Was damit gemeint war, zeigte sich, als das Gericht etliche Briefe verlas, die Sarah D. aus der Untersuchungshaft heraus an ihre Mutter und ihren Freund geschrieben hatte und die angehalten worden waren. Sie vermitteln einen verheerenden Eindruck. Nur Tage nach ihrer Inhaftierung schrieb Sarah D. an ihre Mutter und bestellte sich neben Make-up und einer schwarzen Jeansjacke ein Foto des Massenmörders Ramirez. Sie versichert, dass dieser „keinen schlechten Einfluss“ auf sie ausübe, sein Anblick helfe ihr aber, „in dieser Zeit standzuhalten“.
Später schreibt sie an die Mutter aus der Bamberger Haft, dass es „manchmal ganz amüsant hier“ sei. Und: „Die Männer hier jubeln mir zu, ich bin ein Star.“ Noch tausendmal besser wäre es freilich in einem US-Gefängnis zu sitzen, schon wegen der „geilen orangen Anzüge“. Für sich selbst ordert sie aber eine schwarze Lederjacke und ein weißes Oberteil, „bitte nicht so weit!“. Vom Geld, das die Mutter schickte, habe sie sich erst einmal Haarfarbe gekauft. Sie beruhigt die Mutter. „Selbst wenn ich die gefährlichste Serienmörderin der Welt wäre, würde ich meiner Familie nie etwas antun.“
In einem Brief an einen Bekannten nimmt sie zu ihrer Tat Stellung: „Was soll ich sagen? Es war auf jeden Fall keine Notwehr … auf jeden Fall war es ein geplanter Mord.“ In einem anderen Brief beschreibt sie, selbst ein Opfer von Mobbing und Gewalt zu sein. Ein ehemaliger Freund habe sie nach einer Party so lange gewürgt, bis sie befürchtete zu sterben. Danach habe er sie vergewaltigt. Außerdem habe er Nacktbilder von ihr im Internet versendet.
In einem weiteren Brief beklagt sie sich, für ihre Tat als Jugendliche ins Gefängnis gekommen zu sein und dort erst „mit Ende 20“ wieder herauszukommen. Darin könnte sie sich irren: Falls das Gericht Sarah M. wegen Mordes nach Jugendstrafrecht verurteilt und eine besondere Schwere der Schuld zugrunde legt, dann drohen ihr bis zu 15 Jahre Freiheitsentzug. Und es könnte noch länger dauern, bis sie wieder in Freiheit ist. Wie der Verlesung der Briefe aus der Untersuchungshaft zu entnehmen war, sieht sie ein psychologischer Gutachter als gefährliche Persönlichkeit an, die ständig versuche, öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen – unter Umständen auch durch neue Straftaten. Daher empfehle er unter Vorbehalt eine Sicherungsverwahrung anzuordnen, die sich an die Haftstrafe anschließen würde.
Der Prozess wird in der kommenden Woche fortgesetzt.