Auf Instagram macht sie das bereits seit geraumer Zeit. Dort nennt sie sich „Die einarmige Prinzessin“. Rühl postet Bilder von ihrem vernarbten Arm, von der Prothese, für die sie auch schon Glitzer-Handschuhe ausgesucht hat. Vor dem Spaziergang hat sie eine Story aus dem Auto hochgeladen. „Hello ihr Lieben, muss mein Knauf erstmal dran bauen“, berichtet sie.
Gina Rühl will anderen als Vorbild dienen
Mittlerweile hat Rühl mehr als 50 000 Follower und viele Nachrichten im Postfach. Sie merke, dass sie mit ihrem Account anderen helfen könne, sagt sie. „Der Unfall war nicht umsonst, wenn ich anderen damit etwas geben kann und als Vorbild dienen kann“, sagt sie. Auch ihr selbst helfe das.
Wobei sie schon kurz nach dem Unfall offenbar eine bemerkenswerte Gefasstheit hatte. Darüber rätselt sie selbst noch in Teilen. Eigentlich sei sie ja immer „eine Mimose“ gewesen. „Ich habe mich gestoßen und gefühlt ging die Welt unter. Ich war wirklich wehleidig“, sagt sie. Was ebenfalls paradox klinge sei, dass sie mit einem Arm heute mehr Selbstbewusstsein verspüre als mit zwei Armen. Sie wisse eben: Es gibt Wichtigeres im Leben, als zum Beispiel tadellos auf einem Foto zu wirken.
Die Interview-Anfragen häufen sich
Ihr Ziel ist es, für mehr Sichtbarkeit zu sorgen. Werbung etwa, in der man auch mal eine Prothese sieht, gehört ja nicht zum deutschen Alltag. Einige Firmen seien bei dem Thema schon vorangekommen, aber oft sei es auch „Diversity-Washing“, mein Rühl. Was grob gesagt bedeutet, dass in der Werbung zwar nicht mehr nur Menschen nach Schema F gezeigt werden, sondern etwa unterschiedliche Körperformen - dass es den Firmen dabei aber mehr um eine gute Kampagne als um wahre Anerkennung von Vielfalt geht. Bei „Miss Germany“ sieht Rühl diese Gefahr nach all ihrer Erfahrung mit den Machern nicht. „Die wollen mich. Denen geht’s nicht um die Prothese“, sagt sie.
Groß ist das Interesse an ihrer Geschichte aber auch schon vor dem Finale. Die Studentin gibt Interviews in Reihe. „Letztens bei einem Interview sagte eine Frau: Ich habe zu wenige Hände, ich habe keinen Platz!“, erzählt sie. „Da habe ich gesagt: Ja, kenn ich.“