Zweit- und drittstärkste Kraft wurden zwei Oppositionsparteien: die rechtspopulistische Partei EKRE (17 Sitze) und die linksgerichtete Zentrumspartei (16 Sitze), die jeweils Mandate einbüßten. Größter Stimmengewinner der Wahl war die liberale Partei Eesti 200, die mit 14 Sitzen erstmals im Parlament vertreten sein wird. Experten halten sogar eine Beteiligung an der Regierung für denkbar.
Staatschef Alar Karis, der den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen muss, rief zu zügigen Koalitionsgesprächen auf. "Die gegenwärtige Situation ist nicht günstig für eine lange Zeit der Ungewissheit", teilte er am Montag mit und kündigte Treffen mit Vertretern aller ins Parlament gewählten Parteien an. "Die Menschen erwarten eine schnelle Lösung oder Linderung verschiedener wirtschaftlicher, sozialer und sicherheitsbezogener Probleme."
Stimmabgabe über das Internet
Große Sorgen bereitet vielen Bürgern die rasant gestiegene Inflation, wegen der sich die Lebenshaltungskosten stark erhöhten - die Teuerungsrate lag zuletzt bei fast 18 Prozent. Dies machte besonders EKRE zu Kernthema im Wahlkampf, der neben dem Ukraine-Krieg von sozialpolitischen Fragen bestimmt war.
Eine Besonderheit bei der Wahl war wieder die Möglichkeit der Stimmabgabe über das Internet, die Estland 2005 als erstes Land in Europa eingeführt hatte. Insgesamt wurde über die Hälfte aller Stimmen digital abgegeben - ein Rekord beim "E-Voting".
Zu den ersten ausländischen Gratulanten gehörten die Regierungschefs der Nachbarstaaten Lettland, Litauen und Finnland. Auch in Brüssel wurde der klare Sieg von Kallas begrüßt.