Um 1060 ließ Berthold I. von Zähringen, Herzog von Kärnten, auf einem malerischen Kegelberg im Vorland der Schwäbischen Alb eine Burg errichten – die Limburg. Sie thronte fast 200 Meter über dem Umland auf dem gleichnamigen Berg.
Vulkane ängstigen und faszinieren die Menschen – und das zu Recht, wie der Supervulkan unter den Phlegräischen Felder in Süditalien derzeit unter Beweis stellt. Auch die Schwäbische Alb hat eine explosive Vergangenheit. Ein Streifzug durch ihre Geschichte.
Um 1060 ließ Berthold I. von Zähringen, Herzog von Kärnten, auf einem malerischen Kegelberg im Vorland der Schwäbischen Alb eine Burg errichten – die Limburg. Sie thronte fast 200 Meter über dem Umland auf dem gleichnamigen Berg.
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Wie viele mittelalterliche Wehranlagen verfiel sie im Lauf der Jahrhunderte. Heute ist die Limburg der Hausberg von Weilheim an der Teck und ein beliebtes Ausflugsziel mit fantastischem Blick auf die umliegenden Felder, Obstwiesen und Wälder.
Was Berthold der Bärtige damals nicht wusste – und viele heute wahrscheinlich auch nicht vermuten: Die Limburg stellt den Schlot eines erloschenen Vulkans im schwäbischen Vulkangebiet dar.
Im Erdzeitalter des Miozäns vor 17 bis elf Millionen Jahren entluden sich hier gewaltige Kräfte. Auf einer Fläche von 40 mal 50 Kilometern entstanden rund 360 Vulkane. Zwischen den einzelnen Eruptionsphasen gab es jedoch sehr lange Ruhepausen. Im Zentrum dieses Gebiets liegt heute die Stadt Bad Urach.
Die Alb war damals noch eine flach geneigte Tafel, ganz wenig über dem Meeresniveau. Das Landschaftsbild des Albtraufs entstand erst viel später durch Hebung der Albtafel und anschließende Abtragung. Der Albtrauf ist eine 180 Kilometer lange Felskante, die das Hochplateau der Alb vom Albvorland mit seinen Obstbaum-Kulturen und Äckern trennt.
Als die Vulkane ausbrachen, reichte die Albtafel mindestens noch bis nach Stuttgart. Das beweist das Spektrum an unterschiedlichen Gesteinstrümmern der Albtafel im Tuffgestein des Scharnhäuser Vulkans in Ostfildern. Dieser ehemalige Vulkanschlot ist als halbkreisförmige Mulde von 60 Metern Durchmesser – 800 Meter unterhalb des ehemaligen Vulkans – am Ortsrand des Ostfildener Stadtteils Scharnhausen noch erkennbar.
In Jahrmillionen wurde die Albtafel mitsamt der Vulkane so stark zurückerodiert – insbesondere während der Eiszeit –, dass der Albtrauf heute rund 23 Kilometer von Scharnhausen entfernt in südöstlicher Richtung liegt.
Trotz ihrer prägnanten Kegelform, die an einen Schlackenkegel oder kleineren Schichtvulkan erinnert, stellt die Limburg nicht das eigentliche Vulkangebäude dar. Die Limburg ist nur der Schlot – auch Diatrem genannt – dieses ehemaligen Vulkans, 200 bis 600 Meter unterhalb der ehemaligen Landschaftsoberfläche.
Der Tuffschlot bildet das Zentrum der Limburg und tritt im Gipfelbereich zutage. Weiter unten ist er von einem Mantel aus Braunjuragestein umgeben. Es handelt sich hierbei also um eine Art Vortäuschung eines Vulkans.
Die schwäbischen Vulkane waren bis auf etwa zwei Ausnahmen keine Berge, sondern von einem niedrigen Ringwall umgebene Kratertrichter in einer weitgehend flachen Landschaft. Vulkanforscher oder Vulkanologen nennen diese Gebilde auch Maar-Diatrem-Vulkane.
