Fast viermal so viele junge Männer wie Frauen unter Verkehrstoten
In Deutschland, wo 2019 insgesamt nach Zahlen des Statistischen Bundesamts 429 junge Menschen zwischen 15 und 24 bei Verkehrsunfällen starben, ergibt sich ein ganz ähnliches Bild. Bei den Verkehrstoten dieser Altersgruppe fanden sich fast viermal so viele Männer wie Frauen.
Mangelnde Fahrerfahrung, Selbstüberschätzung oder Fahrzeugbeherrschung - die großen Risikofaktoren für Fahranfänger benennen die Dekra-Experten klar. Auch auf eingeschränkte Gefahrenwahrnehmung, Ablenkung vom Verkehr etwa durch Handynutzung oder Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss weisen sie hin. "Allesamt Problembereiche, die nicht zuletzt auch im Rahmen der Fahrausbildung noch stärker in den Fokus rücken sollten", sagt Jann Fehlauer, Geschäftsführer der Dekra Automobil.
"Die Kombination aus geringer Fahrpraxis und Jugendlichkeit stellt einen gefährlichen Risiko-Mix für Fahranfängerinnen und Fahranfänger dar: Sie sind überdurchschnittlich häufig Hauptverursachende von Pkw-Unfällen", sagt auch Walter Eichendorf, Präsident des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR), der dpa. Um dieses Risiko zu senken, sei 2011 das begleitete Fahren ab 17 dauerhaft eingeführt worden. "Und es wirkt: Jugendliche, die daran teilnehmen, sind im ersten Jahr ihres selbstständigen Fahrens 23 Prozent seltener an Verkehrsunfällen beteiligt als Jugendliche, die nicht daran teilgenommen haben."
Experten: Handlungsbedarf in diversen Bereichen
Fehlhauer fordert, dass neben dem Umgang mit dem Fahrzeug und den Verkehrsregeln auch Kompetenzen wie Selbstkontrolle und -Beobachtung und die Akzeptanz von Verkehrsregeln in Fahrschulen stärker vermittelt werden müssten. Als Führerscheinneuling sei man nicht automatisch schon ein guter Fahrer und habe ausgelernt. Wissen, Trainingspraxis und bestimmte Abläufe müssten sich verbinden - "durch kontinuierliche Übung im realen Straßenverkehr".
Handlungsbedarf gebe es aber nicht nur in Sachen Verkehrserziehung, Fahrausbildung und Übungspraxis bei jungen Fahrern. "Um effizient und langfristig nachhaltig gegenzusteuern, sind große Anstrengungen aller Beteiligten notwendig", sagt Fehlauer. Ansatzpunkte für mehr Sicherheit sind demnach auch Fahrzeugtechnik, Straßeninfrastruktur, Gesetzgebung und Verkehrsüberwachung.
Weil viele Junge vor allem aus Kostengründen ältere Autos führen, bleibe die regelmäßige Fahrzeugüberwachung für die Verkehrssicherheit zentral, analysiert die Dekra. Zum Strauß der im Report gestellten Forderungen gehören unter anderem auch die konsequente Kontrolle und Ahndung gefährlicher Verhaltensweisen am Steuer sowie ein absolutes, überall geltendes Alkoholverbot für Fahranfänger.
Alter auf 16 absenken?
In seinem Beitrag für den Report schreibt Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), bis 2030 solle die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland insgesamt um 40 Prozent sinken. Dabei gelte auch, das Unfallrisiko für junge Menschen zu reduzieren. Dazu solle das geplante begleitete Fahren schon ab 16 beitragen. "Deshalb haben wir die Europäische Kommission gebeten, das Führerscheinalter in einem Modellvorhaben auf 16 Jahre absenken zu dürfen."
Auch Eichendorf stellt klar: "Da nicht alle Jugendlichen das begleitete Fahren ab 17 vollständig ausnutzen, hat sich der DVR dafür ausgesprochen, durch die Einführung des begleiteten Fahrens ab 16 die Lernzeit noch weiter zu verlängern - eine Forderung, die auch in den Koalitionsvertrag der Bundesregierung aufgenommen wurde."