Vierte Pleite in Folge Wölfe verlieren Fehler-Festival

Christoph Körner (EC Bad Nauheim, rechts) dreht nach dem zwischenzeitlichen 3:0 nach 13 Minuten zum Jubeln ab, während Kevin Lavallée, Mark McNeill und Goalie Michel Weidekamp (alle Selber Wölfe, von links) restlos bedient sind. Foto: /A. Chuc

Hochgenuss für neutrale Zuschauer, schmerzhaft für Freunde makellosen Eishockeys: Der Zweitligist aus Selb verliert das spektakuläre und von zahlreichen individuellen Aussetzern geprägte Spiel in Bad Nauheim mit 4:7. Der direkte Klassenerhalt rückt langsam in weite Ferne.

Praktisch zu jeder Zeit im Spiel, doch genau genommen ohne echte Siegchance: Der Abwärtstrend der Selber Wölfe geht auch in Hessen weiter. Am Sonntagabend verloren die Porzellanstädter 4:7 beim Playoff-Kandidaten in Bad Nauheim – und damit schon zum vierten Mal in Serie. Durch die Niederlage schwinden Selbs Chancen auf den direkten Klassenerhalt immer weiter, wenngleich die direkte Konkurrenz im Kampf um Platz zehn größtenteils auch nicht punkten konnte.

Der EC war nach zwei deutlichen Niederlagen gegen Dresden (0:4) und Regensburg (0:3) und insgesamt 120 Minuten ohne eigenen Treffer im Vergleich zu den Wölfen einfach bissiger. Das spürten die Fichtelgebirgler gleich zum Auftakt. In Überzahl traf der Gastgeber mit nur wenig Restzeit auf der Strafuhr zur 1:0-Führung. Pascal Steck wurde im Rückraum bedient und Michel Weidekamp, der den Vorzug vor Michael Bitzer erhielt, rutschte der Puck unter der Fanghand hindurch (5.). Das eigene Powerplay wenig später endete ebenso katastrophal: Lukas Vantuch vertändelte nach eigentlich guter Ballbesitzphase die Scheibe zentral vorm gegnerischen Tor viel zu lässig. Die Roten Teufel konterten blitzschnell und stellten über Umwege – Torschütze Jordan Hickmott fing die durch die Luft fliegende Scheibe direkt vor Weidekamp und blieb dann eiskalt – zum 2:0 (8.). Nur fünf Minuten später folgte der dritte Selber Gegentreffer, wieder ging ein haarsträubender Fehler voraus. Kevin Lavallée dribbelte mit der Scheibe gedankenverloren in unmittelbare Nähe zum eigenen Gehäuse, Bad Nauheims Stürmer Christoph Körner luchste ihm die Scheibe problemlos ab und schoss humorlos zum 3:0 ein (13.).

Waßmiller kritisiert fehlende Präsenz

Was für eine kalte Dusche für die Wölfe, die – wenn auch noch ersatzgeschwächt – völlig fahrlässig agierten. „Wir waren einfach nicht da“, kritisierte Selbs Trainer Sergej Waßmiller nach der Partie. Der EC-Angriff spielte sich in einen Rausch, auch weil die Gäste ihn immer wieder mit eklatanten Fehler einluden. Umso wichtiger war dann, dass auch das eigene Überzahlspiel funktionierte: Nach undurchschaubarem Getümmel vor Bad Nauheims Goalie Felix Bick lagen plötzlich Selbs Mark McNeill und Heimverteidiger Huba Sekesi zusammen im Tor – ebenso wie der Puck. Die Schiedsrichter entschieden auf dem Eis auf Tor, prüften die turbulente Spielszene aber minutenlang im Videomaterial. Letztlich stand der Treffer, der US-Stürmer Nick Miglio zugesprochen wurde (16.). Ein Hoffnungsschimmer für Selb, und diese Hoffnung sollte im zweiten Drittel weiter befeuert werden. Denn Jan Hammerbauer erzielte den Anschlusstreffer, nachdem zuvor Miglio im Zweikampf mit einem EC-Verteidiger eindeutig gehalten wurde. Beide kamen zu Fall, was Hammerbauer letztlich egal war. Er nahm die freie Scheibe auf und vollendete zum 3:2 (26.).

