Wechsel bei den Roten Zwei Urgesteine verlassen den Stadtrat

Gisela Wuttke-Gilch und Kurt Rodehau von der SPD ziehen sich vorzeitig zurück. Nachrücker sind Harald Eichner und Werner Schlöger, die im Januar vereidigt werden.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Marktredwitz - Sie zählen zu den Urgesteinen im Marktredwitzer Stadtrat: Gisela Wuttke-Gilch und Kurt Rodehau. Die beiden SPD-Räte haben am Donnerstagabend auf eigenen Wunsch ihre Ämter aus persönlichen und Altersgründen niedergelegt. Nachrücker sind Werner Schlöger, der schon einmal im Gremium saß, und Harald Eichner.

31 Jahre sind genug

„Ich denke, 31 Jahre sind genug.“ Gisela Wuttke-Gilch hat am Donnerstag ihren 69. Geburtstag gefeiert. Zeit für die sozial engagierte Marktredwitzerin, einen Schnitt zu machen. „Unsere Welt hat sich verändert, und man kann das Alter nicht festhalten“, erklärt die Sozialdemokratin, die der Partei seit über 40 Jahren angehört.

Ganz zurückziehen wird sich die Sozialreferentin Wuttke-Gilch, die seit Jahrzehnten die Arbeiterwohlfahrt managt, aber nicht. Sie bleibt der AWO treu, ebenso der offenen Ganztagsschule, die sie vor 28 Jahren mit der AWO als Träger ins Leben gerufen hat. „Da mache ich weiterhin die Verwaltungsarbeit, denn die liegt mir am Herzen.“ Ihre soziale Ader will sie weiterhin ausleben. „Vieles passiert da im Verborgenen.“

Arbeit mit Kindern und Jugendlichen

Was die Kommunalpolitikerin nicht missen möchte, „ist die Jugendarbeit, die ich für den Kreisjugendring gemacht habe“. Die sei ein großes Glück, ein großes Erlebnis gewesen. Und sie schwenkt zurück ins Jahr 1989, als sie die erste Krabbelgruppe in Marktredwitz gegründet hat. In einer Zeit, da sie bei Geldgebern oft vor verschlossenen Türen stand. „Ich weiß gar nicht, wie ich all das geschafft habe.“ Denn 40 Jahre lang arbeitete Gisela Wuttke-Gilch noch hauptberuflich im Klinikum.

Mehr Freiheit

Der Kulturreferent der Stadt Marktredwitz, Kurt Rodehau, legt sein Amt nach 26 Jahren nieder. „Ich möchte jetzt endlich einmal ein bisschen freier sein“, kündigt er im Gespräch mit der Frankenpost an. „Wir sind natürlich im Besten auseinandergegangen“, bestätigt er ebenso wie seine Parteikollegin Wuttke-Gilch. Der 72-Jährige will jetzt einfach ein bisschen mehr an sich denken. „Ich war letztes Jahr zum ersten Mal am Gardasee, und das war richtig toll. 100 Kilometer Radeln am Tag und viel Schwimmen – das hat mir richtig gut getan.“ Auch seinen Enkeln möchte Opa Kurt Rodehau mehr Zeit widmen.

Krippenbau bleibt

Wenn seine Arbeit im Stadtrat vorbei ist – auch aus dem Theater- und Kabarett-Leben hat sich der Witwer zurückgezogen –, möchte sich Rodehau längere Auszeiten mit dem Wohnmobil gönnen. Was natürlich nicht auf der Strecke bleibt, ist seine Vorliebe für den Krippenbau. „Das lenkt mich ab, das liebe ich.“

Natürlich denkt der Kommunalpolitiker „gern zurück an die tollen Zeiten, in denen ich mitgestalten konnte“. Gerade zu jener Zeit, als Dr. Birgit Seelbinder Oberbürgermeisterin von Marktredwitz war und ziemliche Ebbe in der Kasse herrschte, „wofür wir ja nichts konnten“. Aber gerade in solch einer Zeit habe man die Stadt mit kreativen Ideen vorangebracht. „Und wir haben es in Krisenzeiten geschafft, die Bäder und die Bücherei zu erhalten, während solche Einrichtungen in anderen Kommunen für immer geschlossen wurden.“ Das macht den Sozialdemokraten besonders stolz.

„Großer Verlust“

SPD-Fraktionsvorsitzender Klaus Haussel, der in der Sitzung am Donnerstag Christine Eisa als seine neue Stellvertreterin präsentierte – das war bislang Gisela Wuttke-Gilch –, bedauert „sehr, dass die beiden nicht mehr aktiv sein werden“. Gisela Wuttke-Gilch sei das Synonym für soziale Arbeit in Marktredwitz. Und mit Kurt Rodehau verliere die Stadt einen erfahrenen Kulturreferenten, der wie kein anderer hier verwurzelt sei. „Auch wenn es für uns ein großer Verlust ist, müssen wir die Entscheidung der beiden akzeptieren“, so Haussel. Für Nachrücker Werner Schlöger sei die Stadtratsarbeit ja nichts Neues, und Harald Eichner sorge für eine „deutliche Verjüngung“ des SPD-Quartetts.

Die Neuen

Der 52-jährige Service-Techniker, der bei Bayernwerk arbeitet, ist nicht nur aktiver Feuerwehrler, sondern auch Vorstand der Allgemeinen Baugenossenschaft. Und als Amateurtheaterspieler und Hobby-Kabarettist sicherlich kein schlechter Ersatz für den scheidenden Kulturreferenten, dessen Amt Eichner übernimmt. „Da kann ich meine Ideen einbringen und möchte auch die etwas jüngere Subkultur ein bisschen stärker etablieren.“ Da denkt der künftige Stadtrat an Veranstaltungen wie das Sticky-Fingers-Festival.

Leider verhindere Corona derzeit viel in Sachen Kultur, „aber es hat für mich den Vorteil, dass ich mich in dieses absolute Neuland in Ruhe einarbeiten kann“. Es wäre naiv, zu meinen, „man reißt jetzt die Welt ein“, sagt Harald Eichner. Ihm sei auf jeden Fall an einer guten Arbeit über die Parteigrenzen hinweg gelegen. „Es ist eine Ehre für mich, in meiner Heimatstadt an der Entwicklung mitwirken zu dürfen. Und es ist gleichzeitig eine Herausforderung.“ Eichner ist künftig Mitglied im Hauptausschuss, im Ausschuss für Wirtschaft, Tourismus und Kultur sowie Stellvertreter im Zweckverband des Fichtelgebirgsmuseums.

Rente reicht nicht

Werner Schlöger war bei der letzten Wahl nicht mehr in den Stadtrat gekommen, weil die SPD einen Sitz eingebüßt hatte. Jetzt rückt der 66-jährige Rentner nach und übernimmt das Sozialreferat von Gisela Wuttke-Gilch. „Das sind große Fußstapfen“, meint er. Aber er gebe sein Bestes, um sich in die Materie einzuarbeiten. Auf dem Sektor Soziales erlebe er selbst gerade die bittere Realität. „Die Rente allein reicht zum Leben nicht aus. Deshalb arbeite ich als Techniker in einem Betrieb als Mini-Jobber weiter.“ Der Marktredwitzer Sozialdemokrat freut sich darauf, wieder im Stadtrat mitwirken zu dürfen. Werner Schlöger ist künftig Mitglied im Bauausschuss und im Rechnungsprüfungsausschuss. Im Januar werden die beiden Nachrücker vereidigt.

Autor

Bilder