Vor 17 bis elf Millionen Jahren kam es im Gebiet rund um Bad Urach mehrfach zu gewaltigen Wasserdampfexplosionen, immer wenn die aus der Tiefe aufsteigende Gesteinsschmelze – das Magma – in Oberflächennähe auf Grundwasser traf. Die bei diesen Eruptionen erzeugten Gesteinstrümmer und aus dem Magma entstandenen Partikel wurden explosionsartig emporgeschleudert.
Bodenwolken, die sich mit rasender Geschwindigkeit vom Krater ausbreiteten, lagerten die Partikel ringsum als niedrigen Ringwall ab. Heute ist infolge der Erosion allerdings nur noch die Tufffüllung der ehemaligen Schlote erhalten. Sie besteht aus Material, das bei der Eruption in den Krater zurückgefallen beziehungsweise größtenteils von oben nachgerutscht war.
Feurige Fontänen mit glühenden Partikeln oder Lavaströmen gab es auf der Schwäbischen Alb praktisch nie – bis auf ganz wenige Ausnahmen, wie zum Beispiel einer Spalteneruption bei Grabenstetten. Der Grund: Das Magma traf beim Aufstieg durch den an Grundwasser reichen Albkörper fast immer auf Wasser, was dann eine schockartige Abkühlung des Magmas und gewaltige Wasserdampfexplosionen zur Folge hatte.
Da die Tufffüllung der Schlote widerstandsfähiger war als die umgebenden Gesteine der Albtafel, blieben im heutigen Albvorland isolierte Bergkegel wie die Limburg, der Egelsberg und der Dachsbühl stehen. Am Albtrauf selbst fallen die Tuffschlote weniger als Vulkane auf, wie der Hohenbol am Teckberg oder der Jusi bei Kohlberg.
Nachdem die Maar-Vulkane erloschen waren, entstand in ihrem trichterförmigen Krater ein See. Das bekannteste und größte Maar der schwäbischen Vulkangebiete ist das Randecker Maar südöstlich von Bissingen an der Teck. Im Umfeld seines Kratersees konnte man anhand von Fossilien, die man in den Seeablagerungen fand, eine sehr artenreiche Lebewelt nachweisen (Frösche, Fledermäuse, Pferde, Nashörner oder Zitzenzahnelefanten).
Der See selbst war wohl wenig einladend. Man hat keine Fischreste gefunden. Das Wasser war möglicherweise zu sauerstoffarm oder durch Gase vergiftet, die aus dem Faulschlamm aufstiegen, der sich am Boden das anfänglich bis zu 135 Meter tiefen Sees abgelagert hatte.
Wie überall waren Bewegungen der Kontinentalplatten in der äußeren, festen Erdhülle auch für die vulkanische Tätigkeit auf der Schwäbischen Alb verantwortlich. Die Hebung der Alpen, beginnend im Jungtertiär vor 35 Millionen Jahren, ist eine Folge der Kollision der europäischen mit der afrikanischen Kontinentalplatte. Dehnungsvorgänge im Hinterland des Alpenbogens, so auch im Bereich der Alb, hatten den Aufstieg von Magmen begünstigt.
Die Kontinentalplatten bestehen aus der Erdkruste mitsamt Teilen des oberen Erdmantels. Diese feste Gesteinshülle – Geologen nennen sie Lithosphäre – unter Mitteleuropa ist durchschnittlich 100 Kilometer dick und somit im Vergleich zum Gesamtdurchmesser der Erde (12 742 Kilometer) hauchdünn.
Es gibt sieben großen Kontinentalplatten. Sie können sich auf dem darunterliegenden, plastisch verformbaren Erdmantelbereich verschieben. Erdbeben entstehen an Zonen, wo sie zusammenstoßen und eine Kontinentalplatte unter die andere sinkt, aber auch innerhalb der Platten.