Die Partie war auch danach von außergewöhnlichem Tempo und vielen spektakulären Szenen geprägt. Die nächste mit Ertrag gehörte allerdings wieder den Hausherren: EC-Goldhelm Tim Coffman markierte nach einer Drei-gegen-zwei-Situation das 4:2 (37.). Bryce Reddick sah dabei alles andere als gut aus, weil er in der Rückwärtsbewegung seinen Gegenspieler verlor. Auch Weidekamp war nicht schuldlos, rutschte der Puck doch unter ihm hindurch hinter die Linie (37.). Konstantin Melnikow wollte für die postwendende Antwort der Selber sorgen, scheiterte jedoch zweimal am gut aufgelegten Bick (37.) Eine erneute Überzahl der Selber verpuffte anfangs des dritten Spielabschnitts, bevor Miglio in einer gefährlichen Wölfe-Phase die Scheibe leichtfertig an Michael Bartuli verlor. Der Bad Nauheimer machte sich verfolgt vom US-Amerikaner über die komplette Eisfläche auf Weidekamp zu. Auch Miglios regelwidrige Attacken von hinten bremste ihn nicht aus. Das schaffte erst Peter Trska kurz vorm Selber Gehäuse durch unerlaubtes Haken. Die Folge: Penaltyschuss für den EC. Diesen versenkte Hickmott knallhart im linken Eck (49.) zum 5:2.

Vier Tore in knapp vier Minuten

Den nächsten Tiefschlag verpasste Marius Erk den Gästen, die sich durch einen gravierenden Wechsel-Fehler unnötig in Bredouille brachten. Der Heimverteidiger schloss trocken ins lange Eck zum sechsten Bad Nauheimer Tor ab (50.). Zwei Tore in knapp über einer Minute, das muntere Scheibenschießen nahm aber gerade erst seinen Lauf: Nach einem Geschenk von EC-Akteur Patrick Seifert in Selbs Offensivdrittel schepperte es auf der anderen Seite schon wieder – Miglio stellte mit seinem zweiten Treffer des Tages auf 6:3 (51.). Andreas Pauli lieferte jedoch in Überzahl die schnelle Antwort (7:3, 52.). Nach dieser wilden Phase ging es verhältnismäßig ruhiger zu, bevor McNeill nochmals seine Klasse unter Beweis stellte und aus spitzem Winkel völlig überraschend hoch ins kurze Eck traf (7:4; 59.). Die Stimmung seines Coaches konnte dieses Kunsttor freilich nicht heben. „Zum Schluss war es vogelwild. Wenn du sieben Tore kassierst, spricht das Abwehrverhalten für sich selbst“, konstatierte der zurecht genervte Deutsch-Russe in der anschließenden Pressekonferenz.

Im Heimspiel am Freitag (19.30 Uhr) gegen die Lausitzer Füchse und Sonntag in Regensburg steht Selb nun enorm unter Druck.

Selber Wölfe: Weidekamp (Bitzer) – Trska, Lavallee, Kania, Deeg, Fern, Schaaf, Silbermann – Miglio, McNeill, Reddick, Gelke, Vantuch, Melnikow, Klughardt, Hammerbauer, Woltmann, Hlozek.

Schiedsrichter: Janssen/Schmidt – Zuschauer: 2001. – Tore: 5. Min .Steck (Körner, Pollastrone, 5-4) 1:0, 8. Min. Hickmott (Schmidt, 4-5) 2:0, 13. Min. Körner 3:0, 16. Min. Miglio (Trska, McNeill, 5-4) 3:1, 26. Min. Hammerbauer (Miglio, Melnikov) 3:2, 37. Min. Coffman (Pollastrone, Schmidt) 4:2, 49. Min. Hickmott (Penalty) 5:2, 50. Min. Erk (Vause, Hafenrichter) 6:2, 51. Min. Miglio (Reddick) 6:3, 52. Min. Pauli (Coffman, Weiß, 5-4) 7:3, 59. Min. McNeill (Fern) 7:4.– Strafminuten: Bad Nauheim 6, Selb 6.

Autor

 

Bilder