmaler Hans Bauer erfüllt sich mit dem ungewöhnlichen Chronometer einen lang gehegten Traum. Und der besteht nach seinen Aussagen noch in 1000 Jahren.

 
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Wo in Tröstau zu Zeiten der Postkutschen die Pferde eine wohlverdiente Pause sowie Futter und Wasser erhielten, werden heute Menschen kulinarisch verwöhnt: im „Poststüberl“. An die alten Zeiten als Poststation erinnert nun eine Sonnenuhr aus Porzellankacheln, die der Tröstauer Porzellanmaler und Künstler Hans Bauer gefertigt hat. Motiv ist eine Kutsche, die vor der Kulisse der Kösseine von einem Vierspänner gezogen wird. Auf einem der Pferde sitzt ein Postillion in traditioneller Uniform.

„Mit der Sonnenuhr ist ein Gesamtprojekt vollendet“, freut sich Hans Bauer. Seit 1991 bauen er und seine Familie an dem Haus, das schon vor dem 18. Jahrhundert als Relaisstation an einem Postkurs, an der die Reiter und Pferde wechselten, diente. Spätestens mit dem Bau der Eisenbahnen war das Postkutschenzeitalter Geschichte. Das „Poststüberl“ erlebte jedoch noch einmal eine Renaissance, als das Haus, das damals noch an der Hauptdurchgangsstraße lag, als Haltestelle für den „Kraftbus“ diente .

1993 funktionierten die Bauers das Gebäude dann zu einer Brotzeitstube um. Danach diente es weiter als Kneipe, die auch Bauers Tochter Christiane Winter führte. Seit zwei Jahren hat dort Stephanie Bähr die Zügel als Wirtin in der Hand. „Die Steffi ist für mich vom Himmel gefallen“, freut sich Bauer, dass nun – auch nach Schließung wegen Corona – wieder Leben in die Wirtsräume eingezogen ist. Denn über den Gasträumen im ersten Stock sind Wohnung und Malschule angesiedelt. Und in der ein oder anderen schöpferischen Pause geht Hans Bauer nach unten, um im Gewölbe oder im Biergarten bei einem Bier eine Auszeit zu nehmen.

Uhr als Blickfang

An der Front der Hauswand fehlte nach Meinung von Bauer noch etwas besonderes als Blickfang. Er erinnerte sich an einen Besuch im Museum für Industriekultur in Nürnberg. Dort blieb er lange vor einem Ölgemälde stehen, das eben ein Postkutschen-Idyll darstellte. Hier wurde auch die Idee für die Sonnenuhr geboren. „Sie umzusetzen, war aber nicht einfach“, betont der ehemalige Porzellanmaler. Vier einheimische Firmen habe es dazu gebraucht, bis das Werk vollendet war.

„Die Hauptarbeit war die Malerei, die sich über drei Jahre hinzog“, erinnert sich der Künstler. Dazu benötigte er 40 Porzellanplatten. Einziger Hersteller ist die Firma König Porzellan in Thiersheim.

Die Offsetdruckerei Adolf Joser aus Tröstau vergrößerte die Fotovorlage und bauschte sie schließlich auf die Platten auf. „Das ist die größte Fläche an der ich je gearbeitet habe“, sagt Bauer, der bereits seit über 60 Jahren in der Porzellanbranche tätig ist. Dabei halfen ihm die über Jahrzehnte aufgebauten Kontakte. Das Gemälde sollte freilich auch einen regionalen Bezug haben. Deshalb sind im Hintergrund auch die markanten Gipfel der Kösseine zu sehen.

Spezielle Porzellanfarbe

Dazu benutzte Bauer Oxid-Farben, die bei 860 Grad in die Glasur eingeschlossen werden. In seiner Malwerkstatt brannte er jede einzelne Platte drei Mal, „bis die richtige Tiefe erkennbar war“. „Das Bild schaut in 1000 Jahren noch so aus wie heute“, prophezeit Bauer. Normale Farben würden mit der Zeit verblassen, doch die speziellen Porzellanfarben änderten sich nicht mehr.

Nun kam wieder Adolf Joser ins Spiel, der die genauen Koordinaten des „Poststüberl“ ermittelte und die Anordnung der römischen Ziffern eruierte. Denn eine Sonnenuhr zeigt mithilfe des Standes der Sonne am Himmel die Zeit innerhalb des Tages an. Als Zeiger dient meistens der linienförmige Sonnen-Schatten eines parallel zur Erdachse ausgerichteten Polstabes. Steht die Sonne beispielsweise im Süden, so wirft sie die Schatten nach Norden. Das bedeutet: Der Schatten des senkrechten Stockes fällt um 12 Uhr mittags auf den nach Norden ausgerichteten 12-Uhr-Stock. Die Uhr funktioniert natürlich nur mit der Sonne, nicht aber wenn es regnet oder wolkig ist. Von Bedeutung war bei den Berechnungen auch, in welcher Höhe der Zeitmesser angebracht werden sollte.

Nächste Anlaufpunkte für den Sonnenuhren-Liebhaber waren die Firma Metallbearbeitung Schirmel in Tröstau – dort wurde der Rahmen für die schweren Porzellanplatten gefertigt – und Steffen Seeboth, der das Know-how dazu beitrug, die Platten im Metallrahmen zu befestigen. „Hätte ich mich an die Anordnung im Baumarkt gehalten, wären die Platten nach ein paar Jahren wieder heruntergefallen“, sagt Bauer.

Polstab als Schlusspunkt

Als Schlusspunkt fehlte noch der Polstab. Hier ließ sich Bauer Zeit, bis er den richtigen gefunden hatte. Und dass der Stab der richtige war, wurde gleich nach der Anbringung an einem sonnigen Tag klar. „Beim Aufbau war der Schatten um Punkt zwölf auf der XII“, sagt Bauer. Der freut sich nicht nur über sein nun vollendetes Gesamtwerk. „Es ist auch eine Belohnung für mich, wenn viele Gäste kommen.“

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