Nicht immer stark und gesund Hof: Männerdepression aus der Tabu-Zone rücken

Moritz Werner

Männerdepression ist für viele noch immer ein Tabu-Thema. Ein Ziel der Hochfränkischen Wochen der seelischen Gesundheit ist es, dies zu ändern.

 
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„In der Depression lebe ich ohne Sinn und Bewusstsein. Ich schmecke ohne Genuss. Ich lebe ohne Freude.“ Das sind Zeilen aus einem Gedicht einer Patientin von Professor Dr. Manfred Wolfersdorf. Der renommierte Psychiater verlas diese Zeilen im Rahmen seines Vortrags zum Thema „Männergesundheit und Depression“ in der Münch-Ferber-Villa in Hof, um damit den psychischen Zustand eines depressiven Menschen zu verdeutlichen.

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Hohe Suizidrate bei Männern

Männer nehmen sich sehr viel öfter das Leben als Frauen – das geht aus einer Statistik hervor, die das Statistische Bundesamt veröffentlichte. Demnach starben im Jahr 2021 in Deutschland 9215 Menschen durch Suizid, 6805 davon Männer. Selbsttötungen von Männern machten also ungefähr 75 Prozent der Gesamtanzahl aus. Ähnliches zeigen auch Statistiken aus der Vergangenheit. Für Wolfersdorf bedeutet das: „Depression ist für Männer gefährlicher als für Frauen. Das erkennt man an den höheren Suizidraten. Es ist ein weltweites Problem.“

Entstigmatisierung

Ein wichtiges Thema, das doch immer wieder im Hintergrund steht: Depression bei Männern. Der ehemalige Ärztliche Direktor und Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik in Bayreuth kennt sich damit aus: Nach eigenen Angaben hat er im Laufe seines Berufslebens ungefähr 60.000 Menschen behandelt. Mit seinem Vortrag versuchte Wolfersdorf, der Sache ein Stück weit das Tabu zu nehmen. Im Vortrag ging es um verschiedene Aspekte von Depression bei Männern, den Zusammenhang mit Suizidalität und die Unterschiede bei den depressiven Erkrankungen von Männern und Frauen bei Diagnose und Behandlung. Zudem sprach Wolfersdorf über Vorurteile und Stereotypen, die beim Thema Männerdepression immer noch weit verbreitet seien: „Die Wahrnehmung in der Gesellschaft ist teilweise immer noch, dass Männer stark und gesund sein müssen. Dadurch gehen viele Männer mit Symptomen spät oder gar nicht zum Arzt.“ Außerdem würden sehr viele Männer ihre Symptome zu schnell abtun, weil eine Depression nicht in ihr Selbstbild passt.

Depression - nicht nur ein Frauenthema

„Bei dem Wort Depression denken sehr viele erst an Frauen. Dabei gibt es mittlerweile einige Studien, die belegen, dass der Anteil von depressiven Männern und Frauen mittlerweile ausgeglichen ist – jedenfalls bei Personen unter 30“, erklärte Wolfersdorf. Das Thema Depression sei bei Männern mittlerweile zumindest teilweise angekommen. Das stützt eine Statistik aus dem DAK-Gesundheitsreport von 2008. Diese zeigt eine Steigerung der Krankheitstage aufgrund psychischer Erkrankung bei Männern von 18,4 Prozent gegenüber dem Jahr 2000. Die Statistik zeigt aber auch, dass bei Frauen mit 4,3 Prozent der Krankheitstage häufiger als bei Männern mit 3,4 Prozent Depressionen diagnostiziert werden. Allerdings gehen Experten bei diesem Thema von einer hohen Dunkelziffer aus, da viele Männer Symptome herunterspielen oder anders kompensieren, beispielsweise mit exzessivem Alkoholgenuss oder einem ungesunden Verhältnis zu Sport. Der Vortrag Wolfersdorfs war eine von 44 Veranstaltungen des Programms der Hochfränkischen Wochen der seelischen Gesundheit, die seit 10. Oktober stattfinden und am Freitag enden.

Hilfe für Betroffene und Angehörige

Wer das Gefühl hat, an einer Depression zu leiden, sollte nicht zögern, zum Arzt zu gehen und Hilfe anzunehmen. Sofort einen professionellen Ansprechpartner findet man beim Krisendienst Oberfranken unter der kostenlosen Telefonnummer 0800/655 3000. Hier kann man auch anonym bleiben. Hilfe bieten zudem die Telefonseelsorge unter der Telefonnummer 0800/ 1110111, das Infotelefon Depression unter der Telefonnummer 0800/ 3344533 oder die Stiftung Deutsche Depressionshilfe auf ihrer Seite deutsche-depressionshilfe.de . Auch Menschen, die bei einem Angehörigen oder Bekannten depressive oder suizidale Gedanken feststellen, können dieses Angebot nutzen.