Viele Fälle in Oberfranken Polizei legt Automatensprengern das Handwerk

Jürgen Umlauft
Die Automaten werden meist komplett zerstört oder zumindest schwer beschädigt. Foto: Sven Hoppe/dpa/Sven Hoppe

Ob das Haus am Ende einstürzt oder ein Passant nicht schnell genug vor dem Fluchtauto davonspringen kann, ist ihnen egal: Geldautomaten-Sprenger gehen skrupellos vor und machen der Polizei schwer zu schaffen. Nun haben die Ermittler einen Coup gelandet.

 
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Die Bande von Geldautomatensprengern, die auch für ein gutes Dutzend Überfälle auf Banken in Oberfranken und der Oberpfalz verantwortlich gemacht wird, ist größtenteils verhaftet worden. Bei einem groß angelegten Polizeieinsatz in den Niederlanden sind am Montag neun der zwölf mutmaßlichen Täter festgenommen worden. Das teilte das bayerische Landeskriminalamt (LKA) auf einer Pressekonferenz in München mit. Die mit den Ermittlungen betraute Staatsanwaltschaft Bamberg hat bereits die Auslieferung der Tatverdächtigen nach Deutschland beantragt. Ihnen soll vor dem Landgericht Bamberg der Prozess gemacht werden. Je nach Tatbeteiligung drohen Haftstrafen von bis zu 15 Jahren.

Auf das Konto der Bande gehen vermutlich mindestens 50 Sprengungen von Geldautomaten, 34 davon in Bayern. Dabei erbeuteten die Täter mehr als 3,4 Millionen Euro und verursachten Schäden in Höhe von mehr als vier Millionen Euro. Nach Angaben des zuständigen LKA-Ermittlers Jürgen Herla sind die Täter dabei zunehmend rücksichtloser und skrupelloser vorgegangen, sodass zuletzt auch Anwohner in Gefahr gebracht worden seien. In diesen Fällen wird auch wegen versuchten Tötungsdelikten ermittelt.

Der erste Überfall, der der Bande zugeschrieben wird, ereignete sich am 5. November 2021, der letzte am 19. Januar 2023. LKA-Präsident Harald Pickerl sprach von einem „herausragenden Ermittlungserfolg“. „Es ist uns ein ganz wichtiger Schlag gegen das organisierte Verbrechen gelungen“, sagte er.

Nach LKA-Angaben handelt es sich bei den Festgenommen um Männer im Alter zwischen 25 und 41 Jahren mit Wohnorten in den Niederlanden. Sie sind niederländische, marokkanische, afghanische, türkische und rumänische Staatsbürger. Bei der Durchsuchung von Objekten in den Niederlanden und in Belgien konnten die Ermittler neben einem Tatfahrzeug auch neun vorgefertigte Sprengpacks sicherstellen. Die Ermittler gehen deshalb davon aus, dass die Tätergruppe weitere Überfälle vorbereitet hatte. Zudem wurden große Mengen Bargeld – vermutlich Tatbeute – Masken sowie Mobiltelefone und Laptops gefunden. Letztere werden nun nach Beweisen ausgewertet. Nach drei weiteren Tatverdächtigen wird international gefahndet.

Der Bamberger Oberstaatsanwalt Bernhard Lieb lobte die „umfangreichen länderübergreifenden Ermittlungen“, die letztlich zur Festnahme der Verdächtigen geführt habe. Die Zuständigkeit der Bamberger Staatsanwalt erklärte Lieb mit einer Tatserie im November 2021 mit drei Überfällen auf Banken im Landkreis Bamberg. Spätestens da sei klar gewesen, dass es sich bei den Sprengungen wegen des immer gleichen Tathergangs um eine zusammenhängende Serie handeln müsse. Im Spätsommer 2022 habe man mit Hilfe niederländischer Justiz- und Polizeibehörden DNA-Spuren einzelnen Tätern zuordnen und Haftbefehle ausstellen können.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zeigte sich zufrieden und erleichtert über den Fahndungserfolg: „Wir hatten in Bayern 2022 mit 37 Automatensprengungen leider einen Rekordwert, jetzt hoffe ich, dass uns das künftig erspart bleibt.“ Da die organisierten Kriminelle erfahrungsgemäß festgenommene Bandenmitglieder durch neue ersetzten, könne aber keine Entwarnung gegeben werden. Vielmehr müsse die Prävention verstärkt werden, betonte Herrmann.

Banküberfälle der Moderne

Geldautomatensprengungen sind die Banküberfälle der Moderne.“ So sieht das Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) mit Blick auf die aktuelle Datenlage. Bundesweit wurden im vergangenen Jahr 493 Geldautomaten aufgesprengt, so viele wie noch nie. Dagegen sank die Zahl der klassischen Banküberfälle von mehr 1600 im Jahr 1993 auf nur mehr 28 im Jahr 2021. Dafür gibt es zwei Hauptgründe: Zum einen wurden die Geldbestände in den Banken konsequent reduziert und technisch besser gesichert. Zum anderen gibt es heute bundesweit rund 70 Prozent weniger Bankfilialen als 1995, aber gleichzeitig 50 Prozent mehr Bankautomaten, nämlich über 56 000.

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