Als die Vulkane der Schwäbischen Alb ausbrachen, gab es noch keine Menschen. Die Auswirkung der nur kurz andauernden Maar-Eruptionen beschränkte sich auf ein kleines Gebiet von nur wenigen Kilometern im Umkreis der Vulkane. Die Kraterseen der Maare ermöglichten hingegen viele tausend Jahre lang eine artenreiche Lebewelt in ihrem Umland. So waren die Eruptionen eindeutig mehr ein Gewinn als eine Katastrophe für Fauna und Flora.
Anders mag das – zumindest aus einer kurzfristigen Perspektive betrachtet – in Bezug auf die Auswirkungen großer Eruptionen aussehen. Der Ausbruch des Vesuv bei Neapel im Jahre 79 n. Chr. ist das bekannteste Beispiel einer solchen Plinianischen Eruption. Damals wurden die Städte Pompeji, Herculaneum, Stabiae und Oplontis unter einer bis zu 25 Meter mächtigen Decke aus Asche und Bimsstein verschüttet, Tausende starben.
Plinianische Eruptionen sind gewaltige explosive Vulkanausbrüche, die mit enormen Aschenfällen verbunden sind. Ihren Namen verdanken sie dem Augenzeugen und Chronisten Plinius dem Jüngeren, der den Ausbruch des Vesuvs und den Untergang Pompejis in zwei Briefen an den römischen Geschichtsschreiber Cornelius Tacitus beschrieb. Sein Onkel, der Naturforscher Plinius der Ältere, fand bei diesem Ausbruch den Tod.
Spielfilme und Dokumentationen über „Die letzten Tagen von Pompeji“ kennt fast jeder. Was dagegen nur wenige wissen: Die Eruption des Laacher-See-Vulkans in der Eifel vor 12 900 Jahren war wesentlich stärker als die des Vesuv 79 n. Chr.. Es war die gewaltigste Eruption in ganz Mittel- und Westeuropa seit 200 000 Jahren.
Allein im Umkreis von 55 Kilometern vom Laacher-See-Vulkan wurde eine Fläche von 1400 Quadratkilometern unter einer ein bis 50 Meter dicken Bimssteinschicht begraben. Asche ging in weiten Teilen Europas nieder. Sogar in Norditalien und Südschweden kann man sie nachweisen.
Voluminöse pyroklastische Ströme – zerstörerische, partikelgespickte Wolken, die am Boden entlang schossen – aus festen und gasförmigen Stoffen erreichten über ein Seitental in acht Kilometern Entfernung vom Krater den Rhein und stauten ihn zu einem riesigen See auf.
Am 10. April 1815 ging die Welt unter. Seit Tagen schon hatte es im Inneren des 4300 Meter hohen Tambora auf der indonesischen Insel Sumbawa rumort. Am Abend schossen Säulen aus „flüssigem Feuer“ aus dem Schichtvulkan. Kurz darauf regnete es noch in 40 Kilometer Entfernung faustgroße Steine vom Himmel. Pyroklastische Ströme aus festen und gasförmigen Stoffen flossen ins Meer und verursachten Tsunamis. Mehr als 70 000 Menschen kamen dabei ums Leben.
Das darauffolgende Jahr 1816 ging in Europa und Nordamerika als das „Jahr ohne Sommer“ in die Geschichte ein. Aufgrund von Missernten explodierten die Preise für Nahrungsmittel und Viehfutter. Pferde und Rinder starben in Massen, die Menschen hungerten, die Wirtschaft kollabierte.
Das Königreich Württemberg war besonders schwer getroffen. König Wilhelm I. und seine Gattin Katharina riefen 1818 das „landwirtschaftliche Fest zu Cannstatt“ – den späteren Cannstatter Wasen – ins Leben, um die darbende Bevölkerung zu unterstützen.