Ungewöhnliche Kandidatenkür
Der Parteitag der Demokraten in Chicago steht vom 19. bis 22. August an. Die Kandidatenkür für die Präsidentschaftswahl hätte eigentlich dort stattgefunden - so wie auch die Republikaner Trump bei einem Parteitag im Juli in Milwaukee offiziell als Präsidentschaftskandidat nominiert hatten.
Die Spitze der Demokratischen Partei hatte allerdings bereits vor Monaten das Prozedere in Gang gesetzt, um die Nominierung vorzuziehen und auf digitalem Weg abzuwickeln. Das hat mit den Fristen in den Bundesstaaten zu tun, bis wann die Parteien ihre Kandidaten bestätigt haben müssen, um auf dem Wahlzettel zu stehen. Insbesondere eine Frist im Bundesstaat Ohio, die vor dem Parteitag auslief, steckte dahinter.
Dramatische Wende
Harris war in einer dramatischen Wende zur Frontfrau der Demokraten geworden, nachdem sich US-Präsident Joe Biden aus dem Wahlkampf zurückgezogen hatte. Der 81-Jährige war wegen seines Alters und Zweifeln an seiner mentalen Fitness in den eigenen Reihen unter Druck geraten und hatte schließlich seinen Rückzug aus dem Präsidentschaftsrennen verkündet. Biden schlug direkt bei seinem Ausstieg seine Stellvertreterin als Ersatzkandidatin vor, und die Partei versammelte sich im Eiltempo hinter ihr.
Die Demokratin geht nun mit Rückenwind in den weiteren Wahlkampf gegen Trump. Sie hat bereits Spenden in Millionenhöhe gesammelt und schlägt sich in ersten Umfragen besser als Biden zuletzt. Wie Harris tatsächlich bei der US-Wählerschaft ankommt, wird sich aber in den kommenden Wochen zeigen.
So könnte die 59 Jahre alte Harris etwa bei jüngeren Menschen punkten, die sich zuletzt wenig begeistert vom 81 Jahre alten Amtsinhaber Biden zeigten. Und auch Frauen sowie People of Color könnten sich von der Tochter eines Jamaikaners und einer Inderin eher angesprochen fühlen als von Biden oder Trump - der ist mit seinen 78 Jahren nun der einzige "alte weiße Mann" im Rennen.
Schmutziger Wahlkampf
Trump und seine Republikaner haben indes damit begonnen, Harris wegen ihres Geschlechts und ihrer Hautfarbe als "Quotenkandidatin" darzustellen und sie anderweitig rassistisch oder sexistisch verbal anzugreifen. Harris betont im Gegenzug ihren Kontrast zu den Konservativen, stellt etwa ihre Unterstützung für das liberale Abtreibungsrecht in den Vordergrund.
Auf inhaltlicher Ebene muss sich Harris vor allem gegen die Vorwürfe der Gegenseite wehren, für die Migrationspolitik der Biden-Regierung mitverantwortlich zu sein. Biden übertrug ihr als Vize die Aufgabe der "Bekämpfung von Fluchtursachen".
Zwar gingen die Zahlen illegaler Grenzübertritte in die USA zuletzt nach unten – allerdings von einem Rekordniveau aus. Das Streitthema ist zentral im US-Wahlkampf und dient insbesondere in den sogenannten Swing States als Material für Angriffe auf Werbetafeln und in Fernsehspots. Wegen des Wahlsystems in den USA hängt das Ergebnis im November letztlich von verhältnismäßig wenigen Stimmen aus diesen Bundesstaaten ab.